Rationalisierungsdruck auf das Rechenzentrum:

Kienbaum: Der DV-Revisor kommt

25.01.1980

MÜNCHEN (bi) - Den Balken im eigenen Auge nicht zu erkennen, diesen Vorwurf müssen sich immer mehr EDV-Leiter von ihrem Management gefallen lassen. "Der DV-Revisor kommt", verkündet EDV-Personalmarktbeobachten Christian Näser von der Kienbaum Unternehmensberatung. Hintergrund: "Die Unternehmen haben in den letzten Jahren ihre EDV a wunderschön, Riesenapparate, haben aber nie geguckt was kostet das überhaupt'?"

Befragt. wie man in den Rechenzentren auf derartige Vorwürfe und den steigenden Druck von einem immer besser mit EDV-Fachwissen ausgerüsteten Management reagiere oder zu reagieren gedenke, traten drei RZ-Leiter prompt den Rückzug in den Windschatten des Betriebsrates an. Oder, zu hören von einem, der gerade in einer RZ-Rationalisierungsphase steckt: "Ich möchte nicht, daß meine Mitarbeiter aus der COMPUTERWOCHE erfahren, welche Konsequenzen sich für sie aus einer Hardware-Umstellung nebst Software-"Mechanisierung" ergeben."

Nun muß diese unausgesprochene aber deutliche Personaleinsparungstendenz auch im Rechenzentrum bei der derzeitigen EDV-Personalmarktlage niemanden schrecken. Näser: "Kein Alarmzeichen, jedenfalls nicht in den nächsten zwei Jahren." Gruppen, die aber jetzt unbedingt an Weiterbildung denken müßten, seien Nur-Programmierer, Arbeitsvorbereiter und Operatoren sowie Datentypisten. Das in einzelnen Unternehmen freiwerdende Personal werde auf jeden Fall auch langfristig aufgefangen werden.

Kein Alarmzeichen

EDV-Leiter Walter Kohlmann von MAN, Augsburg, fällt es schwer zu glauben, "daß aufgrund des technologischen Fortschritts bei der Hardware und durch Einsatz effektiver Verfahren in der Systementwicklung drastische Personal-Reduzierungen möglich sein sollen".

Vielmehr entwickelt sich nach Ansicht der meisten von der CW Befragten ein kontinuierlicher Prozeß der Leistungsoptimierung des RZ bei gleichbleibendem Personal ohne Brüche fort. Kohlmann: "Die meisten Betriebe haben in der Vergangenheit bereits große Anstrengungen unternommen, den Personalstand auf das notwendige Maß zu reduzieren. Mit weniger als drei Bedienungskräften je Schicht kann man einfach ein größeres Rechenzentrum mit Online-Betrieb und paralleler umfangreicher Batch-Verarbeitung nicht betreiben."

Versprechungen von Herstellerseile suggerieren bei Technologie- beziehungsweise Verfahrenswechsel zum Beispiel auf Dialogbetrieb höhere Effizienz. Und diese höhere Effizienz wird "ja ununterbrochen vom Management gefordert", konstatiert Willi Hartig von der Lastenausgleichsbank in Bad Godesberg. "Wir führen Datenfernverarbeitung ein, das ist sehr kompliziert; die Software wird immer komplizierter; das Betriebssystem wird komplizierter. Unsere Hardware ist den Bedürfnissen immer eine Nasenlänge voraus." Hartig würde auf Managementforderungen im Sinne von ,Weniger wäre mehr' "ausgesprochen sauer" reagieren. Personaleinsparungen sieht er nicht: "Schichten fahren ist ausgesprochen unsozial, das gehört nicht ins letzte Viertel unseres Jahrhunderts." Da spare man, weiß Hartig, auch nicht viel, "das haben wir oft genug durchgerechnet".