Geco-Freiberufler-Index

Kein Grund zur Klage

22.06.2016 von Hans Königes
Digitalisierung und Industrie 4.0 machen sich auch im Freiberuflermarkt bemerkbar, wie der Geco-Index für den IT-Freiberuflermarkt zeigt. Mit einem Wert von 131 Punkten konnte er im ersten Quartal dieses Jahres gegenüber dem Vorquartal (also dem letzten des Vorjahres) um knapp zwei Prozent zulegen.
  • Beraterstundensätze sieben Prozent über denen des Vorquartals
  • Projektlaufzeiten und Projektanfragen entwickeln sich positiv

Mit einem aktuellen Einzelwert von 122 Punkten lagen die Beraterstundensätze im ersten Quartal um gut sieben Prozent über denen des Vorquartals. Selbst im Vergleich zum ersten Quartal des Vorjahres lagen sie immer noch um zwei Prozent höher. "Die Stagnation beziehungsweise leicht rückläufige Entwicklung des Vorjahres scheint damit erst einmal beendet zu sein", freut sich Geco-Vorstand Günter Hilger. Bei Beratern mit einer Spezialisierung auf aktuelle Themen wie Cloud oder Security oder auch SAP HANA sei ohnehin keine Stagnation bei den Stundensätzen zu erkennen, ebenso wenig bei den Softwareentwicklern.

Im ersten Quartal 2016 entwickeln sich sowohl Beraterstundensätze als auch Projektlaufzeit und Projektanfragen positiv.
Foto: GaudiLab - shutterstock.com

Dagegen gaben die Technikerstundensätze mit einem Wert von 112 Punkten gegenüber dem Vorquartal um 2,5 Prozent leicht nach. Gegenüber dem Referenzquartal 2015 blieben die Stundensätze mit einem Minus von rund 1,5 Prozent nahezu stabil.

Projektlaufzeiten und Projektanfragen entwickeln sich positiv

Besonders positiv entwickeln sich Projektlaufzeiten, die mit einem aktuellen Wert von 183 Punkten den Einbruch des letzten Jahresquartals 2015 (147) mit einem deutlichen Zuwachs von knapp 20 Prozent nahezu wettmachen konnten. Zum Vergleichsquartal 2015 liegt der Wert aber noch um 7,5 Prozent darunter. "Ohnehin war kein plausibler Grund für den Einbruch auszumachen", kommentiert Geco-Chef Hilger.

Nach oben gingen auch die Projektanfragen. Mit einem Wert von 105 lag der Einzelwert um drei Prozent über dem des Vorquartals und zeigt damit seit drei Quartalen eine erfreulich positive Tendenz. Zieht man den Wert des vergleichbaren Vorjahresquartales hinzu, ergibt sich ein Zuwachs sogar von 20 Prozent. Hilger ist überzeugt, dass Themen wie Digitalisierung, Industrie 4.0 oder Security die Treiber im Markt sind und zu steigenden Projektanfragen führen werden.

Mit einem Wert von 131 Punkten konnte der Geco-Freiberufler-Index im ersten Quartal dieses Jahres gegenüber dem Vorquartal um knapp zwei Prozent zulegen.
Foto: GECO

Der Geco-Freiberufler-Index ...

... untersucht die durchschnittlichen Stundensätze für freiberufliche Berater und Techniker, die Laufzeiten der Projekte und die Zahl der Projektanfragen. Grundlage der Berechnungen ist das Geschäftsjahr 2009, das die "Basis 100" bildet. Der Index wird vom Hamburger Personaldienstleister Geco erhoben.

