Aufmerksam, flexibel, hartnäckig

Jobwechsel in schwierigen Zeiten

25.03.2010 von Ingrid  Weidner
Wer heute eine neue Stelle sucht, braucht Instinkt und Selbstbewusstsein. Drei Jobwechsler erzählen.
Die Konkurrenz um eine freie Stelle ist groß. (Bild: Fotolia/Monkey Business)
Foto: Monkey Business/Fotolia.com

Ein Blick in die Stellenmärkte und Jobbörsen bietet nur wenig Erfreuliches. Das Angebot schrumpfte im vergangenen Jahr ähnlich rapide wie mancher Gletscher in der Sommerhitze. Vor allem Absolventen müssen derzeit lange nach der ersten Festanstellung suchen. Doch für erfahrene IT-Experten bieten sich auch Chancen. Drei Jobwechsler erzählen, wie sie ihren neuen Arbeitgeber fanden.

Der Aufmerksame

Richtig intensiv suchte Christoph Markert nicht nach einer neuen Stelle. Wirklich zufrieden war er allerdings in seinem Job als Berater auch nicht. Doch der 28-Jährige hielt die Augen offen, aktualisierte regelmäßig sein Xing-Profil und pflegte sein Kontaktnetz. Immer wieder erreichten ihn Anfragen von Personalberatern, doch meist verbargen sich keine interessanten Angebote dahinter.

Christoph Markert: 'Im SAP-Bankenumfeld gab es auch in der Krise noch Jobangebote.'

Studiert hatte Markert Informationstechnik an der Dualen Hochschule in Stuttgart. Anschließend durchlief er ein Trainee-Programm bei Accenture. "Mein Berufsziel war immer der SAP-Bereich", sagt Markert. 2007 wagte er den Schritt in die Selbständigkeit. Ein Projekt im SAP-Umfeld führte ihn in eine große Bank. Noch stärker als in einer Festanstellung war er jetzt den Konjunkturschwankungen am Arbeitsmarkt ausgesetzt. "Als Freiberufler muss man cool bleiben, wenn von Kürzungen gesprochen wird", erinnert er sich. Schließlich entschied er sich doch wieder für eine feste Stelle. Er heuerte als SAP-Berater bei einer internationalen Beratungsfirma an und brachte sein bisheriges Projekt gleich mit ein. Doch seine Erwartungen erfüllten sich nicht: "Ich war weiter als Einzelkämpfer beim Kunden und hatte wenig Kontakt zu den Kollegen. Eine Integration in das Unternehmen war daher schwierig."

In einem Mitarbeitergespräch mit seinem Vorgesetzten Anfang 2009 sprach Markert diese Probleme an, doch es änderte sich nichts. "Ich war zwar unzufrieden mit meiner beruflichen Situation, doch es gab keinen akuten Handlungsbedarf. Wenn ich kein Jobangebot erhalten hätte, wäre ich sicher bei meinem Arbeitgeber geblieben", sagt er. Die Anfrage eines Personalberaters, die ihn im September 2009 über Xing erreichte, klang dann aber vielversprechend. Bald war klar, dass sich dahinter Markerts Wunscharbeitgeber verbarg.

Markert schickte seine Bewerbungsunterlagen an den Headhunter. Kurze Zeit später fand das erste Telefoninterview mit zwei Managern des künftigen Arbeitgebers statt. "In dem anderthalbstündigen Gespräch ging es vor allem um meine fachliche Qualifikation für den Job", sagt er. "Ich habe schnell Feedback bekommen und wurde zu einem persönlichen Gespräch eingeladen. Hier ging es nur noch darum, ob die menschliche Schiene passt. In diesem Interview wurde mir gleich ein Vertrag angeboten." Neue Aufgaben, ein internationales Umfeld und ein attraktives Gehalt bot der neue Arbeitgeber dem 28-Jährigen. Mit seinem Know-how im SAP-Bankenumfeld ist Markert sich sicher, dass er auch in Zukunft gute Joboptionen haben wird. Seine Zeit als Freiberufler möchte er nicht missen.

