IT-Infrastruktur optimieren

Krise ist auch Chance

10.12.2009 von Klaus Manhart
Wenn Unternehmen krisenbedingt Sparprogramme auflegen, bleiben meist auch die IT-Budgets nicht verschont. Doch Analysten und Marktbeobachter sehen in der Wirtschaftsflaute auch die Chance, die Unternehmens-IT zu optimieren - und sich für bessere Zeiten neu aufzustellen.

Die Wirtschaftskrise, die im September 2008 begann, hatte weltweit ein Schrumpfen der IT-Etats zur Folge. Großunternehmen, aber auch mittelständische Firmen haben Entscheidungen für Neuanschaffungen, Hardware-Austausch und IT-Umstrukturierungen angesichts der Finanzflaute gestoppt - oder auf bessere Zeiten verschoben.

Laut Gartner sind die Ausgaben für IT im Krisenjahr 2009 deutlich zurückgegangen.

So gehen die Marktforscher von Gartner für das laufende Jahr von einem Rückgang der weltweiten IT-Budgets um 3,8 Prozent aus. In Deutschland fahren laut der IT-Studie 2009 der Unternehmensberatung Droege 43 Prozent der Firmen ihre IT-Investitionen zurück, davon 15 Prozent um ein Zehntel und mehr. Nach einer Umfrage des CIO-Colloquiums sind es sogar noch mehr: Dort gaben 60 Prozent der befragten CIOs an, mit reduzierten IT-Budgets auskommen zu müssen. Zwei Drittel der von Kürzungen Betroffenen sind gezwungen, mehr als fünf Prozent einzusparen.

Vor diesem Hintergrund fehlen vielerorts die für IT-Innovationen erforderlichen finanziellen Mittel. Man hofft, dass die Krise nicht ganz so schlimm ausfallen wird, betreibt "Business as usual" und gibt so gut wie kein Geld für die Rationalisierung der IT aus. Dabei ist IT-Innovation gerade jetzt dringlicher denn je.

Luis Praxmarer, Global Research Director der Experton Group: "Drei Viertel aller Rechenzentren sind veraltet und müssen konsolidiert werden."
Foto: Experton

Viele Rechenzentren stehen kurz vor dem Kollaps, so eine Studie des Speicherherstellers Onstor. Der Rechenbedarf und die Anzahl der Server steigen stetig, die Infrastruktur hat ihre Kapazitätsgrenze aber schon erreicht. "Drei Viertel aller Rechenzentren sind veraltet und müssen konsolidiert werden", berichtet Luis Praxmarer, Global Research Director der Experton Group. Ein radikales IT-Sparprogamm mag kurzfristig zwar sinnvoll sein, mittelfristig wirkt es jedoch kontraproduktiv: Eine moderne IT-Infrastruktur kostet im Betrieb nur ein Zehntel dessen, was ein herkömmliches Rechenzentrum verschlingt.

Vogel Strauß - eine gefährliche Taktik

Nach einer Studie von PSB Research wollen 38 Prozent der IT-Entscheider ihre IT fit für die Zukunft machen - trotz des schlechten Wirtschaftklimas (Quelle: PSB Research).

Viele Unternehmen haben das Dilemma jedoch erkannt und rücken ab von der "Vogel-Strauß-Taktik" - Kopf in den Sand stecken und abwarten. Vielmehr sehen sie in der Krise auch eine Chance. Nach einer von dem Marktforschungsunternehmen PSB Research Anfang 2009 durchgeführten Studie wollen immerhin 38 Prozent der IT-Entscheider die Wirtschaftskrise nutzen, um ihre IT-Umgebung nachhaltig zu verbessern.

In einer aktuellen IDC-Studie haben sich 43 Prozent der Befragten nicht etwa Kostenreduzierung, sondern die IT-Optimierung als Hauptziel gesetzt. Ähnliches brachte eine Studie des RZ-Anbieters Digital Realty Trust hervor, nach der die Zahl der RZ-Projekte trotz der wirtschaftlichen Situation in den nächsten Monaten steigen wird.

Das britische Marktforschungshaus Loudhouse bezeichnet Unternehmen, die die Krise trotz Sparmaßnahmen innovativ nutzen, als Thrivers oder Chancensucher. Anders als Überlebenskünstler und Vogel-Strauß-Taktiker sehen Thrivers gerade in der Wirtschaftsflaute die Möglichkeit, sich neu aufzustellen. Die Effizienz und Effektivität ihrer IT soll in schlechten Zeiten verbessert werden - um nach der Krise gegenüber der Konkurrenz einen Vorsprung zu haben.

Flickschusterei bringt dabei nichts. Was zählt, ist die ganzheitliche Effizienzsteigerung der IT - und die Ausrichtung an langfristigen Geschäftszielen des Unternehmens. "Krise bedeutet auch Chance"; erklärte Wolfgang Gaertner, CIO der Deutschen Bank in einem CW-Interview. "Wir setzen dabei in erster Linie die IT ein, um die Bank mit ihren Produkten und Prozessen weiterzuentwickeln. Deshalb stehen auch strategische Überlegungen und Projekte an erster Stelle."

