Tool-Vergleich

Konsolidieren mit SAP

17.06.2012 von Wolfgang Schütte-Felsche und Christian Hoff
SAP bietet seinen Anwendern drei Werkzeuge zur Finanzkonsolidierung an. Die folgende Produktanalyse zeigt, welches Tool sich für wen eignet.
Konsolidierung mit SAP-Systemen - was alles dazu gehört.

Konsolidierungswerkzeuge sind unverzichtbarer Bestandteil der externen, legalen Berichterstattung und der Unternehmenssteuerung. Sie informieren alle Berechtigten über die Wirtschafts- und Finanzlage eines Unternehmens und werden vermehrt auch für interne Controlling-Zwecke eingesetzt. Dabei müssen sie komplexe Rechnungslegungsstandards (IFRS) abbilden und in heterogene IT-Systeme integriert werden.

Nach der Übernahme von BusinessObjects und Outlooksoft durch SAP im Jahr 2007 stehen heute innerhalb der SAP-Welt mehrere Konsolidierungslösungen zur Verfügung. Neben dem klassischen "Strategic Enterprise Management - Business Consolidation System" (SEM-BCS) mit seiner vorgegebenen Konsolidierungslogik bieten die Walldorfer nun mit SAP BusinessObjects Financial Consolidation (ehemals Cartesis Magnitude) sowie SAP Business Objects Planning and Consolidation (ehemals Outlooksoft) zwei flexiblere und stärker individualisierbare Lösungen an. Die folgenden Seiten beschreiben die Eigenschaften der jeweiligen Lösung mit ihren Vor- und Nachteilen und analysieren die spezifischen Anwendungsszenarien.

Was Konsolidierungs-Tools können sollten

  • Automatisierung und Dezentralisierung: Nur durch eine weitgehende Dezentralisierung der Datenerfassung und -validierung sowie die Automatisierung des gesamten Abschlussprozesses lässt sich dem Zwang zu häufigeren und schnelleren Reports nachkommen.

  • Kontrolle und Nachvollziehbarkeit: Um den Bestimmungen der IFRS zu genügen, muss ein Konsolidierungssystem den Abschlussprozess und die Datenqualität kontrollieren sowie alle Datenverarbeitungsschritte revisionssicher dokumentieren können.

  • Flexibilität: Das Konsolidierungs-Tool muss im Sinne der gestiegenen Informationsbedürfnisse flexibel auf neue Berichtsanforderungen reagieren. Dabei sind sowohl quantitative als auch qualitative Daten abzubilden. Dies erhöht den Druck der Fachabteilungen, das Konsolidierungswerkzeug weitgehend unabhängig verwalten und anpassen zu können.

  • Integration der IT-Systeme: Durch Akquisition hinzukommende Unternehmensbereiche müssen auch bei unterschiedlicher IT-Infrastruktur schnell in den Abschlussprozess integriert werden können.

SEM-BCS (BCS)

Der Konsolidierungsmonitor mit Statusanzeige in SAP SEM-BCS.

Automatisierung und Dezentralisierung: Als Bestandteil der SEM-Komponente bietet BCS mehrere Standardbausteine für die Konsolidierung in großen Unternehmen an, um die Datenverarbeitung im Abschlussprozess zu automatisieren. Dabei können sogar komplexe Sachverhalte wie Kapitalkonsolidierung oder die parallele Konsolidierung von legalen und Management-Einheiten (Matrix-Konsolidierung) automatisiert abgebildet werden. Indem von der Zentrale bestimmte Prozessschritte für die berichtenden Konzerngesellschaften freigegeben werden, lässt sich die Konsolidierung dezentralisieren. Dabei können neben der (automatischen) Datenübernahme aus ERP-Systemen zum Beispiel. auch Validierungsregeln, Umbewertungen, Late Adjustments etc. durch die Konzerngesellschaft selbstständig ausgeführt werden.

Kontrolle und Nachvollziehbarkeit: SEM BCS bietet eine umfassende Prozesssteuerung, die zeitabhängig eingestellt werden kann, um Änderungen im Rechnungslegungsstandard oder im Konsolidierungskreis jederzeit korrekt abbilden zu können. Die Reihenfolge der Verarbeitungsschritte kann innerhalb der Standardlogik festgelegt werden.

