Business Case fraglich

Keine BI-Strategie für iPad & Co.

22.02.2012 von Thomas Pelkmann
ROI-Berechnungen und Einsatzszenarien für mobile Business Intelligence fehlen noch - die Nachfrage auch. In Kürze erwartet Forrester allerdings den Aufschwung.
Die Mehrheit der Unternehmen hat noch keine Mobilstrategie. Selbst wo es eine gibt, deckt sie das Thema Business Intelligence meist nicht ab.
Foto: Frank Gärtner - Fotolia.com

Noch gehen mobiles Arbeiten und Business Intelligence nicht so richtig zusammen. Der Nachfrageboom und die Wirkung mobiler Geräte auf die Unternehmensstrategie werden das aber schon bald ändern, schätzt Forrester-Research-Analyst Boris Evelson in der Studie "A Practical How-To Approach To Mobile BI". Grund genug für die Profis, neue Lösungen jetzt zu entwickeln oder bereits vorhandene zu evaluieren. Die Informationen aus Prozessen und Firmendaten, fordert Forrester, sollen so schon bald auch mobilen Wissensarbeitern zur Verfügung stehen.

Dieser Aufforderung möchten viele Unternehmen aber noch nicht folgen: Einer anderen Forrester-Studie zufolge verfolgen 57 Prozent der Unternehmensverantwortlichen bislang keine Mobilstrategie oder fangen gerade erst an, eine zu entwickeln. Bei vielen ist zudem dort vor allem der Umgang mit E-Mail, Kalender und Adressbuch festgeschrieben, nicht aber fortgeschrittenere Tätigkeiten wie Kundenmanagement oder eben Business Intelligence.

Nachfrage bisher gering

Die am meisten verbreitete Unternehmensanwendung im Mobilbereich - Verkaufs- und Außendienst-Applikationen - sind auch nur bei 15 Prozent der befragten Unternehmen im Einsatz, alle anderen fallen in einen niedrigen einstelligen Prozentbereich.

Die geringe Nachfrage nach mobilen BI-Lösungen spürt auch Forrester selber: In den vergangenen zwei Jahren habe es gerade einmal 50 Anfragen an die Forrester-Analysten zu diesem Thema gegeben, schreibt Studienautor Boris Evelson. Das entspricht nur drei Prozent aller Anfragen zu BI. Und die meisten kamen überdies nicht von Kunden; es waren vor allem Hersteller und Consultants, die sich über die Marktchancen ihrer Lösungen erkunden wollten.

Die besten Tablets der CES 2011
Motorola Xoom
Das erste Motorola-Tablet läuft mit Android 3.0, besitzt ein 10,1 Zoll großes Display und verfügt über eine Dual-Core-CPU mit 1 GHz Taktfrequenz.
Blackberry Playbook
Das Blackberry Playbook mit Blackberry Tablet OS soll im ersten Quartal in den USA und im darauffolgenden Quartal dann weltweit auf den Markt kommen.
IdeaPad U1
Das Ideapad ist ein Notebook mit abnehmbaren Tablet-PC und läuft - je nach Modus mit Windows 7 oder Linux.
Samsung Sliding PC
Der Samsung Sliding PC ist ein Hybrid-Rechner auf Windows-7-Basis.
Acer Iconia Touchbook
Das Acer Iconia Touchbook besitzt zwei 14 Zoll große Touchscreens, aber keine physische Tastatur.
Cisco Cius
Das Cisco-Tablet mit Android-Betriebssystem kann sowohl im Office wie auch unterwegs eingesetzt werden.
Motion CL900
Das 10,1-Zoll-Tablet Motion CL900 ist mit einem Intel-Atom-Prozessor ausgestattet und läuft mit Windwos 7.
Asus EeePad Transformer
Der Asus Eee Transformer ist eigentlich ein Netbook, lässt sich aber dank des abnehmbaren Keyboards in ein Tablet verwandeln.
Asus EeeSlate EP121
Für Anwender, die Windows einsetzen (müssen), hat Asus den EeeSlate EP121 neu im Programm. Das Gerät hat ein 12,1 Zoll großes Multitouch-Display, lässt sich statt mit den Fingern aber auch mit einem Stift bedienen.
Dell Streak 7H
Das Dell Streak 7 ist der große Brunder des Streak 5 und funkt mit HSDPA+
Motorola Atrix 4G
Interessantes Konzept: Besonderheit des Motorola Atrix 4G ist eine optional erhältliche Docking-Station, bestehend aus einem klappbaren Display und Tastatur, die das Smartphone zu einem vollständigen Notebook-Ersatz machen soll.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation CIO. (ph)

