Marketing und Kommunikation gleichzeitig steuern

Kommunikations-Controlling für Unternehmen

21.09.2016 von Joachim Allhoff
Dieser Beitrag stellt einen Ansatz vor, der alle wesentlichen Kommunikationsinstrumente miteinander vereint und im Rahmen eines Stufenmodells entsprechende Kennziffern verortet, um ein umfassendes Kommunikations-Controlling zu ermöglichen.

In den letzten Jahren haben Ansätze zum Marketing- beziehungsweise Kommunikations-Controlling zunehmend an Bedeutung gewonnen. Dies liegt unter anderem daran, dass die Medienlandschaft mit Internet- und insbesondere Social Media-Angeboten die Steuerbarkeit von Marketing- und PR-Kommunikation grundlegend verändert hat. Die zentralen Ziele der Unternehmens- und Produktkommunikation sind zwar nach wie vor, das Unternehmen oder Produkte und Dienstleistungen

und somit eine Kaufbereitschaft beziehungsweise eine Marken- oder Unternehmenssympathie herzustellen.

Die Kommunikationsziele von Marketing- und PR-Maßnahmen sollten aus der allgemeinen Unternehmensstrategie abgeleitet werden.
Foto: Sergey Nivens - shutterstock.com

Viele Kennzahlen in Kommunikation und Marketing, die insbesondere von Marktforschung oder Social Media- beziehungsweise Web Analytics geliefert werden sollen, sind häufig auf die Unterstützung kurzfristiger Marketing-Mix-Entscheidungen gerichtet und nicht langfristig angelegt. Umfassende Anwendung von Kennzahlensystemen im Marketing- und Kommunikationsmanagement findet häufig noch nicht statt. Gleichzeitig wächst aber auch die Erwartung an Marketing- und Kommunikationsabteilungen, Leistungsnachweise für Kommunikationserfolge zu erbringen und auch die Budgetverteilung zu rechtfertigen.

Deshalb wird es zunehmend wichtig, die Wirkung von verschiedenen Kommunikationskanälen umfassend zu beobachten und zu bewerten. Im Rahmen des Kommunikationsmanagement hat sich insbesondere ein Ansatz zum Kommunikations-Controlling im Public Relations Bereich durchgesetzt, der sich auch für alle Bereiche der Unternehmens- und Marketingkommunikation eines Unternehmens oder einer Organisation nutzen lässt. Dieses Modell des Controlling für die Kommunikation wurde von der Deutschen Public Relations Gesellschaft (DPRG) und dem Internationalen Controller Verein (ICV) entwickelt und beschreibt verschiedene Wirkungsstufen der Kommunikation.

Dadurch wird es möglich, mit Hilfe von zentralen Indikatoren die gesamten Kommunikationsmaßnahmen von der PR-Abteilung bis zur Marketing-Abteilung zu bewerten. Dieser Ansatz soll im Folgenden vorgestellt und anhand von einigen Beispielen illustriert werden. In diesem Wirkstufen-Modell lassen sich dann klassische Marktforschungsmethoden mit Methoden der Medienanalyse sowie mit Web- und Social Media- Analytics kombinieren.

Wirkstufenmodell der Kommunikation

Das Modell unterscheidet verschiedene Wirkungsstufen. Mit diesen Stufen werden gleichzeitig verschiedene Indikatoren / Key Performances Indikatoren (KPI) beispielhaft dargestellt, mit denen die Wirkung in jeder einzelnen Wirkungsstufe gemessen werden kann.

1. Input: Diese Stufe umfasst Ressourcen, die für die verschiedensten Kommunkations- und Marketingmaßnahmen eingesetzt werden. Messbereiche sind dann

Kennzahlen in in diesem Bereich können entsprechend dann Personalkosten - gegebenenfalls pro Projekt - und Outsourcing-Kosten wie Druck- oder Agenturkosten sein

2. OutputIn: Diese Stufe wird unterschieden nach

Kennzahlen für den internen Output können unter anderem Budgettreue, Fehlerquote oder Durchlaufzeit beziehungsweise Bearbeitungszeit darstellen. Für den externen Output können dann die KPIs wie Anzahl erschienener Artikel/Medienberichte, Visits sowie Page Impressions oder Medienberichte im Wettbewerbsvergleich (Share of Voice) sein. Zentral sind hier aber Social Media-Kanäle.
Wichtige Kennzahlen sind bislang Retweets, Follower, Likes etc.