Sowohl manuelle als auch automatische Konsolidierungssachverhalte werden als Beleg im Sinne der GOB verbucht (Belegprinzip). Mithilfe von individuellen Belegarten kann die Überleitung zwischen HB I (Meldedaten), HB II (angepasste Meldedaten) sowie HB III (konsolidierte Daten) je Verarbeitungsschritt lückenlos und einfach nachvollziehbar nachgewiesen werden. Die Komplexität und die Geschlossenheit der Verarbeitungslogik machen es für den ungeübten Anwender bei komplexen Sachverhalten allerdings oft schwierig, die Buchungsergebnisse nachzuvollziehen.

Flexibilität: Die Verarbeitungslogik der BCS-Standardbausteine ist fest vorgegeben und kann durch Parametrisierung und Zusammenstellung der Elemente in einem Prozess an individuelle Bedürfnisse angepasst werden. Diese vorgedachte Verarbeitungslogik ermöglicht die schnelle Umsetzung neuer Anforderungen, macht es jedoch aufwendig, Kundenanforderungen zu realisieren, die sich außerhalb dieser Standardlogik befinden.

Integration der IT-Systeme: BCS nutzt die SAP BW-Umgebung als Datenbasis. Damit kann über BI-Funktionen zum einen direkt auf ERP-Systeme zugegriffen werden, zum anderen steht ein einheitliches Reporting-Tool zur Verfügung. Dadurch wird zum Beispiel ein Drilldown bis auf Buchhaltungsbelegebene möglich. Aus Compliance-Sicht ist diese Art der Datenerfassung und -speicherung optimal, da Differenzen zwischen operativer Buchhaltung und Konsolidierungssystem leicht vermieden werden können.

BCS auf einen Blick

Stärken

  • Im Rahmen der Standardlogik schnell implementierbar (schneller RoI);

  • umfangreichste am Markt verfügbare Standardlösung insbesondere für den Bereich der Kapitalkonsolidierung;

  • hoher Integrationsgrad mit SAP-Produkten ist für die Nutzung notwendig.

Schwächen

  • Steht nicht mehr im strategischen Weiterentwicklungsfokus von SAP;

  • Kommentierung und Simulation sind im Standard gar nicht beziehungsweise nur unzureichend abzubilden;

  • von Controllern wegen der Starrheit und dem Belegprinzip oft nicht als ausreichend flexibel kritisiert.

BusinessObjects Financial Consolidation (BOFC)

Automatisierung und Dezentralisierung: Die Automatisierung von Buchungen erfolgt in BOFC über einfache Regeln, die durch betriebswirtschaftliche Events gesteuert werden. Bei Ausführung der Konsolidierungsfunktion werden die Regeln sukzessive abgearbeitet und lösen - basierend auf den auftretenden Events - automatisierte Buchungen aus. Auf diese Weise ist BOFC ein sehr offenes System, in dem quasi alle Konsolidierungssachverhalte automatisiert werden können. Kommentierung und Berechnungen sind integrierte Bestandteile von BOFC. So können zum Beispiel Freitexte für Anhangangaben verarbeitet und Cash-Flow-Berechnungen automatisiert werden.

Die Kommentarerfassung in BusinessObjects Financial Consolidation (BOFC).

Standardfunktionen, wie die Datenerfassung und Validierung werden den Meldeeinheiten dezentral über das Web oder die Client-Anwendung zur Verfügung gestellt. Zur Unterstützung der Konzerngesellschaften hat die Konzernzentrale durch integrierte Funktionen die Möglichkeit, auf abschlussrelevante Änderungen hinzuweisen und Erfassungsmasken mit Anleitungskommentaren versehen.

Kontrolle und Nachvollziehbarkeit: Der Prozess der Datenmeldung lässt sich über mehrstufige Datenfreigabeprozesse gesellschaftsspezifisch einstellen und wird durch Statusinformationen geprüft. Validierungsregeln werden bereits bei der Datenerfassung und der Belegerfassung ausgeführt, so dass nur betriebswirtschaftlich korrekte Sachverhalte gemeldet werden. Neben quantitativen Daten ist auch die Existenz von Kommentaren prüfbar.

