KPI-Nutzung

Kennzahlen im ITSM sind oft für die Katz'

13.12.2010 von Karin Quack
Im IT-Service-Management sind die Kennzahlensysteme häufig verbesserungsfähig. Die zur Verfügung stehenden Zahlen sind vielfach veraltet. Oder aber sie werden nicht richtig genutzt.
Foto: Exagon Consulting

Hinsichtlich der Key-Performance-Indikatoren (KPIs) im IT-Service-Management (ITSM) liegen oft Welten zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Das fand das Beratungsunternehmen Exagon Consulting mit Sitz in Kerpen durch die Befragung von IT- und Service-Verantwortlichen aus rund 230 mittleren bis großen Unternehmen heraus.

Immerhin gab die Mehrzahl der befragten Unternehmen an, im ITSM künftig stärker mit Kennzahlen als Steuerungsinstrument arbeiten zu wollen. Allerdings räumten viele ein, aktuelle KPIs derzeit nur in begrenztem Umfang zu nutzen - obschon sie deren erfolgskritische Bedeutung für as IT-Management durchaus zu würdigen wissen: Drei von fünf der IT-Verantwortlichen würden unterschreiben, dass KPIs immer wichtiger für das effiziente Management der IT werden; weitere 28 Prozent ordnen ihnen eine mittlere Bedeutung zu.

Aber im Augenblick verfügt offenbar erst jedes dritte Unternehmen über ein bedarfsgerechtes Kennzahlensystem. 41 Prozent der befragten Firmen setzen Kennzahlensysteme ein, die nach dem Bekunden der IT-Manager erheblichen Einschränkungen unterliegen. Und in einem von vier Unternehmen kommen gar keine oder nur fragmentarische KPI-Methoden zum Einsatz.

Sieben KPI-Sünden
Kennzahlensünden im ITSM
Dass das It-Service-Management Kennzahlen benötigt, ist spätestens seit Itil V3 unbestritten. Viele Unternehmen haben auch KPIs definiert. Aber sie nutzen sie nicht konsequent, so Joachim Fremmer, Geschäftsführer von Exagon Consulting.
Kennzahlen werden nicht aus den Business-Erfordernissen abgeleitet
Die Kennzahlen müssen die subjektiven Servicewahrnehmungen der Business-Kunden berücksichtigen. Doch das ist in der IT-Organisation aber selten anzutreffen. Stattdessen dienen die Konzepte oft der eigenen Qualitätslegitimierung.
Weniger ist manchmal mehr.
Die Entwicklung von Kennzahlensystemen mündet oft in der Lust auf immer mehr Kennzahlen. Wichtiger als die Menge an Informationen ist aber deren Nutzbarkeit. Deshalb sollte man sich auf eine begrenzte Anzahl gut beherrschbarer KPIs beschränken.
Transparenz ist nicht immer erwünscht.
Werden die Leistungswerte der IT-Prozesse analysiert, so treten auch Schwächen zutage. Das stößt in nicht immer auf Zuspruch. Deshalb werden aus opportunistischen Gründen of Kennzahlensysteme eingeführt, ohne sie ernsthaft zu nutzen.
Die Gründe für die Änderung von Kennzahlen werden vernachlässigt.
Steigende Kundenanforderungen, technische Probleme, neue Technologien oder Reorganisationen können die Leistungswerte massiv verändern. Häufig prüfen die Verantwortlichen nicht konsequent und systematisch, warum die Kennzahlen von den vorherigen Werten abweichen
Die Zusammenhänge von Kennzahlen sind nicht transparent
Die Bewertung von Leistungs- und Qualitätswerten ist begrenzt, solange die Wechselwirkungen zwischen unterschiedliche Kennzahlen nicht bekannt sind. Insofern ist es wichtig, über den Tellerrand einzelner Kennzahlen zu schauen und zu verstehen, wie sie sich gegenseitig beeinflussen.
Widersprüche in Kennzahlen werden einfach hingenommen.
In der Praxis erscheinen die Leistungsdaten von IT-Prozessen bisweilen nicht konsistent. Ab und an lassen sich sogar abweichende Kennzahlen für denselben Sachverhalt ausmachen. Solche Inkonsistenzen zu beseitigen ist mitunater aufwändig, weshalb eine Klärung nur halbherzig oder verzögert erfolgt.
Es gibt keine praktischen Handlungsempfehlungen.
Kennzahlen beschreiben im günstigsten Fall einen ausreichend verständlichen Status. Aber sie bieten selten Hilfestellungen für die Entscheidungsfindung. Pragmatische Handlungsempfehlungen im Sinne eines Maßnahmenkatalogs könnten die Analyse sinnvoll ergänzen.

Viele Kennzahlen sind veraltet

Foto: Exagon Consulting

Selbst dort, wo sich Kennzahlensysteme weitgehend etabliert haben, bleibt ihr Nutzen oft gering - meist deshalb, weil die Informationen veraltet sind: Nur jeder fünfte Betrieb ermittelt durchgängig aktuelle KPIs, und nicht einmal jeder vierte würde die Zahlen als "überwiegend aktuell" klassifizieren. Hierin dürfte der Grund dafür liegen, dass die Kennzahlen in den Kontinuierlichen Verbesserungsprozessen (KVP) nur sehr zurückhaltend verwendet werden. Nur ein Viertel der befragten Unternehmen setzt sie konsequent zu diesem Zweck ein. 44 Prozent tun das allenfalls "teilweise", 31 Prozent hingegen kaum oder gar nicht.

