Domainnamen-Management ist Pflicht

Keine Chance für Cyber- und Typosquatter

19.03.2008 von Bernd Beiser
Ein ausgereiftes Domainnamen-Management ist ein wichtiges Marketing-Instrument: Es unterstützt Corporate Branding und Kundenbindung, reduziert Kosten und schützt vor den Folgen des Cyber- und Typosquatting.

Rund 120 Millionen Domainnamen verwaltet die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (Icann) derzeit auf der ganzen Welt. Der gemeinnützigen Organisation obliegt das Management des Domain Name Systems (DNS). Während die Icann sicher stellt, dass jede Internet-Adresse einzigartig und die Domainnamen den entsprechenden IP-Adressen zugeordnet sind, ist für Auswahl und Management der genutzten Domainnamen das jeweilige Unternehmen zuständig.

Domainnamen fungieren als wichtiges Bindeglied zwischen Online- und Offline-Geschäften. Der Name einer Webseite entscheidet über den Erfolg von Marketing-Aktivitäten und beeinflusst das Corporate-Branding. Er steht somit für die Identität der Organisation. Die Relevanz der Domainnamen-Verwaltung lässt sich anschaulich in der Werbung nachvollziehen: 80 Prozent der Printanzeigen, 70 Prozent der Fernsehreklame und immerhin 22 Prozent aller ausgestrahlten Radiospots enthalten inzwischen einen Domainnamen. Gute Beispiele für ein durchdachtes Domainnamen-Managements sind Amazon.com als Synonym für den Internet-Buchhandel oder Ebay.com, das in punkto Bekanntheit einen Vergleich mit den Auktionshäusern Christie´s oder Sotheby´s nicht scheuen muss.

Wer zuerst kommt …

Soweit die Theorie. In der Praxis ist die Domainnamen-Verwaltung alles andere als wohl geordnet. Anders als in der klassischen Geschäftswelt, in der weltweite Gesetze und Vorschriften den Schutz von Markenrechten gewährleisten, herrschen hinsichtlich der Vergabe und der Verwaltung von Domains Zustände wie ehemals im Wilden Westen. Dies liegt in erster Linie daran, dass Unternehmen, die Namensrechte an Produkten oder Dienstleistungen haben, nicht automatisch auch die Domainnamen beanspruchen können.

Wer das Domainnamen-Management vernachlässigt, muss mit bösen Überraschungen rechnen, meint Bernd Beiser, Geschäftsführer der NetNames GmbH
Foto: NetNames GmbH

Den Zuschlag für Domains bekommt vielmehr der Antragsteller, der am schnellsten reagiert. Ein Prinzip, das in der Vergangenheit mehrfach für heftige Streitfälle sorgte. So genannte Cybersquatter, auch als "virtuelle Hausbesetzer" bezeichnet, nutzen die Schwachstelle bei Domain-Vergabe und -Management aus, um Namen zu registrieren, die Begriffe bekannter Hersteller und Marken enthalten oder zumindest ähneln (siehe auch: "Bedrohung durch Markenmissbrauch im Internet steigt")

Ihr Ziel ist es, billig erworbene Domainnamen meistbietend zu veräußern. Häufig verwenden sie Schreibweisen mit Bindestrich, freie Domain-Suffixe wie etwa ".org" oder ".net" und sogar Ruf schädigende Domainnamen, die auf das Unternehmen schließen lassen. So setzen sie Firmen unter Zugzwang, weil potenzielle Kunden auf vollkommen falschen Webseiten landen. Zu diesem Zweck durchleuchten Betrüger das Netz permanent nach gewinnbringenden Neuigkeiten und registrieren nur wenige Minuten später passende Domainnamen.

Beispiel Microsoft: Der Softwarekonzern musste sich lange Zeit gegen die Domain www.exbox.com wehren. Der Betreiber dieser Seite hatte es auf ein Stück vom Kuchen für die populäre Spielkonsole Xbox abgesehen. Eine weitere Microsoft-nahe Seite, www.windowsexp.com, führte die Anwender zu pornografischen Inhalten, während selbst die Domain www.billgates.com nicht etwa dem Microsoft-Gründer, sondern einem Cybersquatter aus Florida zugesprochen wurde. Eher kurios mutet ein anderer Fall an: 2004 hatte Microsoft einen 17jährigen Kanadier vor Gericht zitiert, der die Seite www.mikerowesoft.com sein Eigen nannte - der Name des Studenten lautete Mike Rowe.

Dieselben Absichten hegen Typosquatter, die Domainnamen mit "Tippfehlern" registrieren. Ihre Methode: Sie melden Internet-Adressen bekannter Anbieter mit einem Schreibfehler an, um so unbedarfte Anwender auf die falsche Fährte zu locken. Dort befindet sich nicht selten ein dubioser Webshop, der bestenfalls eigene Produkte, schlimmstenfalls aber Raubkopien oder Plagiate anbietet.