BOFC versieht sämtliche Datensätze mit so genannten Audit-IDs. Dadurch ist die Herkunft der Daten von der Datenmeldung bis hin zum konsolidierten Abschluss nachvollziehbar, obwohl bei automatisierten Konsolidierungssachverhalten keine ausgeglichenen Belege wie in SEM-BCS systemtechnisch erzwungen werden.

Flexibilität: Zur Beurteilung der Flexibilität spielt bei BOFC das Datenmodell eine wesentliche Rolle. Der Grundprozess von BOFC ist in drei Abschnitte unterteilt, in denen die Gesellschaftsdaten, die zentralen Anpassungen und die Konsolidierung jeweils in getrennten Datenbereichen gespeichert werden. Dies ermöglicht die Durchführung und Speicherung von fast beliebig vielen Konsolidierungsläufen, die mit unterschiedlichen Parametern erstellt werden. Dieses Konzept unterstützt besonders die Erstellung von Konsolidierungsrechnungen für Controlling-Zwecke beispielsweise in Form von What-if-Analysen. Zudem erlaubt das Datenmodell die Datenmeldung auf höher aggregierten Ebenen, so dass Zusatzinformationen wie die Aufteilung von konzerninternen Geschäftsvorfällen nach Geschäftspartnern oder nach Fristen von Forderungen sehr einfach auch nachträglich detailliert werden können.

Für die Einführung von BOFC sind Vorkonfigurationen wie das IFRS-Starter-Kit der SAP erhältlich, die sowohl eine schnellere Einführung als auch die Weiterentwicklung beziehungsweise Wartung direkt durch die Fachanwender ermöglichen.

Integration der IT-Systeme: BOFC ist eine eigenständige Anwendung mit einer eigenen Stammdatenverwaltung und kann somit auch ohne weitere SAP-Software genutzt werden. Zusätzlich kann das IC-Abstimmungswerkzeug "BO Intercompany" in die Anwendung integriert werden, welches eine vorgelagerte Peer-to-Peer-Abstimmung von Intercompany-Geschäftsvorfällen unterstützt.

BOFC auf einen Blick

Stärken

  • Sehr hohe Flexibilität hinsichtlich der Automatisierung von Konsolidierungsvorgängen;

  • einfache Simulation oder Controlling-Auswertungen (Berechnungen, Konsolidierungsläufe etc.) möglich;

  • Web-basierend;

  • Nähe zum Fachbereich;

  • kommt auch ohne weitere SAP-Komponenten aus;

  • Kommentierung und Berechnungen integriert.

Schwächen

  • Ohne Vorkonfiguration (Starter Kit oder ähnliches) erfordert die Anwendung umfangreiche betriebswirtschaftliche Konsolidierungskenntnisse;

  • die Flexibilität in der Anwendung setzt eine gewisse Disziplin und hohe Genauigkeit bei der Konfiguration voraus.

BusinessObjects Planning and Consolidation (BOPC)

Automatisierung und Dezentralisierung: Obwohl BOPC häufig im Zusammenhang mit Planungsanwendungen diskutiert wird, ist die Software auch für die legale Konsolidierung geeignet. Sie wird Web-basierend gesteuert, die Datenerfassung erfolgt jedoch über Excel. Die Berichterstattung ist durch die gesamte MS-Office-Integration in Excel, Word und Powerpoint möglich. Für die Automatisierung der Konsolidierung stehen Grundelemente als Standardregeln bereit, die zum Beispiel die Währungsumrechnung, Gegenbuchungslogik, interne Leistungsverrechnung sowie Journalbuchungen ermöglichen. Business Rules sowie die Programmiersprache Skript Logic unterstützen die Entwicklung von weiteren Konsolidierungssachverhalten.

Der Excel-Report mit Navigationsleiste (Action Plane) in BusinessObjects Planning and Consolidation (BOPC).

