Kosten kappen, Kompetenz konzentrieren

09.10.2003 von Karsten Leclerque
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Outsourcing-Entscheidungen werden zunächst einmal aus Kostengründen gefällt. In dem Maße, wie der Markt reift, gewinnen jedoch andere Beweggründe an Gewicht. Von der Auslagerung versprechen sich die Unternehmen mehr Flexibilität, höhere Transparenz und mehr Kraft für das Kerngeschäft. Unterm Strich wird der Markt für Outsourcing-Dienste kräftig wachsen.

Nach einem sehr guten Jahr 2001 mit einem Wachstum von knapp 18 Prozent im non-kaptiven Bereich, also ohne die innerhalb eines Konzerns erzielten Einnahmen (bei T-Systems werden die mit der Deutschen Telekom und bei Siemens Business Services die mit Siemens erzielten Umsätze abgezogen), blieb die Entwicklung im deutschen Outsourcing-Markts 2002 mit nur 9,4 Prozent plus deutlich hinter den Erwartungen zurück. Nichtsdestotrotz wuchs der Outsourcing-Markt in Deutschland im Vergleich zum Softwarelizenz-, Projekt- oder Hardwaregeschäft, das in vielen Bereichen einen Rückgang hinnehmen musste, immer noch weit über Durchschnitt.

Bild: Joachim Wendler

Outsourcing gilt als antizyklisch, das heißt gerade in Zeiten schwacher Konjunktur boomt der Markt für ausgelagerte Dienstleistungen. Kostenersparnis, Effizienzsteigerung und die Konzentration auf Kernkompetenzen sprechen angesichts der momentanen Rahmenbedingungen klar für Outsourcing Services. Weshalb also "enttäuschte" der Markt 2002?

Zwar waren die "Pipelines" voller denn je, die allgemeine Unsicherheit auf dem Markt führte jedoch zu einer gewissen Abschlussträgheit. Die zahlreich erwarteten großen Projekte, etwa bei der Deutschen Bank und der Bundeswehr sowie das LKW-Maut-Vorhaben kamen verspätet oder werden immer noch verhandelt. Im Falle der Bundeswehr wird der Vertrag vermutlich erst im kommenden Jahr unterschrieben. Letztendlich sorgte keines dieser Vorhaben im Jahr 2002 für nennenswerte Einnahmen, und es scheint, als hätten die größten Anbieter über ihren Kampf um diese Prestigeprojekte den Rest des Marktes vernachlässigt.

Der sonst als selbstverständlich betrachtete Ausbau bestehender Verträge wurde angesichts des Sparzwangs häufig auf Eis gelegt. Insbesondere haben die Anwender in Outsourcing-Verträge eingebettete Softwareentwicklungs- beziehungsweise Softwareimplementierungs-Projekte verschoben. Zudem führten massive Preissenkungen zu Umsatzrückgängen. Für die kommenden Jahre sieht PAC das non-kaptive Wachstum im Outsourcing-Bereich jedoch wieder bei deutlich über zehn, für 2003 bei über zwölf Prozent, wozu die genannten Mega-Deals, aber auch zahlreiche Verträge mit kleinerem Volumen beisteuern werden. Damit wird das Gesamtvolumen des non-kaptiven deutschen Outsourcing-Marktes im Jahr 2003 auf rund 9,7 Milliarden Euro anwachsen.

Unterstützt durch den Zwang zu Kosteneinsparungen in den meisten Branchen erwartet PAC weitere Komplett-Outsourcing-Projekte in den nächsten Jahren. Auch das Rechenzentrums-Outsourcing wird, unter anderem getrieben vom Deutsche-Bank-Vorhaben, weiteres Wachstum erfahren. Da sich der deutsche Markt hier seiner Reife nähert, wird sich das Wachstum ein wenig abflachen, jedoch auf hohem Niveau bleiben. Ab den Jahren 2004 und 2005 wird dagegen das Geschäft mit selektiven Outsourcing-Diensten wie dem Desktop-, Anwendungs- und Business-Process-Outsourcing anziehen und höhere Zuwachsraten verzeichnen können.

Was die Anwender wollen

Welche Gründe sehen Anwenderunternehmen derzeit, Outsourcing-Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen? Und was spricht dagegen? Regelmäßig von PAC durchgeführte Anwendergespräche ergeben, dass sich die Beweggründe nicht maßgeblich geändert haben - wohl aber deren Gewichtung.

So haben etwa Transparenz und Flexibilität eines Angebotes im Jahresvergleich den einfachen Preis an Bedeutung übertroffen, was angesichts kurzfristiger Return-on-Investment (RoI)- beziehungsweise Cash-Flow-Betrachtungen nicht weiter verwundert. Die Konzentration auf Kernkompetenzen bleibt Spitzenreiter vor Aspekten wie Kostensenkung und Effizienzsteigerung.