Ende 2007 hatte etwa der Russe Sergej G. die Adresse www.googkle.com registrieren lassen, um von solchen Tippfehlern zu profitieren. Gefährlich werden diese Machenschaften spätestens dann für Verbraucher, wenn Betrüger Schadprogramme wie Trojaner von ihren Internet-Seiten aus auf die Rechner der Kunden übertragen, um an sensible Daten zu kommen - oder aber, wenn gefälschte Waren beworben werden. Grundsätzlich gilt: Je populärer das Unternehmen, die Technologie oder das Produkt, desto verlockender auch das Cyber- beziehungsweise Typosquatting.

Nach der Registrierung beginnt die Arbeit

Dass es nicht so weit kommen muss, belegen durchdachte Domainnamen-Strategien. Sie schützen Unternehmen sowie Verbraucher und erleichtern eine kontinuierliche Verwaltung des Online-Auftritts. Wesentlich aufwändiger und kostenintensiver als die Registrierung bei Icann gestalten sich das Verwalten der Domainnamen und das Vermeiden von Fehlern. Das ist besonders dann schwierig, wenn Hunderte bis Tausende von Webseiten für eine internationale Präsenz administriert werden müssen und ein transparenter Überblick über die zahlreichen Adressen nicht gegeben ist. Es gilt, Fragen zu Umfang, Verantwortlichkeiten und Verlängerungsfristen stets beantworten zu können, Registrierungen zeitnah zu erneuern, Schreibfehler zu berücksichtigen und neue Produkte rasch ins Domainnamen-Konzept zu implementieren.

Zunächst müssen alle für das Unternehmen aktuell relevanten Domains über Registry Operatoren und Registratoren verwaltet werden. In einem nächsten Schritt lassen sich einzelne Domainnamen unter einem bevorzugten Anbieter zusammenführen. Ein einheitlicher Richtlinienkatalog innerhalb des Unternehmens und eine konsistente Vorgehensweise für alle Domainnamen sorgen für den nötigen Überblick.

Dieser Richtlinienkatalog nennt Verantwortlichkeiten, ordnet Prozesse und legt Namen samt Schreibvarianten und künftigen Produkte oder Dienstleistungen fest. Das bedeutet: Eine durchdachte Domainnamen-Verwaltung schließt die Suche nach neuen Domainnamen ein, die das geistige Eigentum und die Branding-Entwicklung des Unternehmens beeinflussen. Darüber hinaus ist es ratsam, die Einführung neuer Domain-Suffixe zu beobachten. Die geringe Anzahl der Vorab-Registrierungen für .asia zeigt beispielsweise, dass viele Unternehmen hier noch Nachholbedarf haben.

Maßnahmenkatalog für Domainnamen-Management

Folgende Schritte gilt es unbedingt zu beachten:

Das Weiße Haus in Washington übrigens hatte versäumt, sich die .com-Adresse zu reservieren. Zahlreiche Anwender landeten nach der Eingabe von www.whitehouse.com in einem Verzeichnis für Internet-Adressen und heute auf einer kommerziellen Seite, www.whitehouse.org hingegen konzentriert sich auf satirische Inhalte über US-Präsident George W. Bush. Die korrekte Domain des amerikanischen Regierungssitzes lautet www.whitehouse.gov.

Siemens, so zeigt die Whois-Recherche, hat seine Domainnamen gut gesichert.

Als erste Informationsquelle für Domainnamen eignet sich wie bereits erwähnt WHOIS. Die Site nutzt ein verteiltes Datenbanksystem und gibt Aufschluss über Domainnamen, die registrierte Person sowie deren Kontaktdaten. Haben Unternehmen ihre Hausaufgaben erledigt, sollte ihr Domainnamen-Management in einem kontinuierlichen Qualitätscheck münden. Dieser sollte das regelmäßige Überprüfen und Erneuern aller Domainnamen des Unternehmens enthalten.

Bei einem Missbrauch von Domainnamen sollte unverzüglich mit der Beweisaufnahme über die betreffende Webseite begonnen werden. Dazu gehört das Ausdrucken sämtlicher Webseiten, deren Links und Destinationen. Ebenso müssen WHOIS-Informationen notiert und E-Mails von Kunden und Mitarbeitern archiviert werden, die weiteren Aufschluss liefern können. Recherchen über bereits inaktive Domains ermöglicht www.archive.org. Diese Webseite archiviert älteren Web-Content chronologisch und gestattet so die tagesgenaue Suche nach Veränderungen. Um eine aktive Domain genauer zu analysieren, bietet sich die Recherche der Metadaten an.

Oft nutzen Cybersquatter die Methode des Word-Stuffing, um Webseiten in Suchmaschinen möglichst prominent platzieren zu können. Dabei handelt es sich um eine Vorgehensweise, nach der bestimmte Suchbegriffe "unsichtbar" in die Webseite integriert werden. Eine Untersuchung der Metadaten bringt diese Inhalte ans Licht. Mit diesen Informationen lassen sich dann rechtliche Schritte gegen den Betreibern einleiten. (hv)