Strategische Ausrichtung

Statt punktuell einzelne IT-Bereiche zu verbessern, achten die "Chancensucher" auf Geschäftsziele. Ganz praktisch bedeutet das, dass IT-Entscheidungen tendenziell nicht mehr von der IT-Abteilung oder kleinen Fachabteilungen getroffen werden. Stattdessen verlagern Unternehmen Entscheidungsprozesse wie etwa Ersatzbeschaffungen zunehmend auf höhere Hierarchieebenen. Im Klartext: Nicht mehr der Verantwortliche auf unterer Ebene entscheidet, sondern der CIO selbst oder gar der Finanzgeber.

Die Krise möglichst unbeschadet zu überstehen, ist die in Deutschland vorherrschende Devise. Dabei bietet sich gerade in der Krise die Chance, die IT neu aufzustellen (Quelle: Loudhouse).

Gleichzeitig werden solche Entscheidungen in einen umfassenderen strategischen Kontext gestellt. Kurzfristige Projekte wie Ersatzbeschaffungen werden oft gestoppt, zentralisiert und in größere langfristige Projekte mit größerem Volumen integriert. Das Ziel sind nicht einfach geringere, sondern intelligentere Investitionen - Aufwendungen, die sich an den Geschäftszielen orientieren und nachhaltig dazu beitragen, Kosten künftig deutlich zu reduzieren. Laut PSB-Research-Untersuchung halten knapp 70 Prozent der Befragten in der gegenwärtigen Wirtschaftslage die Ausrichtung der IT an den Geschäftszielen für wichtiger denn je.

Für die meisten Analysten und viele CIOs lautet deshalb der Erfolgsgarant in Krisenzeiten: Finanzielle IT-Mittel nicht radikal zurückfahren, sondern knapp, aber gezielt in langfristig ausgelegte strategische Projekte investieren. "Erfolgreiche CIOs setzen sowohl auf strategische Kostensenkungen als auch auf langfristiges Wachstum", erklärt Ann Livermore, Executive Vice President, Technology Solutions Group, HP. "Es geht nicht darum, mehr Geld auszugeben: Die führenden IT-Organisationen investieren gerade einmal halb so viel in IT wie der Durchschnitt. Doch sie gehen strategisch vor und setzen bei ihren Investitionen klare Prioritäten."

Krisen-Pflichtprogramme

Zum Pflichtprogramm einer kostensenkenden effizienzsteigernden IT-Transformation gehört es, die IT-Landschaften zu konsolidieren, zu modernisieren, zu virtualisieren und zu standardisieren. Statt über den Ersatz einzelner Komponenten eines Rechenzentrums nachzudenken - Server, Storage, Netz - sollte gerade in der Krise verstärkt das Ganze in den Mittelpunkt rücken und als eine zu transformierende Infrastruktur betrachtet werden.

Die meisten Entscheider, die die Krise für eine IT-Tansformation nutzen, planen laut PSB-Research-Studie eine Kombination von Projekten, die IT-Prozesse konsolidieren, Redundanzen verringern und die Flexibilität erhöhen - bei gleichzeitiger Kostensenkung. Dazu gehören vor allem Server- und Speicherkonsolidierung (56 Prozent), Virtualisierung (49 Prozent), Anwendungsmodernisierung (45 Prozent) und Automatisierung (47 Prozent).

Zu einem Kostentreiber haben sich in den vergangenen Jahren vor allem auch die Energiepreise entwickelt - veraltete Rechenzentren und Server tragen dazu enorm bei. "Von allen Kostenblöcken eines Datacenters wächst Energie am schnellsten«, sagt Rakesh Kumar, Vice President Research bei Gartner.

Um die Kosten im Data Center dauerhaft zu senken, empfiehlt Gartner eine Reihe von Maßnahmen. So sollten RZ-Verantwortliche beispielsweise alte oder schlecht ausgelastete Hardware schnellstmöglich durch neuere effizientere Systeme ersetzen. Mit solchen Rationalisierungs- und Konsolidierungsmaßnahmen könnten Unternehmen die Anzahl der installierten Server um fünf bis 20 Prozent drücken. Zu überlegen sei auch die Zusammenlegung von Rechenzentren oder ein Wechsel des Standorts.

Auch über das Schlachten heiliger Kühe kann man in Krisenzeiten nachdenken. So sind 21 Prozent der von PSB Befragten bereit, von Mainframes auf Standardsysteme zu migrieren. Als Hauptgrund wurden die hohen Kosten angegeben, die mit dem Betrieb und der Lizenzierung der Großrechner verbunden sind. Viele Entscheider setzen auf standardisierte Alternativen, die mehr Flexibilität bieten und Kosten, Zeit und Platz sparen.

Ein konkreter Bauplan für eine runderneuerte IT-Infrastruktur ist HPs "Converged Infrastructure". Nach der umfassenden Infrastrukturstrategie werden bisher isolierte IT-Domänen für Applikationen, Rechner, Speicher, Netzwerke sowie Gebäuderessourcen integriert und die mit der Silo-Struktur verbundene Komplexität beseitigt. Weitere Informationen hierzu finden Sie in diesem CW-Beitrag und auf HPs Converged-Infrastructure-Website.