Karrierewebsites
And the Winner is ...IBM
Unter den Hightech-Firmen schnitt in der Studie von Potentialpark IBM mit seiner Karriere-Website am besten ab. Schüler, Studenten, Absolventen und Professionals werden gezielt auf eigenen Unterseiten angesprochen.
Von Platz vier auf Platz zwei....
... konnte sich SAP bei den Hightech-Firmen verbessern. Auf ihrer ausführlichen Karriere-Website spricht der Softwarehersteller auch gezielt Frauen an, die ja noch Mangelware in der IT sind.
Der Vorjahressieger Philipps...
...musste sich in diesem Jahr mit Platz drei zufrieden geben.
Auf Platz vier folgt...
..Datev. Die Karrieresite ist klar strukturiert und spricht die unterschiedlichen Zielgruppen mit eigenen Unterseiten an.
Frauen im Fokus...
..hat Siemens auf seiner Karriere-Site. Schließlich ist das weibliche Geschlecht in IT-Berufen immer noch eine Minderheit.
Platz sechs belegt
Bosch. Der Automobilzulieferer gibt den unterschiedlichen Karrieremöglichkeiten mit den Geschichten seiner Mitarbeiter ein Gesicht.
EADS auf Platz sieben.
Der Raumfahrtkonzern unterstreicht seine Internationalität mit einer Kariere-Site auf Englisch.
Englisch....
...ist auch bei Infineon ein absolutes Muss. Auch hier gibt es die Karriere-Site nicht in deutscher Sprache.

"Projekt Björn 2.0"

Björn Schneider (39) wollte sich beruflich verändern. Bisher war die Jobsuche für ihn immer glatt gelaufen. Seine erste Festanstellung fand er nach dem Studium der Elektrotechnik und technischen Informatik als Softwareentwickler bei Dräger Medizintechnik an seinem Heimatort Lübeck. "Über ein Praktikum und meine Diplomarbeit kam ich 1995 nach dem Studienabschluss als Softwareentwickler zum Unternehmen", erinnert er sich. Schließlich lockte ihn nach fünf Jahren die Welt der New Economy, und er tauschte seinen sicheren Job gegen eine Position in einer Internet-Firma ein. Doch das Abenteuer endete schon bald mit der Insolvenz des kleinen Unternehmens. Anschließend musste Schneider seine erste und einzige Bewerbung schreiben und heuerte als Berater und Trainer bei Oose in Hamburg an. Der Schritt vom Softwareentwickler zum Trainer war nicht einfach. "In meinem ersten Firmentraining hatte ich mit Akzeptanzproblemen zu kämpfen", räumt Schneider ein

Björn Schneider: 'Der Schritt vom Softwareentwickler zum Trainer war nicht einfach.'

Nach zwei Jahren als Trainer zog es den Softwareentwickler wieder zu seinem ersten Arbeitgeber Dräger nach Lübeck. "Als Projektleiter habe ich einen Führungsjob übernommen und ein Team mit zehn Mitarbeitern geleitet", erzählt Schneider. "In meinem Job als Chef hatte ich die Chance, es besser zu machen und auch Methoden wie Coaching während der regelmäßigen Mitarbeitergespräche angemessen einzusetzen." Er hatte sich nebenher zum Coach ausbilden lassen, um Faktoren wie Soft Skills und gruppendynamische Prozesse in seine Arbeit einzubinden.

Doch nach fünfeinhalb Jahren suchte Schneider wieder eine andere Herausforderung. "Ich habe es ‚Projekt Björn 2.0` genannt und mich nach neuen Aufgaben umgesehen. Bei Dräger führte ich zwar mittlerweile Teams mit bis zu 36 Mitarbeitern, doch ich wollte keine Insel zum Überleben, sondern etwas Neues ausprobieren." Mehr zufällig sprach er seinen ehemaligen Chef von Oose bei einem privaten Treffen an und bat ihn um beruflichen Rat. Statt einer Empfehlung bekam er ein Jobangebot. "Nach einem zweistündigen Gespräch mit Bernd Oestereich bot er mir den Job als dritter Geschäftsführer von Oose an. Besonders reizvoll für mich war, dass ich künftig meine Erfahrung als Projekt-Manager sowie mein psychologisches Wissen einsetzen kann, um diesen Geschäftsbereich weiter auszubauen", sagt Schneider. Nach kurzem Überlegen wagte er den Schritt und kündigte in Lübeck. "Mein Chef bei Dräger war betroffen und sagte mir zum Abschied: Ich sehe dich wieder in zwei Jahren. Das war für mich eine nette Geste", erinnert sich der 39-Jährige.