Freiberufler-Markt 2016: Was Personaldienstleister erwarten
Freiberuflervermittler reden Klartext
Scheinselbständigkeit, Wachstumschancen 2016, Kandidatenmarkt - das waren nur einige der Themen, über die die rund 20 Personaldienstleister diskutierten, die die COMPUTERWOCHE im Oktober 2015 zum Freiberufler-Roundtable in die Redaktion geladen hatte.
Luuk Houtepen, Sthree
Luuk Houtepen ist Head of Business Development DACH bei Sthree. Das erste Wort, das er in Deutschland lernte, war "Passt ned!". Da sucht ein bayerischer Konzern händeringend IT-Spezialisten und bekommt einen Kandidaten aus Hamburg vorgeschlagen - die Antwort lautet "passt ned".
Andreas Krawczyk, Freelancer.Net
Andreas Krawczyk, Chief Operation Officer (COO) bei Freelancer.Net, beobachtet, dass die viel zitierte Offenheit durchaus auch auf Seiten der IT-Freien fehlt. "Freiberufler sind auch oft passiv", sagt er, "sie kümmern sich zu wenig um Akquise."
Marco Raschia, top itservices
Marco Raschia, Director des Global Competenc Center Finance bei top itservices, sagt über die konservative deutsche Unternehmenskultur: "Diese Thematik haben wir ja jetzt durch die aktuelle Flüchtlingskrise auf dem Tisch." Er begrüßt, dass viele Bildungsträger Sprachkurse anbieten.
Christian Neuerburg, DIS AG
Ein weiterer großer Schmerzpunkt ist die unklare Rechtslage, Stichwort Scheinselbständigkeit. Christian Neuerburg, Manager Operations bei der DIS AG, legt denselben Katalog an Prüfkiterien an Selbständige zugrunde wie die deutsche Rentenversicherung. Neuerburg weiß: Eben jener Katalog der Rentenversicherung ist keine Drohkulisse, sondern "gelebte Realität".
Nikolaus Reuter, Etengo
Nikolaus Reuter, Vorstandschef von Etengo, engagiert sich gemeinsam mit dem Deutschen Bundesverband Informationstechnologie für Selbständige (DBITS) und leistet Lobbyarbeit auf bundespolitischer Ebene. Er sagt: "Selbst Andrea Nahles hat mit dem Dialogprozess 'Arbeiten 4.0' verstanden, dass sie ein hundert Jahre altes Gesetzeswerk nicht einfach in neue Formen klopfen kann."
Michael Girke, Q-Perior
Wie Michael Girke, Partner bei Q-Perior, beobachtet, beschäftigt das Thema Scheinselbständigkeit ganze Compliance-Abteilungen. Manche Branchen allerdings wollen schon gar nicht mehr mit Freiberuflern zusammenarbeiten, etwa Risiko-averse Versicherungen.
Daniela Kluge, Gulp
„Wir Dienstleister haben es mit zwei herausfordernden Zielgruppen zu tun. Auf der einen Seite steht der selbstbewusste Freiberufler, der weiß, was er kann und was er wert ist. Auf der anderen Seite sind die Endkunden nicht mehr bereit, jeden Preis zu zahlen. Trotzdem ist der durchschnittlich erzielte Stundensatz der IT- und Engineering-Freiberufler in 2015 laut unserer Stundensatz-Umfrage um 50 Cent marginal auf 80,50 Euro gestiegen - ein Anzeichen für einen starken Kandidatenmarkt."
Andreas Dittes, Talentwunder
„Die Fachkräfte wissen um ihren Wert. Vor allem die jüngere Generation hat nicht nur finanzielle Ansprüche, sondern erwartet von ihrem Auftraggeber Flexibilität, etwa in Hinblick auf eine Vier-Tage-Woche oder eine Home-Office-Regelung.“
Sven Herzberg, Goetzfried
„Diese Erwartungen der Generation Y (Teilzeiteinsatz, Home Office, etc) decken sich häufig aber nicht mit denen des Kunden. Ein IT-Freiberufler hat in der Regel vor Ort zu sein, auch anderswo werden keine Kompromisse gemacht: So gilt Deutsch nach wie vor als Projektsprache. Ohne Deutschkenntnisse wird es für Freiberufler schwierig, ein Projekt zu finden.“
Carlos Frischmuth, Hays
„Deutsche Unternehmen wünschen sich zu einem überwiegenden Anteil den Einsatz deutschsprachiger Freiberufler in der IT - allerdings verzeichnen wir parallel dazu eine kontinuierliche Öffnung der internationalen Projektmärkte insbesondere für IT-Freelancer aus Deutschland!“
Andreas Nader, Questax
„Unsere Kunden erwarten nach wie vor, dass der Freiberufler bei Ihnen vor Ort im Einsatz ist, zum einen weil die freiberuflichen Experten ihr Wissen an die Mitarbeiter weitergeben sollen. Zum anderen erfordern etwa agile Methoden wie Scrum, dass alle Entwickler präsent sind und sie sich mitunter täglich austauschen und untereinander abstimmen.“
René Troche, Westhouse Consulting
„In großen Unternehmen entscheidet der Einkauf, welche Freiberufler beauftragt werden. Und sie arbeiten in der Regel nur noch mit vier bis fünf Personaldienstleistern zusammen. Mehr Offenheit und Breite findet man in kleinen und mittelständischen Betrieben.“
Stefan Frohnhoff, emagine
„Das Thema Scheinselbständigkeit sorgt sowohl bei Unternehmen als auch bei Freelancern schon seit geraumer Zeit für Unsicherheit.“
Shahin Rejaei Pour, iPAXX
„Ein IT-Experte ist ein Mensch, man kann ihn nicht wie eine Ware bestellen und aus dem Regal holen.“
Maxim Zvezdan Probojcevic, SOLCOM
„Der Markt wächst auch deshalb, weil die Auftraggeber mit der Qualität, die deutsche Freelancer abliefern, sehr zufrieden sind.“
Frank Shams, 1st Solution
"Ich habe den Eindruck, dass ein Freiberufler oft auf einen Skill reduziert wird. Dabei besteht das eigentliche „ Können" darin, ihn mit all seinen „Fähigkeiten" zu bewerten.“