Aus Sicht der Analysten gibt es drei Gründe für diese bescheidene Bilanz bis hierher: Bisher haben Smartphones nicht die Umgebung geboten, die für die Arbeit mit BI-Anwendungen nötig wäre. Während BI-Suiten vom Desktop aus bereits mit mobilen Anwendungen zusammen arbeiteten, ließen die mobilen Endgeräte adäquate Ausstattungen für Anzeige, Analyse und Interaktion mit den empfangenen Informationen noch vermissen.

Im Unterschied zu schlichten mobilen Anwendungen seien die Anforderungen für mobile BI zudem ambitioniert: BI-Apps müssten die Möglichkeit für komplexe Interaktionen mit den Geschäftsdaten erlauben. Winzige Tasten sowie begrenzte Steuerung über berührungsempfindliche Kleinstbildschirme würden genau das aber verhindern.

Der Business Case für mobile BI ist nicht einfach zu formulieren

Außerdem sei es noch immer schwer, einen Business Case für mobile BI zu formulieren. Schon im traditionellen Desktop-BI sei es aufgrund der komplexen Technologieanforderungen nicht einfach, einen ROI für Projekte zu formulieren, meint Forrester. Bei mobilen BI-Anwendungen sei das noch schwerer, weil sie mit bestehender Infrastruktur nicht auskommen und neue Investitionen in Technik notwendig machen.

Da sich die Einführung solcher Technik nicht mit Kosteneinsparungen begründen lässt, muss BI hier direkte Auswirkungen auf Geschäftsergebnisse (bessere Kundenzufriedenheit oder verbesserte Cross-Sellings) zeigen. Das aber fällt schon der traditionellen BI schwer.

Schließlich lasse die Sicherheit mobiler Endgeräte immer noch zu wünschen übrig. Alles, was sich außerhalb der Unternehmens-Netze befindet, ist potenziell unsicher, schreibt Forrester und meint damit nicht nur mobile Geräte, sondern auch Cloud-Anwendungen. Für BI, wo in der Regel vertrauliche Firmendaten verarbeitet werden, gilt das in besonderem Maße: Befinden sich diese Daten auf mobilen Endgeräten, können sie bei Verlust und Diebstahl schnell in falsche Hände geraten. IT-Abteilungen müssen - das kommt schließlich noch erschwerend dazu - mit Endgeräten aus der Consumer-Klasse umgehen, was das Ausrollen unternehmensweiter Sicherheitsstandards nicht leichter macht.

Aber nicht einmal Forrester leitet aus diesen misslichen Umständen Vorbehalte gegen mobiles Arbeiten im allgemeinen und mobile BI im Besonderen ab. Im Gegenteil: Die nächste Generation mobiler BI-Anwendungen werde die Business Intelligence revolutionieren, schwärmt Boris Evelson. Dazu würden zum Beispiel Tablet-PCs beitragen, die im Gegensatz zu den meisten Smartphones einen viel besseren Formfaktor für mobile BI böten.

Trotz Bedenken: Firmen sehen mobile Zukunft für BI

Zwischen einem Viertel und einem Drittel aller von Forrester befragten Unternehmensverantwortlichen wollen iPad & Co. mit Anwendungen für mobile BI ausstatten. Zusammen mit den 41 bis 45 Prozent, die sich ebenfalls interessiert zeigen, aber noch keine konkreten Pläne verfolgen, sei das ein großes Potenzial, schlussfolgert Forrester. Zudem seien Bildschirmgröße und Qualität der Berührungssteuerung wie geschaffen für mobile Geschäftsanalysen, jubeln die Analysten. In drei bis fünf Jahren werden diese Art mobiler Endgeräte Notebooks und Laptops mindestens bei mobiler BI in den Schatten gestellt haben, wagt Forrester eine eindeutige Vorhersage.

