Berliner Wettbewerbshüter machten keine Auflagen

Kartellamt gibt grünes Licht für Siemens-Nixdorf-Fusion

20.04.1990

MÜNCHEN/BERLIN (bk) - Ohne Einschränkung hat das Bundeskartellamt dem geplanten Zusammenschluß von Siemens und Nixdorf zugestimmt. Damit bringen die Paderborner auch den Bereich der privaten Nebenstellenanlagen, dem die Berliner Wettbewerbsschüler ihr besonderes Augenmerk widmeten, in die neu zu gründende Gesellschaft ein.

Wider Erwarten kann sich die Münchner Siemens AG die Nixdorf Computer AG, nun doch "ungeteilt" einverleiben. Das Kartellamt hatte nämlich keinerlei Bedenken, dem Vorhaben der beiden Unternehmen in dem Umfang zuzustimmen, wie es im Januar angemeldet worden war: Siemens erwirbt die Mehrheit bei Nixdorf und bringt die Daten- und Informationstechnik in die mit den Paderbornern zu gründende Siemens-Nixdorf Informationssysteme AG ein.

Als sensibel galt besonders der Bereich der Nebenstellenanlagen. So räumte denn auch Jürgen Kiecker, Sprecher des Bundeskartellamtes, ein, daß die Entscheidung in diesem Sektor nicht leicht gewesen sei. Siemens nehme hier eine führende Marktposition ein.

Auch Nixdorf habe in einigen Segmenten eine nicht unwesentliche Stellung erreicht. "Dennoch konnten wir nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen", so Kiecker weiter, "daß bei dem Zusammenschluß Siemens-Nixdorf für die neue Gesellschaft eine marktbeherrschende Position bei Nebenstellenanlagen entsteht beziehungsweise die bereits bestehende marktbeherrschende Stellung verstärkt wird."

Die Berliner gehen davon aus, daß die fortschreitende Liberalisierung des europäischen Marktes den Wettbewerb in der Bundesrepublik in den kommenden Jahren weiter forcieren wird. Kiecker: "Allein durch den geplanten Binnenmarkt ist absehbar, daß die bundesdeutschen Anbieter von Nebenstellenanlagen einem stärkeren Wettbewerbsdruck durch ausländische Hersteller ausgesetzt sein werden." Dazu zählten Unternehmen wie Northern Telecom Ericsson, Alcatel und Philips. Sie seien aktiv dabei ihre Vertriebsnetze in der Bundesrepublik auszubauen. "Somit lautet unsere Prognose, daß der Wettbewerb in diesem Bereich nicht zum Erliegen kommt, sondern weiter Bestand haben wird."

Trotz des für viele Branchen-Insider eher überraschenden Bescheids aus Berlin gaben sich Sprecher der Siemens AG eher unterkühlt. Es bestehe keinerlei Anlaß, in Euphorie auszubrechen, so der Tenor. Der Beschluß sei ohne Einschränkung erfolgt. Jetzt müsse man das Vorhaben so schnell wie möglich in die Tat umsetzen. Am 1. Oktober 1990 soll das neue Unternehmen arbeits- und funktionsbereit sein. "Da werden jetzt die Köpfe rauchen", mutmaßte ein Siemens-Mitarbeiter.

Goetz Klingenburg, Pressesprecher der Nixdorf Computer AG, erklärte: "Wir sind froh daß das Bundeskartellamt so entschieden hat und der Beschluß auch noch in einem

vernünftigen Zeitrahmen erfolgte." Beide Bereiche - Informations- und Nachrichtentechnik - seien von strategisch großer Bedeutung für Nixdorf. "Deshalb werden sie für die neue

Gesellschaft auch eine Bereicherung sein." +