Karriere 2005: Was CIOs von ihren Mitarbeitern erwarten

03.02.2005 von Alexandra Mesmer
Fundiertes Technik-Know-how ist nur die Grundlage. Von ihren Teams verlangen IT-Chefs Wissen um Geschäftsprozesse, vernetztes Arbeiten in Projekten und die Fähigkeit, Kunden zu beraten.

Hier lesen Sie ...

  • welches Know-how IT-Chefs von ihren Mitarbeitern erwarten;

  • in welchen Bereichen CIOs ihre Mitarbeiter 2005 fördern wollen;

  • welche Bedeutung Offshore-Programmierung und Outsourcing für die IT-Verantwortlichen haben;

  • welche Rolle externe Berater und Freiberufler in den Unternehmen spielen.

Margit Bauer, HVB Systems: "Wir brauchen ein tieferes Wissen, wie sich Standardsoftware in die bestehenden Systeme integriert."

Der Umbruch in den IT-Abteilungen geht auch 2005 weiter: CIOs reklamieren immer nachdrücklicher eine gestaltende Rolle im Unternehmen als Partner des Topmanagements. Dieses Selbstverständnis wirkt sich unmittelbar auf die Anforderungen an die Mitarbeiter aus: Auch die IT-Experten sollen ungeachtet aller technischen Aufgaben den Blick fürs Ganze aufbringen, Branche und Geschäftsprozesse verstehen. In den Weiterbildungsplänen der CIOs nehmen darum nichttechnische Themen wie Projekt-Management oder Kundenorientierung einen größeren Raum ein, wie eine aktuelle COMPUTERWOCHE-Umfrage ergab. Spezielles Technik-Know-how wird dagegen oft extern zugekauft, Standardaufgaben wie reines Programmieren werden verstärkt in Billiglohnländer verlagert.

Margit Bauer: Der IT-Profi wird zum Berater

Beratungskompetenz ist für Margit Bauer die wichtigste Fähigkeit, die sie von ihren Mitarbeitern einfordert und die sie in diesem Jahr auch besonders fördern will. „Die IT-Professionals sollen als lösungsorientierte Berater beim Kunden auftreten, verstärkt auf dessen Bedürfnisse eingehen und gemeinsam mit ihm Lösungen entwickeln können“, beschreibt die Geschäftsführerin der HVB Systems, des konzerneigenen IT-Dienstleisters der Hypovereinsbank, ihren Anspruch.

In diesem Sinne wird auch in Projekt-Management-Skills investiert. Rein technische Fortbildungen in Programmierung oder Anwendungsbetreuung  spielen in Bauers Überlegungen dagegen eine untergeordnete Rolle - „in diesen Bereichen haben wir genügend ausgezeichnete Spezialisten an Bord“. Entscheidender ist es in ihren Augen, dass die Beschäftigten ihr Wissen vertiefen, wie sich Standardsoftware in bestehende Anwendungs- und Prozesslandschaften integrieren lässt.

Neben den eigenen Kräften setzt die HVB Systems weiter auf externe Ressourcen, wenn auch nicht mehr in so großem Umfang. Dazu Bauer: „Externe Berater und Freiberufler sind für uns wichtig, um neue Sichtweisen zu sammeln und unser eigenes Know-how auszubauen. Auch bei speziellen Aufgaben wie EAI, Softwareintegration oder SAP bedienen wir uns externer Beratung, wenn wir dieses Wissen nicht im Haus haben oder es sich nicht lohnt, die Kenntnisse intern aufzubauen.“

Andreas Resch: Umbau der Fähigkeiten

Auch für Bayer Business Services (BBS) spielen externe Berater und Freiberufler eine wichtige Rolle, da sie einen flexiblen Einsatz und kontinuierlichen Wissenstransfer unterstützen: „In der Vergangenheit hatten wir im Rahmen großer und weltweiter Projekte überdurchschnittlich viele externe Fachleute im Einsatz. Gegenwärtig reduzieren wir diesen Anteil auf sinnvolle fünf bis zehn Prozent unseres Stammpersonals von etwa 4000 Mitarbeitern weltweit“, gibt BBS-Chef und Bayer-CIO Andreas Resch die Richtung vor.

Andreas Resch, BBS: "Wir versuchen, die Industrialisierung des Service- und IT-Bereichs voranzutreiben."