3. Outcome: Auch diese Stufe wird unterteilt nach direktem und indirektem Outcome. Der Messbereich des direkten Outcomes umfasst

Kennzahlen für den direkten Outcome sind zum Beispiel Unique Visitors, und Verweildauer auf einer Webseite, Leser pro Ausgabe sowie gestützte und ungestützte Bekannheit.

Der Messbereich des indirekten Outcomes umfasst

Kennzahlen in dieser Wirkstufe sind zum Beispiel das Markenimage, das Unternehmensimage oder Kaufabsichten.

Erfolgsbeispiele für Social Media Marketing
Pizza kommt per #EasyOrder
Seit Mai 2015 können Domino's-Kunden die Lieferung ihrer Lieblingspizza per Twitter veranlassen – dazu posten sie ein "Pizza-Emoji" an @Dominos oder nutzen den Hashtag #EasyOrder. Mehr als jeder zweite Pizzafan nutzt das bereits.
"Blinde Vorbestellung" bei Taco Bell
Die amerikanische Fast-Food-Kette Taco Bell startete im vergangenen Februar die "blinde Vorbestellaktion" eines neuen Produkts. Um was es sich handelte, blieb geheim – sicher war nur, dass es sich online vorbestellen ließ und dann am 6. Februar zwischen 14 und 16 Uhr im lokalen Restaurant abgeholt werden konnte. Die Taco-Bell-Jünger kamen in Scharen.
Edeka-Video #HeimKommen
Das weihnachtliche Werbevideo der Supermarktkette Edeka berührte im vergangenen Winter viele Hunderttausende Zuschauer.
Niveas zweite Haut
Auch dieser Weihnachtsclip aus 2015 ging viral: Kosmetik-Hersteller Niva stellte sein "Second Skin Project" vor und erreichte deutlich sechsstellige Abrufzahlen.
Snapchat-Kampagne zur Oscar-Verleihung
PricewaterhouseCoopers (PwC) kümmert sich seit 82 Jahren um die Auszählung der Stimmen für die Academy Awards, im Volksmund auch Oscar-Verleihung genannt. Für die 2016er-Ausgabe startete PwC eine Snapchat-Story rund um die berühmten goldenen Umschlägen mit den Oscar-Gewinnern. Viele neue Fans und ein Shorty Award waren der Lohn.
Lustige Sprüche frei Haus
"Unsere Klingen sind so gut, dass du sie einen ganzen Monat lang benutzen kannst" - das Start-up Dollar Shave Club verschickt unter diesem Claim im Monatsabo Rasierer und Rasierklingen per Post. Die zugehörige Marketing-Kampagne mit Bildern abgewetzter Klingen und lustigen Sprüchen sorgte für eine große Aufmerksamkeit im Social Web.
Für eine Handvoll Dollar
Black Friday als Konsum-Höhepunkt des Jahres? Der Partyspiel-Anbieter "Cards Against Humanity" machte da im vergangenen Jahr nicht länger mit. Er nahm seinen Shop einen Tag lang vom Netz und bot den Kunden stattdessen "nichts" für fünf Dollar an. Die dankten es ihm und zahlten - es kamen über 71.000 Dollar zusammen.
Luxus bei Snapchat
Das britische Modelabel Burberry war im April 2016 die erste Luxusmarke, die eine native Snapchat-Werbeanzeige buchte. 24 Stunden lang wurde ein neues Parfum beworben - mit exklusiven Videos, darunter dem Kurzfilm "Mr. Burberry" des Oscar-prämierten Regisseurs Steve McQueen, der binnen eines Monats bei Youtube fast 370.000 Mal aufgerufen wurde.
"Deadpool" – ein durchschlagender Erfolg
Das Antihelden-Epos "Deadpool" verhalf 20th Century Fox zu neuen Social-Web-HöhenflügeN: Die fast 500.000 Follower des @deadpoolmovie-Twitter-Kanals, der fast ein Jahr (!) vor dem Kinostart mit einem mehr als 55.000 Mal retweeteten Posting gestartet ist, die vielen prominenten Fans der Comicreihe und der im Social Web ebenfalls sehr aktive Hauptdarsteller Ryan Reynolds ließen die Grenzen zwischen PR und purer Fan-Vorfreude verschwimmen.
Verkaufen per Pinterest
Nach dem "127 Corridor Sale" im vergangenen Jahr bot der Spraydosen- und Farbenverkäufer Krylon dort erworbene und aufgehübschte Waren online via Pinterest Buyable Pins zum Verkauf an - als erster Anbieter überhaupt. Neben den erzielten Einnahmeen, die kmplett gespendet wurden, erfuhr Krylon für die Aktion eine mediale Aufmerksamkeit, die das Unternehmen ein Vielfaches von dem gekostet hätte, wäre sie auf klassischem Wege per Werbeanzeige zustande gekommen.

