Portrait Sage

Keine Angst vor Microsoft

25.10.2004 von Christoph Lixenfeld
Bei betriebswirtschaftlicher Software, da sind sich alle Experten einig, besteht noch Nachholbedarf im Mittelstand. Davon profitieren will auch der britische Hersteller Sage.

AN SELBSTBEWUSSTSEIN mangelt es Peter Dewald nicht. „Wir machen nicht gleich eine Krisensitzung, wenn Microsoft ankündigt, dass sie sich noch stärker im Mittelstandssegment engagieren wollen“, so der Geschäftsführer von Sage in Deutschland. „Wir haben mehr als 20 Jahre Erfahrung auf diesem Gebiet und wissen genau, was diese Kundschaft braucht.“ Dewald spricht damit vor allem für den deutschen Markt. Denn die Sage-Gruppe ist zwar ein britisches Unternehmen, aber fast alle ihre ERP-Produkte wurden hierzulande entwickelt und kamen erst durch den Aufkauf der Herstellerfirmen in die Hände der Engländer. Das gilt auch für die wichtigste Produktlinie, die KHK Classic Line. Sage hatte 1997 das Frankfurter Unternehmen KHK übernommen. Dessen Programme waren so zentral für die neue Mutter, dass diese fortan ihr gesamtes ERP-Geschäft unter dem Namen Sage KHK betrieb. Seit Beginn dieses Jahres firmiert man jetzt nur noch als Sage.

Als Grund für diesen Schritt führt das Unternehmen die weiteren Zukäufe in den vergangenen Jahren an; man habe mittlerweile so viele Töchter, dass es keinen Sinn mehr mache, nur eine davon im Firmennamen zu führen.

Die Namen der ehemals eigenständigen Unternehmen leben allerdings in den unzähligen Produktlinien weiter. So gibt es zum Beispiel neben der „KHK Classic Line“ auch „GS Auftrag“, eine Entwicklung der Sage-Tochter Gandke& Schubert, oder Primus 2000 vom Handwerksspezialisten Primus. Mit diesem Sortiment ist Sage nach Einschätzung der Beratungsgesellschaft Pierre Audoin Consultants (PAC), die regelmäßig den ERP-Markt analysiert, in Deutschland Marktführer bei Unternehmenssoftware für Firmen mit bis zu 200 Mitarbeitern.

Partnerkonzept überarbeitet

Kern des Sortiments bildete ursprünglich - wie bei anderen Anbietern auch - ein handelsübliches Buchhaltungsprogramm, das sich im Laufe der vergangenen fünf Jahre durch das Hinzufügen immer weiterer Funktionen zu einer kompletten Unternehmenssoftware mauserte. Heute liefert Sage sämtliche Glieder der ERP-Kette: CRM gehört ebenso dazu wie Personalwesen, Produktionsplanung, Controlling und E-Business; sogar eine Schnittstelle zu eBay wird auf Wunsch geliefert. Dabei funktionieren die Produkte nach dem Baukasten- Prinzip: Für jede Funktion im Unternehmen kann ein Software-Modul erworben werden, wobei diese Module aufeinander abgestimmt sind und im Zusammenspiel sämtliche Funktionen im Unternehmen steuern. Weil die Komplexität des Sortiments rasant anstieg und auch die Kunden immer anspruchsvoller wurden, änderte man das Vertriebskonzept. Ursprünglich vergab man Lizenzen an Händler, die diese „Out-of-the-Box“ an die Kundschaft weitergaben. Auf diese Weise arbeitete man mit etwa 3000 Partnern zusammen, zur Kundschaft selbst hatte der Hersteller allerdings keinen Kontakt. Doch diese Struktur war nicht zu managen, und viele der Verkaufsstellen zeigten sich von der rasant steigenden Komplexität der Produkte überfordert. Heute hat Sage noch etwa 500 autorisierte Händler, und die müssen sich regelmäßigen Schulungen und Tests unterwerfen, wenn sie ihre Lizenz behaltenwollen.

Sage will unter seinen Lizenznehmern die Spreu vom Weizen trennen und diejenigen stärken, die die Bedeutung des Service in diesem Geschäft begriffen haben. Denn obwohl viele Mittelständler, wie Peter Dewald betont, ihr Geschäft noch immer gänzlich ohne ERP-Software abzuwickeln versuchen, läuft die Neukundenakquise auch bei Sage eher zäh. Stattdessen macht man 80 Prozent des Umsatzes mit Bestandskunden. Dennwer sich im Grundsatz schon von den Vorzügen einer Unternehmenssoftware überzeugt hat, der investiert auch mal in zusätzliche Module oder versucht, durch Service und Updates die Leistungsfähigkeit seines Systems zu optimieren. (uk)