CW-Mittelstands-Gehaltsstudie

Kleine Firmen brauchen sich nicht zu verstecken

12.06.2003 von VON Hans
IT-Spezialisten verdienen in kleinen Unternehmen im Schnitt zehn bis 15 Prozent weniger als ihre Kollegen in großen Betrieben. Anders im Vertrieb und technischem Kundendienst: Hier zahlen die Davids der Branche besser als die Goliather.

NACHDEM DIE CW mit Towers Perrin aus Frankfurt am Main zur CeBIT die Gehälter der Führungskräfte unter die Lupe genommen hatte, waren diesmal die Einkommen der Mitarbeiter in mittelständischen Unternehmen Gegenstand der Untersuchung.

So verdient ein Einsteiger im IT-Beratungsumfeld bei einem kleinen Unternehmen mit weniger als 300 Millionen Euro Umsatz ein Grundgehalt von 33 667 Euro. Sein Zielgehalt ist um 33 Prozent höher und liegt bei 44 618 Euro. Das Grundgehalt umfasst alle Gehaltsbestandteile, die nicht durch die Leistung beeinflusst werden. Ein dreizehntes oder vierzehntes Monatsgehalt sowie Weihnachts- und Urlaubsgeld sind also eingeschlossen. Das Zielgehalt hingegen bildet die Summe aus Grundgehalt und variablen Bestandteilen wie Provisionen, Gewinnbeteiligungs-, Management- oder Leistungsboni. In einem großen Betrieb mit über 300 Millionen Euro Umsatz erreicht der ITEinsteiger ein ähnlich hohes Zielgehalt - im Durchschnitt 44 967 Euro - , allerdings beträgt der variable Anteil nur sieben Prozent. Im technischen Kundendienst kommt der Neuling auf 42092 Euro, in einem großen Unternehmen liegt er bei 41 618 Euro.

Auch im Vertrieb kommen die Mitarbeiter in kleinen IT-Unternehmen besser weg als in großen. Allerdings ist der Unterschied zwischen Grund- und Zielgehalt bei den Kleinen der Branche mit 50 Prozent sehr groß. Bei einemmageren Basiseinkommen von 34997 Euro kann der Verkäufer im Durchschnitt 52623 Euro verdienen. Towers-Perrin- Vergütungsberater Laurent Grimal erklärt das damit, dass die kleineren Firmen ein höheres Geschäftsrisiko tragen und danach trachten, die Fixkosten möglichst niedrig zu halten. „Kleine Firmen übertragen ihren Beschäftigten mehr Verantwortung als große“, sagt Grimal. Konsequenz sei, dass die Gehälter stärker an das Ergebnis und die Geschäftsentwicklung gekoppelt seien. Die Großen könnten auf einen breiteren Kundenstamm aufbauen, dadurch sei das Risiko und in der Folge auch der variable Anteil geringer.

Erfahrene Berater erreichen in kleinen Unternehmen im Durchschnitt ein Jahresgehalt von 70538 Euro. In großen Firmen verdienen sie weniger und streichen durchschnittlich 64128 Euro ein. Auch im technischen Kundendienst liegt der erfahrene Mitarbeiter imMittelstand mit 72 124 Euro vor seinemKollegen im großen Betrieb, der 63 099 Euro am Jahresende in der Tasche hat. Dank dem hohen variablen Anteil - 48 Prozent - können die Verkäufer im Mittelstand 83577 Euro durchschnittlich erzielen, in großen Firmen liegt das Gehalt bei 76608 Euro (variabler Anteil 36 Prozent).

Entwickler haben das Nachsehen

Die IT-Fachleute wie Entwickler, Datenbank- und Netzspezialisten verdienen um einiges weniger als die Berater und Verkäufer, und sie schneiden auch schlechter ab als ihre Kollegen aus großen Betrieben. So kommen die Juniorprogrammierer und Nachwuchs-Netzspezialisten auf ein durchschnittliches Salär von etwa 41 000 Euro, wobei der variable Anteil zehn Prozent ausmacht. Der Datenbankexperte kommt weniger gut weg und muss sich mit 32 343 Euro begnügen. Auch für die Erfahrenen wachsen die Bäumenicht in denHimmel. Der Programmierprofi verdient 48 877 Euro im Jahr, der Netzwerkspezialist immerhin 59 654. Der variable Anteil macht dabei jeweils 13 Prozent aus. Auch in dieser Kategorie hat der Datenbankfachmann das Nachsehen und verdient 40942 Euro im Jahr mit einem minimalen variablen Anteil von drei Prozent. Zieht man jetzt noch den Vergleich zu den Großunternehmen heran, so lässt sich sagen, dass die IT-Mitarbeiter bei den Großen im Durchschnitt zwölf bis 13 Prozent besser verdienen als im Mittelstand.

Grimal kommt zu dem Schluss, dass die mittelständischen IT-Hersteller ihre Computerfachleute im Durchschnitt zehn bis 20 Prozent besser bezahlen als die vergleichbaren Anwenderfirmen. Als wichtigste Gründe nennt der Vergütungsprofi, dass beim Anwender IT nicht Kerngeschäft ist und dass dieMitarbeiter oft etwas schlechter qualifiziert und die Aufgaben nicht so komplex sind wie bei den Herstellern. Oft setzen die Hersteller die anspruchsvollen Tätigkeiten für den Anwender um, und der IT-Abteilung bleibt dann noch der Support übrig. Auch Thomas Heyn, Partner bei der Personalberatung Jack Russell in München, schätzt denUnterschied zwischen Anwender- und Herstellereinkommen auf 15 bis 20 Prozent. Er empfiehlt aber, nicht nur den rein monetärenAspekt zu betrachten, sondern „das Gesamtpaket“. Damit meint er die in der Regel besseren sozialen Leistungen, eine höhere Arbeitsplatzsicherheit und geregelte Arbeitszeiten. Zudem sei es beim Anwender „eher ruhiger als beim Hersteller“, da nicht der permanente Verkaufsdruck zu spüren sei, der sich vor allem in Krisenzeiten besonders bemerkbar mache.

Kaum variable Vergütung

Einen Unterschied zwischen Anwendern und Herstellern, vor allem amerikanischen Softwaretöchtern, sieht Heyn in der variablen Vergütung. Der klassische Mittelstand ist erst dabei, sich mit diesemThema zu beschäftigen, und wenn es leistungsbezogene Elemente gibt, gelten sie höchstens für Führungskräfte. In der Softwarebranche seien zehn bis 20 Prozent variables Entgelt auch für Fachkräfte nicht ungewöhnlich. Stefan Klasen, Personalreferent bei der Hannoverschen Leben, bestätigt Heyns Einschätzung. Der mittelständische Versicherer aus Niedersachsen mit insgesamt 430 Beschäftigten, davon 46 in der IT, achtet neben attraktiver Altersversorgung und guter Betriebskantine vor allem auf eine geregelte Arbeitszeit: „Dass jemand bis 22 Uhr arbeitet, ist die große Ausnahme“. Klasen gibt zu, dass auch sein Unternehmen in der Boomzeit vor zwei Jahren die Gehälter überdurchschnittlich angehoben hat. Nun zahle man aber wieder nur Tarif, und außertarifliche Erhöhungen bildeten die Ausnahme. In den Genuss einer variablen Vergütung kämen nur die Führungskräfte.