Der Schlüssel zum IT-Management

Exagon-Geschäftsführer Joachim Fremmer hält "intelligente" Kennzahlenmethoden für unabdingbar, um ein modernes Prozess-Management in der IT sei aufzubauen: "Nur so können Effektivität und Effizienz der einzelnen IT-Prozesse gemessen, mögliche Leistungsschwächen erkannt und potenzielle Risiken identifiziert werden." KPIs seien der Schlüssel, um im IT-Management dem Überblick zu behalten.

Gleichzeitig warnt Fremmer aber vor dem entgegengesetzten Reflex, allzu umfangreiche Kennzahlenmethoden etablieren zu wollen. "Der Differenzierungsgrad muss handhabbar und praxisgerecht bleiben." Es sei ein Fehler, ein "dschungelartiges System an KPIs" entwickeln zu wollen. Zudem plädiert Fremmer für einen strikten Blick auf den Nutzen: "Die IT-Prozesse stehen im Dienste der Business-Prozesse, also müssen die Kennzahlen aus dem konkreten Business-Bezug abgeleitet werden und dürfen keinen zu hohen Technikbezug aufweisen."

Die sieben KPI-Sünden

Spätestens mit der Verbreitung von Itil haben sich Kennzahlensysteme als Instrument zur Leistungssteuerung auch im IT-Service-Management durchgesetzt. KPIs sind ohnehin wesentlicher Bestandteil der aktuellen Itil-Version. Allerdings kommen sie vielfach noch nicht konsequent und fehlerfrei zum Einsatz. Joachim Fremmer, Geschäftsführer von Exagon Consulting, hat einige der typischen Kennzahlen-Sünden in der Praxis zusammengestellt:

Die IT-Prozesse stehen im Dienst der Business-Anforderungen. Demzufolge müssen die Kennzahlen die subjektiven Servicewahrnehmungen der Business-Kunden elementar berücksichtigen. Doch das ist in der IT-Organisation aber selten anzutreffen. Stattdessen sind die Kennzahlenkonzepte oft selbstbezogen, das heißt, sie dienen der eigenen Qualitätslegitimierung. Damit bleiben sie als Instrument der geschäftsbezogenen Leistungssteuerung weitgehend nutzlos.

Die Entwicklung von Kennzahlensystemen bekommt mitunter eine Eigendynamik. Daraus entsteht eine Lust auf immer mehr Kennzahlen und eine selbstverliebte Beschäftigung damit. Wichtiger als die Menge an analysierbaren Informationen ist aber der Aspekt der Nutzbarkeit. Kennzahlen müssen operabel bleiben. Deshalb ist es besser, sich auf eine begrenzte Anzahl gut beherrschbarer KPIs zu beschränken.

Werden die Leistungswerte der IT-Prozesse analysiert, so treten dadurch auch Schwächen zutage. Das ist zwar eines der Ziele, die mit KPIs verfolgt werden. Aber es stößt in der Praxis nicht immer auf Zuspruch, denn unbefriedigende Werte lösen Kritik und die Notwendigkeit von Begründungen aus. Deshalb werden aus opportunistischen Gründen of Kennzahlensysteme eingeführt, ohne sie jedoch ernsthaft zu nutzen.

Die IT-Organisation samt ihrer Prozesse ist ein dynamisches Gebilde. Steigende Kundenanforderungen in den Fachabteilungen, technische Probleme, Einsatz neuer Technologien oder Reorganisationen können die Leistungswerte massiv verändern. Um daraus Schlussfolgerungen ziehen zu können, müssen die Gründe präzise hinterfragt werden. Doch häufig prüfen die Verantwortlichen nicht konsequent und systematisch, warum die Kennzahlen von den zuvor gemessenen Werten abweichen.

Die Bewertung von Leistungs- und Qualitätswerten ist begrenzt, solange die Wechselwirkungen zwischen unterschiedliche Kennzahlen nicht bekannt sind. Dann fehlt nämlich das Verständnis für die Gesamtsituation ausreichend. Insofern ist es wichtig, über den Tellerrand einzelner Kennzahlen zu schauen und zu verstehen, wie sie sich gegenseitig beeinflussen.

In der Praxis fällt erscheinen die Leistungsdaten von IT-Prozessen bisweilen nicht konsistent. Ab und an lassen sich sogar abweichende Kennzahlen für denselben Sachverhalt ausmachen. Dafür kann es vielfältige Ursachen geben - bis hin zur unzureichenden Definition von KPIs. Solche Inkonsistenzen zu beseitigen ist mitunater aufwändig, weshalb eine Klärung nur halbherzig oder verzögert erfolgt. Allerdings ist es gefährlich, bewirkt widersprüchliche Kennzahlen zu ignorieren - selbst wenn es nur temporär ist. Das gilt vor allem für die Leistungsdaten von IT-Prozessen mit geschäftskritischer Bedeutung.

Wer sich auf bloße Zahlen in den Reports beschränkt, lässt den Mitarbeiter allein. Die Kennzahlen beschreiben im günstigsten Fall einen ausreichend verständlichen Status. Aber sie bieten selten Hilfestellungen für die Entscheidungsfindung. Sinn der Übung ist es doch, die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Pragmatische Handlungsempfehlungen im Sinne eines Maßnahmenkatalogs könnten die Analyse sinnvoll ergänzen, weil sei die konstruktive Nutzung der Kennzahlen erst ermöglichen.

Bild: Kheng Guan Toh, Fotolia.com