Entlassung ist nicht treuwidrig

Kein Verzicht auf Probezeit - Kündigung rechtens

28.10.2010 von Renate Oettinger
Ein Arbeitnehmer, der im Arbeitsvertrag die Probezeit vertraglich akzeptiert, kann sich bei seiner Entlassung nicht auf das Kündigungsschutzgesetz berufen.
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Wer ausweislich des Wortlauts des Arbeitsvertrages ausdrücklich nicht auf die Probezeit verzichtet, kann sich bei einer Kündigung nicht auf die Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes berufen. Darauf verweist der Kieler Fachanwalt für Arbeitsrecht Jens Klarmann, Vizepräsident des VdAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf ein am 11.03.2009 veröffentlichtes Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein (LAG Az.: 3 Sa 355/08).

Der Fall

In dem Fall stritten die Parteien über die Wirksamkeit einer Kündigung in den ersten vier Wochen eines Arbeitsverhältnisses. Nach der Vorstellung übergab der Arbeitgeber in dem Fall dem Kläger im Rahmen des am 18.01.2008 geführten Gespräches einen schriftlichen Arbeitsvertrag zur Unterzeichnung, der u. a. auch vorsah, dass Ergänzungen und Änderungen dieses Vertrages der Schriftform bedürfen. Der Kläger sprach die ausgewiesene Probezeit an und bat, diese zu streichen.

Hierzu kam es im weiteren Verlauf jedoch nicht, weil der neue Arbeitgeber dies nicht wollte. Der Kläger nahm den Arbeitsvertragstext an sich. Er wollte sich die Unterzeichnung überlegen. Kurze Zeit später überbrachte er seinem neuen Arbeitgeber den unveränderten und von ihm unterschriebenen Vertrag. Gut drei Wochen nach Arbeitsaufnahme erhielt er innerhalb der Probezeit die fristgemäße Kündigung zum 15.04.2008.

Das Urteil

Die hiergegen fristgerecht erhobene Kündigungsschutzklage hat das Arbeitsgericht Lübeck abgewiesen. Das ist im Wesentlichen mit der Begründung geschehen, der Arbeitgeber habe ausweislich des Wortlauts des Arbeitsvertrages ausdrücklich nicht auf die Probezeit verzichtet. Da der Kläger dennoch nach einer entsprechenden Überlegungszeit den Arbeitsvertrag unverändert unterschrieben habe, sei ein Arbeitsverhältnis mit dem Inhalt der Urkunde zustande gekommen.

Hiergegen legte der Kläger Berufung mit der Begründung ein, die ordentliche Kündbarkeit des Arbeitsvertrages sei konkludent ausgeschlossen worden. Der Geschäftsführer habe bei der Frage nach der Probezeit erklärt, diese sei nur pro forma in den Vertrag aufgenommen und habe keine Bedeutung. Er habe dem Kläger ein Dauerarbeitsverhältnis zugesagt. Ihm sei zugesichert worden, ihm werde nur gekündigt, wenn ein Grund für eine fristlose Kündigung vorliege. Auch sei eine besondere Kündigungsmöglichkeit während der Probezeit im Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich erwähnt. Jedenfalls sei die Kündigung treuwidrig.

Aber mit diesem Vorbringen hatte er auch vor dem Landesarbeitsgericht keinen Erfolg, so Klarmann. Die Berufung wurde zurückgewiesen.

Kein Verstoß gegen Treu und Glauben

Zutreffend habe das Arbeitsgericht aufgrund der arbeitsvertraglichen Vereinbarung einer Probezeit die Kündigungsschutzklage abgewiesen und im Ausspruch der Kündigung auch keinen Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) gesehen. Ausweislich des Arbeitsvertragstextes hätten die Parteien in § 3 des Arbeitsvertrages eine Probezeit vereinbart. Sei eine Probezeit vereinbart, könne das Arbeitsverhältnis kraft Gesetzes gemäß § 622 Abs. 3 BGB mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

Die Vertragsparteien hätten mit Vertragsunterzeichnung, also nach den Gesprächen über das Erfordernis einer Probezeit und nach Nichtstreichung der Probezeitvereinbarung, darüber hinaus ausdrücklich vereinbart, dass Änderungen des Arbeitsvertrages der Schriftform bedürfen. Damit hätten sie gerade bestätigt, dass dieser Vertragstext maßgeblich sei und dass es keine davon abweichenden mündlichen Vereinbarungen geben solle und gibt. Es sei auch nicht ersichtlich, woraus sich ergeben solle, dass die Beklagte mit dem Kläger die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes vereinbart haben soll, noch dazu ab dem ersten Arbeitstag.