Seit Januar pendelt Schneider zwischen seinem Wohnort Lübeck und seinem neuen Arbeitsplatz in Hamburg. "Die ersten zwei Monate waren anstrengend, doch ich habe meine Entscheidung nicht bereut." Schneider fand seinen neuen Job über sein persönliches Netzwerk, die Krise spielte dabei keine Rolle. "Wer sich beruflich verändern will, sollte flexibel sein und für sich nach einer Lösung suchen."

Businessnetzwerke
1. Lassen Sie sich von Kollegen empfehlen
Eine Empfehlung von Seiten Ihrer Kollegen und Geschäftspartner hebt nicht nur Ihre Stärken hervor sondern zeigt auch, dass Sie ein geschätzter Mitarbeiter sind. Als Führungskraft können Empfehlungen der Mitarbeiter zum Beispiel Ihre Führungsqualitäten unterstreichen. LinkedIn gibt Ihnen die Möglichkeit, ganz einfach andere Mitglieder in Form eines kurzen Texts auf dem Profil des jeweiligen Kontakts <b>weiterzuempfehlen</b>.
2. Schauen Sie nach, wo Menschen mit ähnlichen Qualifikationen arbeiten
Suchen Sie nach Unternehmen, die Personen mit ähnlichen Qualifikationen einstellen. Wenn Sie zum Beispiel ein Webentwickler in Hamburg sind, suchen Sie anhand der <b>Postleitzahlen und Stichwörter</b> (JavaScript, XHTML etc.) nach Personen mit LinkedIn Profilen in Ihrer Umgebung. Hieran können Sie sich orientieren und ein Gespür dafür entwickeln, welche Unternehmen ein Interesse an Personal haben, die Ihren Qualifikationen entsprechen.
3. Recherchieren Sie, wo die Angestellten eines Unternehmens vorher beschäftigt waren
Finden Sie heraus, wo Angestellte eines bestimmten Unternehmens vor ihrer jetzigen Stelle gearbeitet haben. Diese Informationen sind für Ihre Suche sehr hilfreich. Sie können so erfahren, auf welche Kriterien ein Unternehmen bei Neuanstellungen besonderen Wert legt. LinkedIn bietet hierfür eine <b>erweiterte Unternehmenssuche</b>. Auf den recherchierten Unternehmensprofilen können Sie den Werdegang der Angestellten nachverfolgen, bevor diese Ihre Arbeit bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber aufgenommen haben.<br /> Beispiel:<a target="_blank" href="http://www.linkedin.com/companies/1009/IBM?csrfToken=ajax%3A3353221444473669875">"Laufbahn von Mitarbeitern bei IBM vorher"</a>
4. Finden Sie heraus, wohin die Angestellten eines Unternehmens wechseln
Die LinkedIn Unternehmensprofile (<b>"Unternehmenssuche"</b>) geben Ihnen auch darüber Auskunft, für welchen Arbeitgeber die Angestellten als nächstes arbeiten, nachdem sie ein Unternehmen verlassen haben. Diese Informationen können Sie wiederum nutzen, um weitere potenzielle Arbeitgeber zu erschließen.<br /> Beispiel: <a target="_blank" href="http://www.linkedin.com/companies/1009/IBM?csrfToken=ajax%3A3353221444473669875">"Laufbahn von Mitarbeitern bei IBM nachher"</a>
5. Überprüfen Sie, ob ein Unternehmen momentan Arbeitskräfte einstellt
Unter der Rubrik <b>"Neue Mitarbeiter"</b> zeigen Ihnen die Unternehmensprofile auf LinkedIn Personen, die erst kürzlich eingestellt wurden. Mit diesen neuen Angestellten können Sie Kontakt aufnehmen und nach wertvollen Tipps fragen. Dazu können Sie den gesamten Werdegang einsehen und herausfinden, was sie für den Arbeitgeber so attraktiv gemacht hat.
6. Nehmen Sie Kontakt mit Personalentscheidern auf
