Keine Zukunft für Aktienoptionen?

10.10.2002 von Katja Müller
Nach den Bilanzskandalen in Konzernen wie Enron und Worldcom drängen institutionelle Investoren darauf, dass Unternehmen die Aktienoptionen ihrer Mitarbeiter in der Gewinn- und Verlustrechnung ausweisen. Dies könnte das Aus für das langfristige Anreizmodell bedeuten, da die Bilanzierung das Unternehmensergebnis schmälert.

Aktienoptionen als Form der Mitarbeiterbeteiligung gelten europaweit als beliebtestes Anreizmodell mit langjähriger Perspektive. Nach einer Umfrage der Mercer Human Resource Consulting unter 92 Firmen bieten europäische Unternehmen ihrer Belegschaft entweder vorrangig oder sogar nur dieses Programm an. An zweiter Stelle nannten die befragten Konzerne Aktiensparpläne. Dafür zweigen Mitarbeiter bis zu zehn Prozent ihres monatlichen Gehalts für den Kauf vergünstigter Aktien ab, die sie später wieder veräußern können.

Schon bald könnten langfristige Anreizmodelle für die Unternehmen jedoch an Attraktivität verlieren. Das britische International Accounting Standards Board (IASB), in dem auch der Deutsche Standardisierungsrat (DSR) für Rechnungslegung mitwirkt, empfahl, dass Firmen ihre Aktienoptionen in der Gewinn- und Verlustrechnung ausweisen sollten. Auch Aktionäre übten zunehmend Druck auf die Gesellschaften aus, derartige Optionen zu rechtfertigen und im Zusammenhang mit den Unternehmensergebnissen zu erläutern.

Für die Konzerne bedeutet das allerdings, dass sie weniger profitabel erscheinen. In den USA werde laut Mercer bereits heftig über die Bilanzierung von Aktienoptionen diskutiert. „Befürworter erwarten, dass die enormen Summen, die Topmanager durch Aktienoptionen erhalten, auf ein angemessenes Maß sinken. Gegner befürchten, dass es vor allem den kleinen Mann träfe, während sich die Anderen die Taschen füllen“, erklärt Mercer-Beraterin Rodia Dimbath.

In einer dort gestarteten Umfrage unter 200 Firmen lehnen 57 Prozent der Hightech-Unternehmen die Eintragungspflicht ab, ebenso 38 Prozent der kleineren Firmen. Insgesamt halten fast ein Drittel der Befragten die Bilanzierung von Aktienoptionen für „nicht angemessen“. Lediglich zwölf Prozent erklärten, es sei der richtige Weg. 87 Prozent rechnen damit, spätestens in fünf Jahren über ihre Aktienoptionen Rechenschaft ablegen zu müssen.

Umdenken in den USA

Die Konzerne würden sich daher auf andere Formen der Mitarbeiterbeteiligung besinnen, prophezeit Dimbath: „Es wird zwar noch Aktienoptionen geben, aber amerikanische Unternehmen denken zunehmend über Cash-Pläne nach.“ Dabei belohnen die Firmen ihre Mitarbeiter mit barem Geld, wenn sie ihre langfristigen Zielvereinbarungen erfüllen. Ein Drittel der befragten Unternehmen gaben an, die Zahl der zuzuteilenden Aktienoptionen zu reduzieren. Etwa ein weiteres Drittel der Firmen will den Personenkreis, der an solchen Plänen teilnimmt, einschränken.

Rund 45 Prozent erwägen, die Aktienoptionen durch andere Programme, wie Belegschaftsaktien, zu ersetzen. Europäische Konzerne kämpfen laut Mercer noch mit weiteren Schwierigkeiten: Möchten deutsche, britische oder niederländische Unternehmen ihren Mitarbeitern langfristige Aktienmodelle anbieten, müssen sie sich an länderspezifische Performance-Kriterien halten, was einer europaweit einheitlichen Regelung im Weg steht.

Firmen dürfen beispielsweise erst dann Wertpapiere an die Belegschaft veräußern, wenn der Kurs der Aktie eine bestimmte Höhe erreicht hat. Ferner müssen sie deren Entwicklung mit der des Deutschen Aktienindex (Dax) vergleichen. „Der Druck der institutionellen Investoren bewirkt, dass britische Unternehmen ihre Optionen an bestimmte Leistungskriterien knüpfen. Es ist anzunehmen, dass auch die restlichen europäischen Länder in diese Richtung gehen“, kommentiert Piia Pilv, European Principal bei Mercer.

Damit Aktienoptionen überhaupt noch sinnvoll sind, beginnen europäische Konzerne, ihre globalen Pläne so weit wie möglich den lokalen Gegebenheiten anzupassen. In der europaweiten Umfrage erklärten bereits die Hälfte der Unternehmen mit Sitz in Schweden sowie 40 Prozent der befragten Firmen in der Schweiz, ihre Pläne entsprechend zu modifizieren