Was spricht indessen aus Anwendersicht gegen eine Auslagerung? Auch hier gibt es wenig Neues. Lediglich die Angst vor einer schwierigen Reversibilität des Vertrages und damit einer Abhängigkeit vom Outsourcing-Anbieter erweist sich im Vergleich zu den Vorjahren als wichtiger und führt die Liste der Gegenargumente an. An zweiter Stelle stehen die allgemeine Skepsis, was Kosteneinsparungen betrifft, und Zweifel an der Prozesskompetenz einzelner Anbieter.

Immer noch hartnäckig, wenn auch deutlich an Bedeutung verlierend, hält sich die Ansicht, die IT habe - strategisch gesehen - eine zu große Bedeutung für den Geschäftserfolg, als dass sie an Externe vergeben werden könnte. Sicherheitsbedenken sowie die Angst vor einem Rückgang der Qualität treten dagegen mehr und mehr in den Hintergrund. Aus Sicht der PAC-Experten muss die Kostenreduktion jedoch weiterhin an erster Stelle der Gründe für ein IT-Outsourcing genannt werden. Denn gerade die Aussicht, Kosten zu sparen, lässt momentan auch solche Branchen über eine Externalisierung nachdenken, die bislang dem Outsourcing eher skeptisch gegenüberstanden wie beispielsweise der Bankensektor oder die öffentliche Hand. Häufig ist jedoch zu beobachten, dass die wahren Total Cost of Ownership (TCO) der IT-Abteilung nicht ausreichend transparent sind, was einer Auslagerung wiederum entgegensteht.

Den richtigen Partner finden

Ist die Entscheidung einmal zugunsten des Outsourcings gefallen, stellt sich die Frage nach einem passenden Anbieter: Natürlich ist das Vertrauen in den Dienstleister bezüglich Servicequalität und finanzieller Stabilität unabdingbar. Zunehmend ist jedoch zu beobachten, dass Anwender Flexibilität bei der Leistungserbringung und Preisgestaltung einfordern. Kaum ein Unternehmen kann noch über einen längeren Zeitraum hinweg die anstehenden Anforderungen formulieren, weil sich die Rahmenbedingungen ständig ändern. In diesem Umfeld ist es kaum verwunderlich, dass die derzeit zahlreichen On-Demand-Angebote auf fruchtbaren Boden stoßen. Mehr und mehr ist auch die Fähigkeit, Mitarbeiter zu integrieren, von erheblichem Stellenwert, da mehr und mehr Outsourcing-Kunden ihre IT-Angestellten zum Dienstleister transferieren, um Kosten einzusparen.

Viel Potenzial im Mittelstand

Angesichts eines in vielen Bereichen und vor allem in der Industrie gesättigten Großkundensegments entdecken derzeit immer mehr traditionelle Dienstleister den Mittelstand, denn es steckt noch viel Potenzial in diesem Geschäft. Das gesamte Volumen beläuft sich auf nur etwa 30 Prozent des gesamten deutschen Outsourcing-Marktes; angesichts einer überwiegend mittelständisch geprägten deutschen Wirtschaft ist das sehr wenig. Doch nicht zuletzt aufgrund der vergleichsweise niedrigen Basis erwartet PAC für den mittelständischen Sektor ein überdurchschnittliches Wachstum in den kommenden Jahren.

Generell ist das Mittelstandssegment geprägt von selektiven Formen des Outsourcings. Während bei kleinen Unternehmen stark standardisierte, anwendungsbezogene Outsourcing-Formen wie Application-Service-Providing (ASP), Processing-Services und Web-Hosting im Vordergrund stehen, finden sich im Falle mittlerer Unternehmen auch komplexeres Applikations-Outsourcing und infrastrukturbezogene Dienstleistungen wie Desktop- oder Rechenzentrums-Outsourcing.

Da gegenseitiges Vertrauen und die persönliche Beziehung zwischen Anbieter und Kunde eine außerordentlich wichtige Rolle spielen, bevorzugen kleine und mittelständische Unternehmen oft regionale, ebenfalls mittelgroße Anbieter, mit denen vorzugsweise auch bereits Geschäftsbeziehungen bestehen.

Neben dem klassischen Anwendungs-Outsourcing vor allem im SAP-Umfeld erwartet PAC für den Mittelstand steigende Wachstumsraten. Dies gilt vor allem im Bereich neuer Outsourcing-Formen wie On-Demand-Services, die eine flexible Nutzung und Abrechnung von Infrastruktur und Anwendungen ermöglichen und somit große Investitionen vermeiden helfen. Allerdings beschränken sich diese bedarfsgerechten Dienste bislang auf Infrastruktur wie Storage und sind eher Finanzierungs- als Versorgungsmodelle.

Langfristig sieht PAC auch im Business-Process-Outsourcing einen Wachstumstreiber, vor allem in den Bereichen Personalwesen und Buchhaltung. Hier wird der deutsche Markt allerdings noch einige Zeit benötigen, bevor er internationales Niveau erreicht, und die Frühstarter werden im gehobenen Mittelstand zu finden sein. Zudem ist zu erwarten, dass die momentan forcierten Mittelstandsinitiativen vieler Anbieter vor allem im mittleren bis gehobenen Mittelstand zum Tragen kommen.