Jobbörsen auf Online-Businessnetzwerken bieten Ihnen neue Kontaktmöglichkeiten. Achten Sie bei den Kontaktpersonen zu den ausgeschriebenen Stellen besonders auf diejenigen Kontakte, die nicht mehr als zwei Beziehungen von Ihnen entfernt sind. Ideal wäre, wenn Sie jemanden kennen, der diejenige Person kennt, welche das Jobangebot aufgegeben hat. Tipp: Weniger als <b>zwei Personen</b> sollten Sie bei einer direkten Ansprache nicht von dem zuständigen Personalleiter trennen. Weitere Unternehmen, zu denen Sie über Kontakte verfügen, finden Sie unter "Unternehmen in Ihrem Netzwerk" auf Ihrem LinkedIn <b>Stellenmarkt</b>.
7. Knüpfen Sie Kontakte mit dem richtigen Ansprechpartner für Personalfragen
Der beste Weg, um mit dem Personalleiter in Kontakt zu treten, führt über eine Person, die ihm <b>persönlich bekannt</b> ist. Verfügen Sie nicht über einen solchen Kontakt, können Sie LinkedIn dazu nutzen, jemanden innerhalb des Unternehmens zu finden, der für Sie den Kontakt herstellt. Erhält der Personalverantwortliche Ihre Bewerbung von einem seiner Kollegen, dann wird sie weitgehend auch beachtet.
8. Lüften Sie geheime Qualifikationsanforderungen
Stellenanzeigen sagen nicht immer alles darüber aus, welche Qualifikationen der Personalverantwortliche für eine bestimmte Stelle tatsächlich sucht. Versuchen Sie über <b>Kontakte innerhalb des Unternehmens</b> einen Einblick darüber zu erhalten, was wirklich für diesen Job zählt. Über LinkedIn können Sie mit Hilfe der <b>Unternehmenssuche</b> herausfinden, welche Beziehungen Sie innnerhalb Ihres Netzwerks mit dem Unternehmen verknüpfen. Fehlen Ihnen diese Kontakte, dann sehen Sie sich die Profile derjenigen an, die in diesem Unternehmen arbeiten und ziehen Sie hieraus Schlüsse, welche Qualifikationen besonders gefragt sind.
9. Steigen Sie bei Startups ein
Wenn Sie bei großen Unternehmen keinen Erfolg haben, ist es möglicherweise an der Zeit, es mit einem Startup zu probieren. Netzwerke wie LinkedIn erlauben eine <b>erweiterte Suche</b>, bei der Sie "Startup" als Stichwort eingeben können. Sie können die Suche im Weiteren auf bestimmte Branchen (Web 2.0, Biotechnologie, etc.) und Standorte einschränken.
10. Bauen Sie sich Ihr Netzwerk auf, bevor Sie es tatsächlich brauchen
Ein letzter Tipp: Abgesehen von der wirtschaftlichen Lage und dem Verlauf Ihrer Karriere stellt ein starkes Netzwerk immer eine gute Basis für die Sicherheit Ihres Jobs dar. Warten Sie mit dem Aufbau Ihres Netzwerks deshalb nicht, bis die Zeiten sich zum Schlechten wenden. Der Schlüssel zu erfolgreicher Netzwerkarbeit ist nicht die Antwort auf die Frage, wen Sie kennen, sondern vielmehr <b>wer kennt Sie</b>. Und weiterhin gilt: Verschwenden Sie keine Zeit damit, sich zu fragen, was bestimmte Personen für Sie tun können, sondern bedenken Sie immer, was Sie für Ihre Kontakte leisten können.

Die Ochsentour

Das Abfindungsangebot klang für Bertold Tucher äußerst verlockend. Über das firmeneigene Intranet hatten Betriebsrat und Unternehmensleitung 2009 Konditionen und Rechenschablone veröffentlicht, und jeder konnte sich selbst ausrechnen, was dem internationalen Softwareunternehmen der Verzicht auf einen Arbeitsplatz wert war. Es bestand kein Zweifel, dass der Konzern Personal abbauen wollte. "Die Stimmung war nicht gut, ich habe mir Gedanken über meine Zukunft gemacht", erzählt Tucher, der seinen richtigen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte.