Aus diesen optimistischen Prognosen formuliert Forrester sieben erfolgversprechende Szenarien für die Benutzung mobiler Endgeräte. Dazu zählen eine verbesserte Kunden- und Partnerbindung, schnellere Reaktionsmöglichkeiten durch "Überall-BI", bessere Verfügbarkeit für Geschäftsanalytik jenseits traditioneller BI-Suiten und der Nutzen des "Coolness-Faktors" dieser Geräte in der Kommunikation mit Kunden, Geschäftspartnern und Mitarbeitern.

Und weil das alles so schön ist, rät Forrester den Unternehmen, spätestens jetzt mit Mobile BI anzufangen: Die Geräte sind da, und sie funktionieren angemessen. Zudem bieten alle führenden BI-Produzenten mobile BI-Anwendungen, -Architekturen und lieferfertige Umgebungen an.

Um aus dem vorhandenen Angebot das richtige zu finden, gibt Forrester-Analyst Boris Evelson die folgenden Empfehlungen:

5 Forrester-Empfehlungen für BI-Lösungen

  1. Unterstützt die Lösung unterschiedliche visuelle Abfragetypen? Solch’ vielseitige Lösungen erforderten mehr als einfache Datenbankabfragen, schreibt Evelson.

  2. Bietet die Lösung sensor-basierte Abfragen? Nicht alle Abfragen müssen über Keyboard und Touchscreen erfasst werden. Es seien auch Input über Barcode-Scanner, GPS-Ortung und Beschleunigungssensoren denkbar, so Evelson über ungewöhnliche, aber modernen Tablet-PCs angemessene Queries.

  3. Bezieht die mobile BI-App geografische oder raumbezogene Daten in die Analytik ein? Es sei oft anschaulicher, wenn Kartenmaterial mit Abfrageergebnissen verbunden werde, um Ergebnisse zu verdeutlichen, schreibt Forrester.

  4. Sinnvoll sei auch eine Verbindung von BI-App und anderen Anwendungen wie Adressbuch, Kalender und E-Mail, um unter Umständen schnell Daten und Dokumente in die BI-Anwendung integrieren und mit anderen Anwendern und Nutzern kommunizieren zu können.

  5. Unterstützt die von Ihnen anvisierte BI-App neben traditionellen Bedienelementen wie Buttons, Popup-Menüs oder Scrollbalken auch gerätespezifische Funktionen wie Zoomen, Drehen, Ziehen?

Schließlich empfiehlt Forrester den Unternehmen, sich strategisch auf mobiles Arbeiten, auch mit Business-Intelligence-Lösungen, vorzubereiten. Darunter finden sich die folgenden Tipps:

4 Ratschläge für die BI-Strategie

  1. Zäumen Sie das Pferd nicht vom Schwanz her auf. Mobile BI ist nur ein kleiner Teil einer größeren unternehmensweiten BI-Strategie, die wiederum auch nur der sichtbare Teil einer sehr viel umfassenderen Architektur und Infrastruktur für Information Management ist. Versuchen Sie nicht, eine Strategie für mobile BI zu formulieren, bevor Sie nicht die Hausaufgaben etwa in Bezug auf Datenintegration, Datenqualität und die Fähigkeit der Datenhaltung insgesamt gemacht haben.

  2. Schaffen Sie einen starken Business Case mit einem belastbaren ROI um die mobile BI. Es ist schwer, den Coolness-Faktor mit einzubeziehen. Wer das nicht tue, diskreditiere mobile BI-Apps von vorneherein als Spielzeuge fürs Management und sinnlos fürs Geschäft.

  3. Integrieren Sie mobile BI-Apps in Ihre übrigen mobilen Anwendungen für CRM, ERP und anderes. Achten Sie darauf, ob der Anbieter der von Ihnen favorisierten BI-Lösung Entwicklerpakete (SDKs) anbietet, mit deren Hilfe Sie die Lösung an andere Anwendungen andocken können.

  4. Auch wenn berührungsempfindliche Displays prima funktionieren: Beachten Sie beim Design von Dashboards und Abfragen, dass die Bildschirmfunktionen trotzdem limitiert sind. Dashboards müssen intuitiv zu bedienen sein sowie übersichtlich und ordentlich aussehen. (CIO/ph)