Kabelkonzerne drängen in Telekommarkt

18.07.2006
Die deutschen TV-Kabelnetzbetreiber wollen mit Investitionen in Milliardenhöhe der Deutschen Telekom das Wasser abgraben.

Im Fokus steht dabei vor allem das Breitbandgeschäft, bei dem die Kabelgesellschaften dem europäischen Trend hinterherhinken. Experten bescheinigen den Anbietern gute Chancen, ihren Marktanteil deutlich auszubauen. Mit dem Einstieg in das Mediengeschäft will die Telekom dagegen halten.

Nach einer Untersuchung der Europäischen Kommission kamen die TV-Kabelanbieter zum Jahreswechsel im Breitbandgeschäft auf einen Marktanteil von rund 1,5 Prozent. Mit 97 Prozent entfällt der Großteil der schnellen Internetzugänge auf die von der Telekom favorisierte DSL-Technik. In anderen EU-Ländern kommen die Kabelnetzbetreiber zum Teil auf einen Marktanteil von 50 Prozent. Hintergrund für das Ungleichgewicht in Deutschland ist die Zersplitterung der TV-Kabellandschaft. Während die Schwergewichte Kabel Deutschland (KDG), Unity Media und Kabel Baden-Württemberg die großen Netze betreiben, gehören die direkten Hausanschlüsse (letzte Meile) zumeist lokalen Anbietern.

Kabellandschaft stark zersplittert

Diese Trennung der Netzebenen belastet die Entwicklung der TV-Kabelbranche. So stehen vor der Netzaufrüstung oft langwierige Verhandlungen über die Aufteilung der Kosten an. Ohne den Ausbau sind aber keine Internet- und Telekomdienste möglich, da das TV-Kabel über keinen Rückkopplungs-Kanal verfügt. Sprich, der Kunde kann nur empfangen aber nicht senden.

Einen Teil ihres Netzes haben die Anbieter bereits ausgebaut und damit neue Kunden gewonnen. "Wir haben wenige Monate nach dem Start bereits 70.000 Internet- und Telefonkunden", sagt der Sprecher von Kabel-BW, Axel Dürr. Etwas mehr hat Marktführer KDG unter Vertrag. Mit einem milliardenschweren Investitionsprogramm wollen die Anbieter nun nachlegen: "Zwischen 1,2 und 1,5 Milliarden Euro wollen die Unternehmen dafür ausgeben", sagt Philipp Geiger von dem Beratungsunternehmen Solon. Damit sind die Ausgaben nur halb so hoch wie beim geplanten Glasfasernetz der Telekom, mit dem die Bonner die Grundlage für ein Bündelangebot von Medien, Telefon und Internet schnüren wollen.

1,2 bis 1,5 Milliarden Euro Investitionen

Die Investitionen werden sich nach Einschätzung von Solon auszahlen: "Bis zum Ende der Dekade dürfte der Marktanteil der Kabelfirmen auf acht bis zehn Prozent steigen", sagt Geiger. Mit dem Vordringen in das Telekomgeschäft erschließen sich die Firmen enorme Wachstumspotenziale. Derzeit bringt ein Kabelkunde rund sieben Euro Umsatz im Monat. Bei einem Bündelangebot von TV, Internet und Telefon steige dieser auf 40 bis 60 Euro, sagt Geiger.

Mit dem Einstieg in das Breitbandgeschäft dringen die Kabelfirmen auf einen boomenden Markt vor, der von der Telekom dominiert wird. Die Zahl der schnellen Internetzugänge wird nach Einschätzung von Experten innerhalb dieses Jahres um 40 Prozent auf über 14 Millionen steigen. Die Telekom will ihrerseits so genannte "Triple Play"-Angebote (Internet, Telefon, Medien) auf den Markt bringen und hat dazu ihrer Internettochter T-Online integriert. Um das neue Angebot vermarkten zu können, benötigt die Telekom Unterhaltungsinhalte.

Fußball kein alleiniger Heilsbringer

Mit dem Vordringen ins Mediengeschäft stoßen die Bonner allerdings in einen gesättigten Markt. Zudem stellt der Umsatz im Mediengeschäft mit rund vier Milliarden Euro nur einen Bruchteil des Telekommarktes dar. "Es müssen also erst neue Produkte entwickelt und neue Umsatzmöglichkeiten gefunden werden", sagt ein Marktforscher. Als einer der Wachstumstreiber gilt die Fußball-Bundesliga, die bereits dem Bezahlsender Premiere auf die Beine half. Die Kabelfirmen wie auch die Telekom haben bereits Rechtepakete erworben.

Der alleinige Heilsbringer wird Fußball aber wohl nicht sein: Kabel Deutschland verzichtete auf die Übertragung der Spiele. "Die wirtschaftlichen Perspektiven sind zu riskant", sagt ein KDG-Sprecher. Und auch Solon-Experte Geiger äußert Zweifel. "Fußball ist mehr Imagepflege als ein Produkt, das alle sehen wollen." (dpa/tc)