Ein Wechsel in die Zentrale wäre mit Risiken behaftet gewesen. Eine vergleichbare Position als Softwarearchitekt und Projektleiter konnte Tucher niemand zusichern, da auch für interne Positionen ein Einstellungstopp verhängt worden war.

Tucher entschied sich für das Abfindungsangebot und wurde von Juni bis Dezember 2009 freigestellt. "Nach 13 Jahren im Job habe ich mir eine Auszeit genommen, denn gerade durch die Sandwich-Position in der unteren Führungsebene war die Arbeitsbelastung hoch", so der IT-Experte. Seit Oktober nutzte er vom Xing-Profil über Initiativbewerbungen, Stellenanzeigen und Online-Jobbörsen bis zu persönlichen Kontakten die ganze Palette der Bewerbungsmöglichkeiten.

Doch die Ausbeute war ernüchternd. Selbst von Unternehmen, zu denen sein Profil gut gepasst hätte, kam die Reaktion: "Interessant, momentan aber nicht." Viele der ausgeschriebenen Stellen wurden nicht besetzt, so der Eindruck des berufserfahrenen Bewerbers.

Selbstzweifel beschlichen den 39-Jährigen während seiner Bewerbungsphase nicht. "Ich war mir sicher, dass ich etwas finde und dass meine Qualifikation passt", berichtet er. Nicht gerechnet hatte er damit, dass die Jobsuche so lange dauern und ein Vollzeitjob sein würde. So vergingen vier Monate bis zum ersten Arbeitstag beim neuen Arbeitgeber. "Die Suche war zeitaufwendiger als gedacht", gibt er zu. Der neue Arbeitgeber hatte gründlich gerechnet, ob er sich den qualifizierten Mitarbeiter leisten konnte. "Ich hatte Gehaltsvorstellungen, von denen ich nicht abrücken wollte. Es sollte wieder eine Position als Projektleiter sein", erläutert der IT-Experte.

Nach zahlreichen Vorstellungsgesprächen gab es zwar Absagen, aber auch Angebote. Bei einem Arbeitgeber hätte Tucher schon im Dezember einen Vertrag unterzeichnen können. Doch er wollte "hundertprozentig sicher sein", den richtigen Job gefunden zu haben. Von seinem jetzigen Arbeitgeber ist Tucher überzeugt. Dazu haben auch mehrere Vorstellungsgespräche beigetragen und der intensive Austausch mit dem künftigen Chef: "Die zwischenmenschliche Ebene stimmt."

Enttäuscht war Tucher dagegen von größeren Konzernen. "Derzeit kommen oft nur Bewerber zum Zug, deren Profil 100-prozentig mit dem jetzigen Bedarf des Unternehmens übereinstimmt. Viele Interessenten, deren Qualifikation zur langfristigen Firmenstrategie passen würde, bleiben außen vor."

Dennoch zieht Tucher ein positives Fazit. Die Stellensuche lief für ihn gut, auch wenn er seinen Zeitplan heute anders gestalten und früher mit der Suche beginnen würde. In den Wochen vor Weihnachten bis Ende Januar sind seinen Erfahrungen zufolge viele Firmen mit sich selbst beschäftigt und haben keine Zeit für Bewerber.