Die fünf größten Irrtümer beim Thema Kündigung
Die fünf größten Irrtümer beim Thema Kündigung
Wann ist eine Kündigung rechtens und wann nicht. Wir klären über die fünf häufigsten Mythen zum Thema Kündigung auf.
Irrtum 1: Ein krankgeschriebener Arbeitnehmer kann nicht gekündigt werden.
Eine Krankheit kann den Ausspruch einer Kündigung nicht verhindern. Ein Arbeitgeber kann grundsätzlich auch während einer Krankschreibung eine Kündigung aussprechen; dies macht die Kündigung nicht "per se" unwirksam.
Irrtum 2: Jede Kündigung muss eine Begründung enthalten.
Eine Kündigung muss nicht begründet werden. Aus Arbeitgebersicht ist es sogar eher unklug, eine Begründung in die Kündigung aufzunehmen, da dies in der Regel "Angriffsfläche" in einem nachfolgenden Kündigungsschutzprozess ergibt. Gekündigte Arbeitnehmer hingegen sollen unverzüglich um Rechtsrat nachsuchen, ob die ausgesprochene Kündigung auch wirksam ist.
Irrtum 3: Eine Kündigung kann auch mündlich ausgesprochen werden.
Arbeitsverträge kann man zwar mündlich abschließen, aber nicht beenden. Es bedarf nach dem Gesetz immer einer schriftlichen Kündigung. Vorsicht ist auf Arbeitgeberseite im Übrigen auch geboten bei Kündigungen per Mail oder per SMS, während Arbeitnehmer, die eine Kündigung in dieser Form erhalten, ebenfalls sofort um Rechtsrat nachsuchen sollten. Dies sollte unverzüglich erfolgen.
Irrtum 4: Vor der Kündigung muss immer drei Mal abgemahnt werden.
Eine sog. verhaltensbedingte Kündigung setzt nur eine Abmahnung voraus. Dabei gilt des Weiteren, was häufig verkannt wird: Ist in dem Betrieb ein Betriebsrat installiert, muss dieser einer Kündigung nicht etwa zustimmen; er muss nur angehört werden. Dieser kann der Kündigung zwar widersprechen. Dies führt aber nicht zu einer Unwirksamkeit der Kündigung.
Irrtum 5: Gekündigte Mitarbeiter haben stets einen Anspruch auf eine Abfindung.
Das Kündigungsschutzgesetz ist in erster Linie ein "Bestandsgesetz". Damit richtet sich der Schutz zunächst auf den Erhalt des Arbeitsplatzes. Zwar enden in der Tat tatsächlich viele Kündigungsschutzverfahren letztendlich mit dem Abschluss eines Abfindungsvergleichs. Bestehen allerdings Gründe für die Kündigung. greift diese rechtlich auch durch, und der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, eine Abfindung zu zahlen.

Sei eine Abkürzung der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG nicht vertraglich vereinbart - und auch hier wäre vorliegend das Schriftformerfordernis zu beachten , so gelte für eine arbeitgeberseitige ordentliche Kündigung der Grundsatz der Kündigungsfreiheit. Wer aus einem geschützten Arbeitsverhältnis freiwillig ausscheide und mit dem neuen Arbeitgeber nicht vereinbare, dass die Kündigung für eine bestimmte Zeit ausgeschlossen sei, übernehme das Risiko, dass ihm der neue Arbeitgeber vor Ablauf der in § 1 Abs. 1 KSchG bestimmten Frist von sechs Monaten ordentlich kündigt. Klarmann empfiehlt, dieses Urteil zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. (www.vdaa.de) verweist.

Weitere Informationen und Kontakt:

Jens Klarmann, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und VdAA-Vizepräsident, c/o Passau, Niemeyer & Kollegen, Kiel, Tel.: 0431 974300, E-Mail: j.klarmann@pani-c.de, Internet: www.pani-c.de