Tätliche Angriffe und grobe Beleidigung

Kollegin bedroht - fristlos gekündigt

20.10.2010 von Renate Oettinger
Die Drohung "Wenn du mich noch einmal beim Chef anscheißt, gehe ich dir an den Hals!" rechtfertigt eine sofortige Entlassung.

Äußerungen gegenüber Arbeitskolleginnen wie "Wenn du mich noch einmal beim Chef anscheißt, gehe ich dir an den Hals!", rechtfertigen den Ausspruch einer fristlosen Kündigung. Darauf verweist der Kieler Fachanwalt für Arbeitsrecht Jens Klarmann, Vizepräsident des VdAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart unter Hinweis auf das am 12.11.2009 veröffentlichte Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein (LAG) vom 21.10.2009, Az.: 3 Sa 224/09.

Der Fall

Bildquelle: Fotolia, S. Hoffmann
Foto: S. Hoffmann - Fotolia.com

In dem Fall hatte eine Bäckereifachverkäuferin ständigen Streit mit einer Auszubildenden. So maßregelte sie diese in unangemessenen Ton u. a. auch vor Kunden der Bäckerei, worauf sich diese an den Chef wandte. Die Klägerin wurde daraufhin u.a. angewiesen, gegenüber der Auszubildenden einen angemessenen Ton zu wahren, insbesondere Beschimpfungen und Bedrohungen zu unterlassen. Ihr wurde gesagt, dass dies nunmehr ihre letzte Chance sei. Sie solle mit der Auszubildenden ein Gespräch führen, um die Spannungen abzubauen, und auch mit der neuen Verkäuferin, Frau M..., freundlich und vernünftig umgehen.

Als sich das Verhältnis hierauf im weiteren Verlauf sogar noch verschlechterte, wurde die Bäckereifachverkäuferin am 11.11.2008 zu einem weiteren Gespräch in die Zentrale geladen. Daraufhin sei diese der Auszubildenden am Tage vorher "an den Hals gegangen" und habe dieser vorgeworfen, sie sei schuld, dass sie wieder zum Chef müsse. Dabei habe sich ihre Hand mindestens ganz nah im Halsbereich der Auszubildenden bewegt, wenn sie sie nicht gar am Hals berührt habe.

Am 11.11.2008 drohte die Bäckereifachverkäuferin der Auszubildenden sodann in Anwesenheit der Filialleiterin "Wenn du mich noch einmal beim Chef anscheißt, gehe ich dir an den Hals!". Ferner zeigte sie dieser den "Stinkefinger" und rief ihr zu: "Wer mich beim Chef anscheißt, ... den mache ich platt!" Hierauf sprach der Arbeitgeber am 13.11.2008 die fristlose Kündigung aus. Zu Recht, wie nun auch das Landesarbeitsgericht bestätigte, so Klarmann.

Grobe Beleidigungen und tätliche Auseinandersetzungen rechtfertigen Kündigung

Grobe Beleidigungen von Kolleginnen seien geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Auch tätliche Auseinandersetzungen im Betrieb rechtfertigten grundsätzlich die außerordentliche Kündigung. Der Arbeitgeber habe alle Arbeitnehmer seines Betriebs vor tätlichen Angriffen zu schützen.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund sei die fristlose Kündigung vom 13.11.2008 gerechtfertigt. Das Verhalten der Klägerin gegenüber ihren Kolleginnen war nicht länger tragbar und rechtfertigte angesichts der vorausgegangenen Gespräche, die mit ihr geführt wurden, auch unter Berücksichtigung der langen Betriebszugehörigkeit der Klägerin die außerordentliche Kündigung.

Kündigungsgespräche richtig führen
Kündigungsgespräche richtig führen
Wer einem Mitarbeiter die Entlassung mitteilt, sollte darauf achten, dass es ein Gespräch auf Augenhöhe ist. Sechs Tipps zur Gesprächsführung.
Tipp 1
Achten Sie darauf, dass vor dem Gespräch mit dem Mitarbeiter keiner seiner Kollegen von der Kündigung erfährt.
Tipp 2
Bereiten Sie sich auf das Gespräch vor: Welche Faktoren machen die Kündigung unumgänglich? Wie können Sie auf mögliche Einwände reagieren?
Tipp 3
Seien Sie ehrlich: Beschönigen Sie nicht die Situation, sondern geben Sie Ihrem Mitarbeiter ein konstruktives Feedback.
Tipp 4
Berücksichtigen Sie auf jeden Fall, dass es bei einer Kündigung nicht nur um eine Fach- oder Führungskraft einer bestimmten Abteilung geht, sondern um einen Menschen mit allen seinen sozialen und gesellschaftlichen Bezügen. Das ist gerade dann wichtig, wenn man den Mitarbeiter nicht immer geschätzt hat.
Tipp 5
Geben Sie ihm genügend Zeit für seine Reaktionen wie Wut oder Tränen: Bieten Sie gegebenenfalls ein weiteres Gespräch in ein paar Tagen an, wenn der Mitarbeiter sich wieder gesammelt hat.
Tipp 6
Seien Sie auch in den nächsten Tagen stets offen für weitere Fragen des gekündigten Mitarbeiters.

Das gezeigte Verhalten sei eine Bedrohung einer Arbeitskollegin, das hier durch nichts zu rechtfertigen sei und im vorliegenden Fall auch durch ein Verhalten der Auszubildenden auch nur ansatzweise provoziert worden sei. Dies habe der Arbeitgeber zu Recht mit dem Ausspruch einer fristlosen Kündigung geahndet.Klarmann empfiehlt, dieses Urteil zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. (www.vdaa.de) verweist.

Weitere Informationen und Kontakt:

Jens Klarmann, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und VdAA-Vizepräsident, c/o Passau, Niemeyer & Kollegen, Kiel, Tel.: 0431 974300, E-Mail: j.klarmann@pani-c.de, Internet: www.pani-c.de und www.vdaa.de