Komplett-Outsourcing mit effizienter Governance

23.02.2006
COMPUTERWOCHE VERLEGERPUBLIKATION - Der größte deutsche Pay-TV-Anbieter Premiere hat seine gesamte operative IT per Outsourcing an Dienstleister vergeben. Die Strategie des Premiere-CIOs Günter Weinrauch ist dabei klar umrissen: die Umformung des IT-Bereichs zu einer effizienten Governance- und Steuerungseinheit.

Günter Weinrauch (43) ist als CIO bei der Premiere AG in München verantwortlich für die IT-Strategie, das IT-Portfolio-Management, den IT-Bebauungsplan sowie die Leitung der IT-Mitarbeiter und die Steuerung der externen Dienstleister. Er hat die Weichen für ein konsequentes strategisches Outsourcing gestellt. "Outsourcing ist nicht in jedem Einzelfall der richtige Weg - aber für Premiere ist es ohne Zweifel die beste Lösung", sagt der CIO. "Denn unser Kerngeschäft bei Premiere ist nicht die Informationstechnologie, sondern exklusives Programm sowie Marketing und Vertrieb."

Seit September 2005 betreibt der ITDienstleister Atos Origin den größten Teil der operativen IT. Daneben hat Weinrauch Verträge mit zwei weiteren Outsourcern abgeschlossen, die den Betrieb der SAP-Applikationen und das Programmplanungssystem des Pay-TV-Senders übernommen haben. Rund 110 der IT-Mitarbeiter haben zu den Dienstleistern gewechselt.Mit einem kleinen Stab von rund 20 IT-Spezialisten lenkt Weinrauch jetzt die IT-Geschicke des Konzerns. Etwa 1200 Premiere-Mitarbeiter sind an die IT-Systeme angeschlossen; sie verwalten die rund 3,55 Millionen Abonnenten.

Erfahrung mit Outsourcing war bei dem Pay-TV-Anbieter bereits vorhanden: Schon seit Jahren hatte Premiere Teile der IT selektiv an Dienstleister vergeben. Trotzdem waren exakte Planung und genaue Vorbereitung unabdingbar: "Outsourcing ist kein Allheilmittel und wirkt wie ein Verstärker:Wenn es vorher Probleme mit der IT gegeben hat, werden diese durch Outsourcing nur noch größer. Wenn die IT vorher gut organisiert war, bringt das Outsourcing weitere Effektivitätsgewinne und Kosteneffekte", sagt der Premiere-CIO.

Schon lange vor der Übergabe der operativen Systeme wurden Vorbereitungen getroffen. Etwa 18 Monate dauerte diese Phase - für den Abschluss der Outsourcing-Verträge und den Verantwortungsübergang benötigte das Unternehmen dann nur noch drei Monate. "Um IT-Dienstleistungen erfolgreich an Dienstleister zu vergeben, muss das Unternehmen strategisch darauf ausgerichtet sein", sagt der CIO. Seit seinem Amtsantritt Anfang 2005 hat er konsequent die Standardisierung der IT nach ITIL vorangetrieben und für effiziente Steuerungs- und Governance-Prozesse gesorgt.

"Früher waren wir ein Unternehmen mit einer relativ kleinen IT-Abteilung. Durch das Outsourcing an einen leistungsstarken Partner haben wir jetzt die Möglichkeit, von Best-Practice-Erfahrungen großer Unternehmen zu profitieren", sagt Weinrauch. Sorgen um mangelnde Steuerungs- und Einflussmöglichkeiten macht er sich nicht: "Früher habe ich die Mitarbeiter der operativen IT geführt, jetzt steuere ich die IT über Verträge und Vereinbarungen mit den Dienstleistern", sagt er.

Dabei gehe es nicht nur um die Vereinbarung und Einhaltung von SLAs. Das mache zwar einen erheblichen Teil des Vertragswerks aus, wichtiger sei aber vor allem eine langfristige, vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Partnern, die die Gewähr marktgerechter Preise über die gesamte Vertragslaufzeit bietet. Um das Leistungsangebot mit den Wettbewerbern zu vergleichen, sehen die Verträge Benchmarks sowie weitere Mechanismen zum Vergleich vor. Auch die Abwicklung neuer Projekte läuft zu Weinrauchs Zufriedenheit. "Man kann natürlich
nicht einfach zu einem Outsourcer sagen: ,Mach mal', erläutert Weinrauch, "sondern man muss genau definieren, welche Services und Leistungen erbracht werden sollen." Deshalb bedürfe es nach wie vor an IT-Kernkompetenz im eigenen Haus, um die Fachbereiche vernünftig zu beraten, für eine sinnvolle strategische Planung und die Steuerung von Projekten.

"Aber sowohl die Übergabe als auch das tägliche Projektgeschäft läuft viel problemloser als erwartet", sagt er. Dabei sind die Anforderungen hoch:"Wir sind ein dynamisches Unternehmen mit einem großem Portfolio gleichzeitig laufender Projekte und müssen auch mit unserer IT schnell reagieren können. Aber das geht mit externen Dienstleistern genauso gut wie mit unserer eigenen IT-Abteilung", ist sich Weinrauch sicher.

Die strategische Planung bleibt stets beim Premiere-CIO. Er hat die Fäden in der Hand und behält das letzte Wort in allen IT-Fragen. "Wir haben die IT zwar aus dem Haus, aber nicht aus der Hand gegeben", so das zufriedene Fazit des Premiere-IT-Leiters.