Die Dezentralisierung wird durch die Freigabe von ausgewählten Prozessschritten für Konzerngesellschaften ermöglicht. Über das Web können Excel-Eingabe-Layouts online aufgerufen, Daten erfasst und validiert werden. BOPC bietet als einziges der drei SAP Tools auch eine Offline-Erfassung in einem geschützten Excel-Workbook mit einfacher Reintegration in die Konsolidierungsdatenbank.

Kontrolle und Nachvollziehbarkeit: Über einen Workflow wird der Abschlussprozess gesteuert. Durch Arbeitsstatus-Informationen werden die einzelnen Verarbeitungsschritte nachgehalten. Durch ein einstellbares Änderungs-Log (Data-Audit-Report) kann man zudem Datenanpassungen nachvollziehen. Automatische Buchungen sind über ein Buchungsmerkmal (analog der Audit-ID im BOFC) und über die Partnerinformation nachvollziehbar und lassen die Darstellung der Gesellschaftsdaten bis hin zum konsolidierten Abschluss zu.

Flexibilität: Durch die zur Verfügung gestellten Grundelemente und die Excel-Integration stellt BOPC ein flexibles Werkzeug dar, das neben der Planung auch für Konsolidierungszwecke eingesetzt werden kann. Workflows sind relativ frei gestaltbar. Die hohe Flexibilität geht hierbei zulasten der vorkonfigurierten Konsolidierungslogik. Um die Konsolidierung gemäß IFRS zu erleichtern, steht auch hier ein Starter-Kit als vorkonfiguriertes Paket zur Verfügung.

Integration der IT-Systeme: SAP bietet BOPC in zwei Versionen an: Die Netweaver-Variante ist in SAP BW integriert, das heißt, sie nutzt BW als Datenbasis. Die MS-Variante verwendet den SQL Server von Microsoft als Datenbasis. Wie beim BOFC kann die MS-Variante unabhängig von anderen SAP-Produkten genutzt werden. Die Stärke von BOPC liegt in der Office-Integration und in der Möglichkeit, die gleiche Anwendung für Planungs- und Konsolidierungssachverhalte zu nutzen.

BOPC auf einen Blick

Stärken

  • MS-Office-Integration und Bedienoberfläche;

  • Kommentierung integriert;

  • Planungsintegration;

  • Nähe zum Fachbereich.

Schwächen

  • Ohne Vorkonfiguration (Starter Kit etc.) erfordert die Anwendung umfangreiche betriebswirtschaftliche Konsolidierungskenntnisse;

  • Installation des Office-Add-in notwendig;

  • komplexe Konsolidierungssachverhalte erfordern einen höheren Konfigurationsaufwand als bei den anderen beiden Tools.

Anwendungsszenarien

SAP fährt - ähnlich wie in anderen Anwendungsbereichen - auch in der Konsolidierung eine Mehrproduktstrategie. Grundsätzlich öffnet sich der Hersteller mit den neuen Konsolidierungslösungen auch Kunden, die bisher keine SAP-Software im Einsatz haben.

Im Vergleich zu den klassischen SAP-Produkten zeichnet sich sowohl BOFC als auch BOPC (hier speziell aufgrund der Microsoft-Orientierung) durch eine deutlich intuitivere Benutzerführung aus. Beide Lösungen ermöglichen eine Wartung und Weiterentwicklung des Konsolidierungssystems durch die Fachanwender ohne die tendenziell starke IT-Abhängigkeit der klassischen SAP-Produkte.

Kunden, bei denen die legale Konsolidierung, eine sehr gute Integration der Konsolidierung mit SAP ERP und BW (Audit Trail) sowie eine eher buchhalterische Herangehensweise an das Thema Konsolidierung im Vordergrund stehen, sollten sich das SEM-BCS näher befassen.

Kunden, bei denen neben den legalen Aspekten auch der Steuerungsaspekt (Management-Konsolidierung, Simulation, What-if-Analysen etc.) sowie eine eher Controlling-lastige Herangehensweise im Vordergrund stehen, sollten sich BOFC und BOPC näher ansehen. Dabei schlägt das Pendel zunehmend in Richtung BOFC, je größer das Unternehmen ist beziehungsweise je höher die Komplexitätsanforderungen der Konsolidierung sind. (ph)

Grafik und Screens: Esprit Consulting

Foto: Fotolia.com/Sapsiwai