Zugleich gelte es, die großen eigenen personellen Ressourcen auszulasten. Um Kosten zu flexibilisieren, setzt er neben gezieltem Outsourcing und Offshoring - derzeit stellt BBS zusätzliches Personal im indischen Mumbai (früher Bombay) ein - auf einen „Umbau der Fähigkeiten“. Die Mitarbeiter sollen auf den Leistungsfeldern aktiv werden, die auch von Leverkusen aus mit einer wirtschaftlichen Perspektive angeboten werden  können. Als Beispiele nennt er den europaweiten elektronischen Workflow zur Rechnungsbearbeitung oder zur Zielvereinbarung, die Personalabrechnung sowie Systeme für den Selfservice im Intranet.

Dementsprechend wird auch die Weiterbildung der Mitarbeiter ausgerichtet: Neben fachlichen Themen stehen Kundenorientierung sowie das Total-Quality-Management auf Reschs Prioritätenliste ganz oben. Dieses Wissen werde für IT-Profis immer wichtiger, so Resch: „Wir versuchen, die Industrialisierung des Service- und IT-Bereichs voranzutreiben. Erfahrungen, die andere Industrien im Rahmen ihres Lebenszyklus beziehungsweise ihrer spezifischen Lernkurven bereits gemacht haben, wenden wir auf die noch recht junge Branche der Informationstechnologie und der IT-basierenden Dienstleistungen an.“

Thomas Engel: Prozesse verstehen anstatt nur programmieren

Thomas Engel, Kühne + Nagel: "Früher orientierten wir uns an der Technik, heute richten wir uns strikt am Business aus."

Das Verständnis für Geschäftsprozesse, deren Analyse und Modellierung sowie die Abwägung zwischen Kosten und Nutzen einer Anwendung gehören auch für Thomas Engel, CIO des Logistikunternehmens Kühne + Nagel, zu den Fähigkeiten, die seine IT-Mitarbeiter auf sich vereinen müssen: „Früher orientierten wir uns an der Technik, heute richten wir uns strikt am Business aus.“ Dementsprechend legt Engel Wert darauf, dass seine Mitarbeiter in diversen Trainings eine Serviceorientierung, das Wissen um Kundenprozesse sowie den Nutzen für das Geschäft vermittelt bekommen.

Denn für ausschließliche Programmiertätigkeiten sieht er immer weniger Spielraum: „Im Zuge der Diskussion um die Flexibilisierung der Kosten wird die Codierung mehr und mehr in Offshore-Länder verlagert.“ Ist technisches Spezialwissen gefragt, kommen dagegen Freiberufler zum Zuge - vorausgesetzt, ihr Profil passt. Externe Berater setzt Engel nur ein, wenn die Arbeitslast besonders hoch ist.

Christoph Ganswindt: IT-Strategie bestimmt Weiterbildung

Christoph Ganswindt, Lufthansa Passage: "Jeder Mitarbeiter hat ein eigenes Entwicklungsprogramm."

Christoph Ganswindt, CIO der Lufthansa Passage, richtet die Weiterbildung seiner Mitarbeiter konsequent an der IT-Strategie aus. Diese ist geprägt von der Analyse und dem Design der Geschäftsprozesse, der Standardisierung und dem Risiko- und Sicherheits-Management. Darum ist er bestrebt, seinen  IT-Experten Verständnis für die Geschäftsprozesse zu vermitteln und sie so in die Lage zu versetzen, Abläufe zu verändern oder neu zu entwickeln, um die Prozesskosten weiter zu senken. So wurde im Projekt Customer-Relationship-Management Wert darauf gelegt, dass Lufthansa-Mitarbeiter die Prozesse analysierten und neu konzipierten, während externe Provider das technische Design lieferten.

Laut Ganswindt verfolgt Lufthansa das Ziel, die Fertigungstiefe in der IT-Entwicklung und -Anwendungsbetreuung zu verringern: "Vor zwei Jahren haben wir das Programm Impact aufgesetzt, in dem wir sowohl die interne IT-Organisation als auch Tätigkeiten, Fertigkeiten und Wissen unserer Mitarbeiter untersucht haben. Aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse haben wir die Organisation angepasst und für jeden Mitarbeiter ein persönliches Entwicklungsprogramm aufgesetzt.“ Den klassischen Betrieb der IT-Systeme hat der konzerneigene Dienstleister Lufthansa Systems bereits vor neun Jahren übernommen. Weitere Auslagerungen sind derzeit nicht geplant. Dem Thema Offshore steht Ganswindt offen gegenüber: "Insbesondere Programmierleistungen lassen sich gut einkaufen."