4. Outflow: Die letzte Wirkstufe in diesem Modell ist schließlich der Outflow beziehungsweise die erzielte Wertschöpfung der verschiedensten Kommunikationsmaßnahmen. Messbereiche sind hier einerseits

Kennzahlen können hier zum Beispiel Umsatz, Kostenreduktion oder Marktanteile sein.

Anderseits umfasst diese Stufe auch

Hier können als Kennzahlen der Markenwert und der Reputationswert dienen.

Zielgruppen-Orientierung

Im Rahmen eines umfassenden Kommunikations-Controlling sind die relevanten Zielgruppen der Kommunikation von zentraler Bedeutung. Denn unterschiedliche Zielgruppen bedeuten auch entsprechend unterschiedliche Kommunikationsziele, -strategien und -inhalte.

Es werden hier die verschiedenen "Kommunikationsmärkte" nach Ressourcenmarkt (Mitarbeiter usw.), Absatzmarkt (z.B. Kunden), Akzeptanzmarkt (z.B. Medien, Politik usw.) und schließlich Finanzmarkt (Aktionäre usw.) unterschieden. Diese Zielgruppen müssen im Rahmen der Kommunikationsstrategie festgelegt sowie auch unterschiedliche Kommunikationsziele pro Gruppe definiert werden.

Strategie und Implementierung

Von zentraler Bedeutung für ein erfolgreiches Kommunikations-Controlling ist die Einbindung der gesamten Unternehmens- und Marketingkommunikation in einer Kommunikationsstrategie. Die Kommunikationsziele von Marketing- und PR-Maßnahmen sollten aus der allgemeinen Unternehmensstrategie abgeleitet werden. Diese Ziele müssen dann für die einzelnen als wichtig erachteten Zielgruppen abgestimmt werden.

Auch die regelmäßige Erfolgskontrolle mit Hilfe geeigneter Indikatoren muss in diese Strategie eingebunden werden. Mit Hilfe der Ergebnisse dieser Erfolgsmessung können dann Anpassungen der Instrumente, Maßnahmen oder Zielgruppenplanung erfolgen. Entscheidend für den Erfolg der Strategieumsetzung ist neben diesen inhaltlichen Planungen aber auch die organisatorische und personelle Einbindung aller relevanten Abteilungen wie PR-Abteilung und Marketingabteilung. Dies ist jedoch bei vielen Unternehmen bislang noch nicht gegeben.
Aber erst eine einheitliche und abgestimmte Kommunikation mit den verschiedensten Kommunikationsinstrumenten ermöglicht die Umsetzung einer umfassenden Kommunikationsstrategie und entsprechend auch des Kommunikations-Controllings.

