Kosten für weltweit größtes IT-Vorhaben verdoppeln sich

19.06.2006
Das ambitionierte Vorhaben der britischen Gesundheitsbehörde NHS soll aktuellen Schätzungen zufolge nun 12,4 Milliarden Pfund kosten.

Der britische Rechnungshof (UK National Audit Office) hat die Revision des IT-Projekts des National Health Service (NHS) veröffentlicht. Die Kontrollbehörde schätzt die Gesamtkosten über die Laufzeit von zehn Jahren auf 12,4 Milliarden Pfund (18,2 Milliarden Euro). Ursprünglich hatte die Gesundheitsbehörde Kosten in Höhe von 6,4 Milliarden Pfund veranschlagt. Mit einer Verdoppelung der Investitionen scheinen die schlimmsten Befürchtungen unbegründet: Zwischenzeitlich gab es Meldungen über drei- bis fünfmal so hohe Ausgaben gegenüber der ursprünglichen Planung ("Kosten für IT-Projekt der britischen Gesundheitsbehörde explodieren"). Entsprechende Äußerungen eines britischen Regierungsmitglieds, das von 20 Milliarden Pfund (knapp 30 Milliarden Euro) und mehr gesprochen hatte, rückte das NHS gerade: Damit sei das gesamte IT-Budget der Gesundheitsbehörde während der Projektlaufzeit gemeint.

Das Vorhaben zielt auf die Modernisierung der kompletten IT-Landschaft des britischen Gesundheitssystems. Das Projekt umfasst sowohl die Überarbeitung der internen IT des Ministeriums (beispielsweise die Vereinheitlichung von 900.000 Desktops)als auch die Einbindung von Ärzten und Krankenhäusern in ein einheitliches Transaktionssystem. Die Mediziner sollen künftig auf eine zentrale Datenbank für 50 Millionen Briten zugreifen sowie Krankenhausbetten automatisch und besser auslasten können. Im Plan ist zudem ein elektronisches Such- und Anmeldesystem für Arztbesuche enthalten (siehe auch "Britische Gesundheitsbehörde kämpft mit IT-Problemen"). Die Generalunternehmer in diesem Mammutprojekt sind BT, Fujitsu, Accenture und CSC, hinzu kommen viele Subunternehmer.

Der Rechnungshof kritisiert in seinem Bericht zudem die Verzögerungen. In wichtigen Kernprojekten sei der Zeitplan bereits überschritten, so soll der Betrieb der zentralen Patientenakte Ende 2006 und damit zwei Jahre nach Plan aufgenommen werden. Zudem bemängelt das Amt eine fehlende klare organisatorische Ordnung und eine schlechte Vermittlung der Ziele. Die Verantwortlichen hätten es versäumt, die Mitarbeiter ins Boot zu holen. Der Bericht empfiehlt den Projektleitern daher, die Beschäftigten über Herausforderungen, denen sie sich gegenübersehen werden, zu informieren und sie auf Rückschläge und unvermeidliche Änderungen vorzubereiten. Denkbar sei etwa ein jährlicher Statusbericht, in dem die Vorteile des Programms erläutert werden. So ziele das Projekt beispielsweise nicht auf Kostenreduktion, sondern auf bessere Services. Lobend erwähnt das National Audit Office die zentrale Vertragsvergabe und Beschaffung. Damit habe die Gesundheitsbehörde 4,5 Milliarden Pfund eingespart (6,6 Milliarden Euro). (jha)