Erich Pfeifer: Das Wissen bei den eigenen Mitarbeitern konzentrieren

Erich Pfeifer, Rheinland Versicherung: "Unsere IT-Professionals müssen nicht nur technisch auf dem neuesten Stand sein."

Offshore-Programmierung ist für die Rheinland Versicherung dagegen grundsätzlich kein Thema. Während der Betrieb und das Hosting der Web-Server aufgrund der spezifischen Architekturanforderungen an einen Dienstleister ausgelagert wurden, geht in der Anwendungsentwicklung der Trend in Richtung Insourcing. "Externe Berater und Freiberufler spielen in unserem IT-Bereich nur noch eine untergeordnete Rolle. Wir wollen das Wissen in den Köpfen unserer eigenen Mitarbeiter konzentrieren, um es bei Bedarf sofort abrufen zu können", erläutert IT-Chef Erich Pfeifer. Externe Berater werden vor allem eingesetzt, um neue, bisher unbekannte Themen zu vermitteln.

Pfeifer legt Wert darauf, dass die Mitarbeiter ihr technisches Wissen durch entsprechende Schulungen auf dem neuesten Stand halten können. Zu produkt- und herstellerspezifischen Trainings kommen Kurse, die aufzeigen, wie sich neue Technologien nutzen und in die bestehenden IT-Systeme integrieren lassen. Da die Rheinland Versicherung zurzeit sowohl Großrechner als auch Client-Server-Systeme unterhält, müssen die Mitarbeiter oft in beiden Welten zu Hause sein. Dazu Pfeifer: "Zu Kenntnissen in der strukturierten und optimalerweise auch in der objektorientierten Systemanalyse kommt das Wissen um Datenbankdesign und Datenmodellierung. Zudem gilt es, IT-Pflichtenhefte zu erstellen, verstärkt auch für Client-Server-Anwendungen."

Zusätzlich zu diesen technischen Fertigkeiten brauchen auch die IT-Mitarbeiter bei Rheinland immer mehr betriebswirtschaftliche Kenntnisse, Detailwissen um die Versicherungsprozesse und deren Abbildung in vorhandenen beziehungsweise neuen Systemen. Verstärkt gefordert ist auch die Fähigkeit, in bereichsübergreifenden Teams vernetzt zu arbeiten. Dazu Pfeifer: "Der Blick fürs Ganze gewinnt zunehmend an Bedeutung. Auch die Methoden- und Sozialkompetenz fördern wir durch entsprechende Schulungen: Angefangen von Präsentationstechniken und Moderation bis hin zu Zeit- und Selbst-Management."

Roland Vollmer: Anforderungen der Fachbereiche strukturieren

Roland Vollmer, EDAG: "Da unsere IT-Organisation als interner Dienstleister aufgestellt ist, fördern wir verstärkt Kurse."

Bei der EDAG Engineering + Design AG in Fulda hat sich der Schwerpunkt der Weiterbildungsaktivitäten in den vergangenen Jahren verlagert. „Stand früher die IT-technische Fortbildung im Zentrum, konzentrieren wir uns zurzeit auf Projekt- und Prozessmethodik wie etwa Itil“, fasst Roland Vollmer, CIO des Automobildienstleisters, zusammen.

Da die IT-Organisation als interner Dienstleister aufgestellt ist, sollen vor allem bedarfsgerechte IT-Lösungen entwickelt werden - was die Mitarbeiter auf andere Weise fordert, so Vollmer: „Das IT-Account-Management muss in der Lage sein, Anforderungen der Fachbereiche strukturiert aufzunehmen und in die Sprache der IT zu übersetzen.“  Die EDAG schreibt geplante IT-Projekte oft aus, um dann zu entscheiden, ob Teilbereiche extern nicht günstiger abgewickelt werden können. Innerhalb der Entwicklung wird Outsourcing allerdings nur begrenzt genutzt: „Um flexibel und schnell auf wechselnde Anforderungen von Fachbreichen und Kunden reagieren zu können, sind wir auf unsere eigene Kompetenz angewiesen.“