Anwendungsbeispiele

Gemäß dem Wirkstufen-Modell der Kommunikation können in den unterschiedlichen Stufen unterschiedliche Kennzahlen zum Controlling eingesetzt werden. Im Folgenden konzentrieren wir uns auf die Stufen Output / Outcome. Insbesondere in diesen Stufen können Kennzahlen aus Ansätzen der Marktforschung, des Medienmonitoring, der Social Media-Analytics und der Web Analytics angewendet werden. Das Medienmonitoring lässt sich dann in der Stufe "externer Output" verorten. Marktforschung sowie Web und Social Media-Analytics können für die Wirkstufen "direkter und indirekter Outcome" eingesetzt werden.

Beim Medienmonitoring werden quantitative und qualitative Ansätze unterschieden. Beim quantitativen Medienmonitoring werden die Anzahl der Beiträge zu bestimmten Themen, die Medienarten sowie die entsprechenden Auflagen, Reichweiten, Visits und so weiter ermittelt. Mit Hilfe dieser Methode lässt sich dann die quantitative Medienberichterstattung im Zeitverlauf analysieren (sh. Abbildung).

Medienresonanz im Zeitverlauf
Foto: Joachim Allhoff

Beim Monitoring und der Analyse von Social Media-Kanälen werden in der Regel Social Media Monitoring-Tools eingesetzt, die Social Media-Plattformen wie Twitter oder Facebook nach bestimmten Schlagworten durchsuchen und grafisch darstellen. Hiermit sind auch automatische Auswertung der Bewertungsrichtung, so genannte Sentiment Analysis, mit Hilfe von linguistischen Algorithmen möglich. Die Zuverlässigkeit nimmt aber mit zunehmender Komplexität eines Posts deutlich ab.
Beim qualitativen Medienmonitoring hingegen werden Themen und Bewertungstendenzen der Berichterstattung ermittelt, die so genannte Tonalität. Die Bewertung der Medienberichterstattung kann dann in Abstufungen, zum Beispiel von sehr positiv bis eindeutig negativ, codiert werden (sh. Abbildung). Wichtig im Rahmen von Benchmarkanalysen ist auch das Einbeziehen von relevanten Wettbewerbern. Hier können dann etwa die durchschnittliche Tonalitäten der wichtigen Marktteilnehmer miteinander verglichen werden.

Medienmonitoring - Hauptthemen und durchschnittliche Tonalität
Foto: Joachim Allhoff

Die quantitative und qualitative Analyse der Medienberichterstattung allein ist aber noch nicht ausreichend. Denn entscheidend ist weiterhin, wie die unterschiedlichen Kommunikationsmaßnahmen auf die relevanten Zielgruppen wirken. Hier kommen nun die klassischen Marktforschungs-Ansätze ins Spiel. Wichtige Kennziffern sind

Insbesondere Image- und Zufriedenheitsumfragen in verschiedensten Zielgruppen spielen eine wichtige Rolle beim Marketing- und Kommunikations-Controlling. Innerhalb der Image- und Zufriedenheitsforschung haben sich einige zentrale Indikatoren etabliert. Wichtige Fragen betreffen demzufolge die allgemeine Bewertung von Unternehmen, Produkten- oder Dienstleistungen sowie speziellen Faktoren wie Qualität und Preis-Leistungs-Verhältnis.

Für kleine Zielgruppen kommen insbesondere qualitative Einzelinterview mit einer geringen Anzahl von Befragten in Frage, zum Beispiel in Form von Stakeholder-Befragungen. Für Endkunden bieten sich häufig als geeignete Methode Online-Umfragen an. Somit lassen sich dann Image- und Zufriedenheitsprofile erstellen und gegebenenfalls Schwachpunkte analysieren. Auch hier hier ist es sinnvoll im Rahmen von Benchmark-Analysen Produkte und Dienstleistungen wichtiger Wettbewerber in die Umfragen zu integrieren.

Mithilfe unterschiedlicher Methoden können also in den verschiedenen Phasen der Kommunikation von Unternehmen zentrale Kennziffern erhoben werden, die Rückschlüsse auf die Wirkung der Kommunikation ermöglichen. Darauf aufbauend kann dann eine Weiterentwicklung oder auch eine Korrektur von Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen erfolgen.