Überleben in der Krise
Wie Sie der Krise trotzen . . .
Stellenabbau bei SAP, Kurzarbeit in der Automobilbranche. Wie sich Arbeitnehmer in der Finanzkrise verhalten können, dazu gibt Karriereberaterin Svenja Hofert wertvolle Tipps.
1. Halten Sie sich zurück mit apokalyptischen Prognosen . . .
. . . und zitieren Sie gegenüber dem Arbeitgeber jetzt nicht gleich Karl Marx. Das Unternehmen will und braucht Optimisten – ganz genau wie die Börse.
2. Wechseln Sie derzeit nur . . .
. . . wenn Sie wirklich sicher sind, es beim neuen Arbeitgeber besser zu treffen. Eine alte Regel lautet: Die letzten (Eingestellten), werden die ersten sein, denen man kündigt.
3. Wenn Sie doch wechseln wollen oder müssen, . . .
. . . fragen Sie das neue Unternehmen nach seinen Strategien in der Finanzkrise. Springen Sie nur auf dynamische Motorschiffe und nicht auf sinkende Dampfer.
4. Arbeiten Sie nicht still vor sich hin . . .
. . . in der Hoffnung, nicht entdeckt zu werden. Kommen Sie aus der Defensive: Bringen Sie Ideen, Vorschläge, seien Sie konstruktiv in der Krise, kommunizieren Sie Erfolge.
5. Fordern Sie eine offene Kommunikation von Ihren Vorgesetzten.
Sprechen Sie es an, wenn Sie das Gefühl haben, dass sich hinter verschlossenen Türen etwas zusammenbraut.
6. Beobachten Sie die Entwicklungen in Ihrem Unternehmen sehr genau.
Bewerben Sie sich lieber früher als später woanders, wenn Sie merken, dass sich eine langfristig negative Entwicklung anbahnt.
7. Analysieren Sie Ihr Profil und Ihren Marktwert.
Wenn Sie wissen, wo Sie stehen, werden Sie der Krise auch gelassener begegnen können.
8. Steigern Sie Ihren Marktwert durch Weiterbildung.
Gut ausgebildeten Fachkräften kündigt man nicht so schnell.
9. Nicht einschüchtern lassen!
So lange das Unternehmen nicht direkt von der Krise betroffen ist, gibt es keinen Grund für Gehaltskürzungen. So wie Mitarbeiter ihre Gehaltserhöhung niemals mit zu hohen Kraftstoffpreisen argumentieren sollten, sollten Unternehmen die Finanzkrise außen vor lassen. Es geht um Leistung, sonst nichts.

"Immer höflich bleiben"

Madeleine Leitner

Die Münchner Karriere-Beraterin Madeleine Leitner im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE:

CW: Mit welchen Fragen kommen Menschen zu Ihnen in die Beratung?

LEITNER: In vielen Unternehmen ist der Druck momentan sehr hoch und wird an die Mitarbeiter weitergegeben. Mobbing und Schikane sind gängige Methoden, um Leute zum Gehen zu zwingen. Es gibt auch Firmen, die ihre Angestellten mit Auflösungsverträgen überrumpeln wollen.

CW: Was empfehlen Sie in dieser Situation?

LEITNER: Immer höflich bleiben und Ruhe bewahren, auf keinen Fall überstürzt handeln. Die Betroffenen sollten zunächst ihre familiäre Situation berücksichtigen, sich mit dem Partner beraten und genau überlegen, welche beruflichen Alternativen es gibt. Es ist immer besser, sich aus der Angestelltenposition heraus zu bewerben. Auch ein Aufhebungsvertrag, der über sechs oder neun Monate läuft, bietet Zeit, sich aus dem Job heraus um einen neuen Arbeitsplatz zu kümmern.

CW: Was empfehlen Sie Jobwechslern?

LEITNER: Überlegen Sie sich die nächsten Karriereschritte und Berufsziele. Eine gründliche Recherche der beruflichen Situation und Analyse des Arbeitsmarktes für die Qualifikation sollte am Anfang stehen. Versuchen Sie, Risiken realistisch abzuschätzen und gehen Sie systematisch vor. Selbst wenn Sie eine neue, interessantere Position gefunden haben, sollten Sie in der alten Firma keine verbrannte Erde hinterlassen. Bleiben Sie höflich - auch wenn es Unstimmigkeiten gab.

CW: Trotz guter Qualifikation finden manche Bewerber momentan nicht so schnell einen neuen Job. Woran liegt das?

LEITNER: Viele Personalabteilungen suchen den perfekten Bewerber. Wer draußen ist, findet schlechter einen neuen Job. Deshalb sollten Kandidaten alle möglichen Wege nutzen, von sozialen Netzwerken wie Xing bis zum persönlichen Kontaktnetz. Gerade über diese Schiene werden viele Stellen neu besetzt.