Software für das Service-Management

Jederzeit dienstbereit

25.10.2004 von Johann Baumeister
Wenn die Produkte immer ähnlicher werden, wird der Service immer wichtiger für die Kundenbindung. Und wenn die Abläufe stimmen, lässt sich damit gutes Geld verdienen. Zahlreiche Software-Tools helfen dabei.

DER DEUTSCHE bedient lieber eine Maschine als seine Kunden.“ Mit dieser provokanten Aussage brachte Lothar Späth kürzlich eines der großen Probleme der deutschen Wirtschaft auf den Punkt. Doch immer mehr Firmen denken in diesem Punkt um. „In Kundendienst und Service liegen die entscheidenden Chancen, sich von der Austauschbarkeit der Produkte zu befreien und seine Stärken auszuspielen“, meint Wolfgang Schwetz, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Schwetz Consulting. In Zeiten gesättigter Märkte hilft der Service, sinkende Umsätze beim Produktverkauf auszugleichen, und dient gleichzeitig als Maßnahme zur Kundenbindung sowie als Grundlage für Up- und Cross-Selling-Aktionen. Etwa dann, wenn der Techniker bei seinem Besuch vor Ort feststellt, dass Altgeräte beim Kunden ablösungsreif sind.

Synergie-Effekte nutzen

In vielen Firmen bleiben derartige Chancen, Synergien zu heben, jedoch immer noch ungenutzt, weil die Erfassung und Verteilung solcher Informationen nicht oder nur ungenügend unterstützt wird. Selbst wenn Unternehmen Software für die Steuerung ihres technischen Außendienstes einsetzen, handelt es sich oft um Insellösungen, aus denen kaum verwertbares Wissen für andere Unternehmensabteilungen gewonnen wird. Wer solche Systeme nutzt, sollte sich ernsthaft mit ihrer Anbindung an bestehende betriebswirtschaftliche Systeme wie Warenwirtschaft und Vertriebssoftware befassen. Das, so Schwetz, sei das Mindeste. Besser sei - gerade für Anwender älterer Systeme - eine Investition in integrierte Lösungen.

Das Angebot an Werkzeugen für das Service-Management ist groß. Die Vielfalt der möglichen Funktionen von der Adressenverwaltung über die Tourenplanung bis zur Zeiterfassung zeigt, dass Überschneidungen mit Warenwirtschaftssystemen und Software für das Kundenbeziehungs- Management (CRM) kaum vermeidbar sind. Dies ist nahe liegend, benötigt doch jedes der genannten Systeme Basisfunktionen wie etwa die Adressoder Terminverwaltung. Das bedeutet allerdings nicht, dass ein beliebiges CRMTool auch als Service-Management- Werkzeug verwendet werden kann. Michael Gottwald, Geschäftsführer der Hamburger Softselect GmbH, räumt denn auch ERP-Software mit integrierten Modulen für die Außendienstunterstützung und speziellen Lösungen für Service-Management die größeren Marktchancen ein. Die Softwareauswahl-Berater von Softselect erstellten kürzlich eine Untersuchung zum Themenkomplex Service-Management (Studie Soft- Trend 229, siehe Kasten).

Schneller reagieren

Wichtigste Aufgabe von Service-Management- Tools in der heutigen Unternehmenspraxis ist es, Informationen für den Servicetechniker bereitzustellen. Dazu gehören sowohl die technische Beschreibung der zu wartenden Geräte oder Anlagen als auch eine kundenbezogene Historie über Ausbau, Umbau oder Reparatur sowie Daten über Garantieleistungen und Verträge. Die vollständige Integration der Systeme ist höchstens ansatzweise realisiert. Ersatzteilbestellung mittels Vor-Ort-Zugriff des Servicemitarbeiters oder die Abrechnung der Serviceeinsätzen von unterwegs sind bislang die Ausnahme.

So organisiert etwa die SIG Corpoplast GmbH & Co. KG in Hamburg die Einsatzplanung ihrer 40 Servicetechniker mit dem Service-Management-System „Innosoft“ des gleichnamigen Herstellers. SIG erstellt und vertreibt mit 270 Mitarbeitern Produktionsanlagen für PET-Flaschen. Das gesamte Ersatzteilgeschäft läuft über die ERP-Anwendung von SAP. Dennoch ist sich der stellvertretende Serviceleiter Frank Goebel sicher: „Der Einsatz eines Service- Management-Systems lohnt sich in jedem Fall. Die Übersicht über alle Prozesse im Service ermöglicht Flexibilität und ein schnelles Reagieren.“

Anwender zufrieden

Rundum zufrieden mit seiner Lösung gibt sich auch Christian Scheiblehner von der PA Pichlmüller Apparatebau im oberösterreichischen Enns. Das Unternehmen produziert und betreut mit 30 Mitarbeitern Klimasysteme, wie sie beispielsweise für die Kühlung von Rechenzentren eingesetzt werden. Zur Verwaltung der Wartungsverträge und Koordination von Serviceeinsätzen setzt der Klima-Profi auf spezielle Erweiterungen der Suite „P2plus“ des Herstellers AP AG. Die Lösung beinhaltet die Erfassung und Verbuchung von Arbeitszeiten und Ersatzteilbedarf. Ferner werden Serviceauftragsabwicklung, Garantieabwicklung sowie die Verwaltung von Wartungs- und Mietverträgen damit abgebildet.

Service-Management ist nicht nur ein Thema für den Außendienst: Die Erreichbarkeit der Servicezentrale für den Kunden ist eine wichtige Voraussetzung für dessen Zufriedenheit. Hier spielt das Internet neben dem Call- Center eine wichtige Rolle, egal ob der Kunde seine Anfrage per E-Mail oder HTML-Formular direkt schriftlich formuliert oder ob die für ihn zuständige Serviceniederlassung recherchiert. Auch für die Bereitstellung von Hilfe zur Selbsthilfe und von aktuellen Detailinformationen für den Techniker vor Ort ist das Web eine kostengünstige Plattform - auch wenn viele Kunden beim Kauf von Maschinen und Anlagen immer noch auf einer gedruckten Bedienungsanleitung bestehen. Die Ersatzteildisposition ist ein weiterer wesentlicher Bestandteil des Service- Managements. Sie ist bei den vielen verfügbaren Systemen höchst unterschiedlich gelöst und reicht von der telefonischen Benachrichtigung über automatische Fax-Mitteilungen ins Home-Office des Servicetechnikers bis zur Mobilfunk- Anbindung. Damit ist der Datenzugriff vom Auto aus genauso möglich wie von den Geschäftsräumen des Kunden aus. Hierfür gibt es zwei Methoden: In einem Fall werden die vor Ort benötigten Daten periodisch mit dem mobilen Gerät des Außendienstmitarbeiters abgeglichen, im anderen Fall erfolgt der Zugriff direkt auf die Daten in der Zentrale. Der Vorteil des direkten Zugriffs liegt in der Aktualität der Daten. Je nach Umfang der benötigten Informationen stellt dieses Verfahren allerdings enorme Ansprüche an die Bandbreite der mobilen Anbindung: Baupläne in dreidimensionaler Darstellung etwa verursachten bislang hohe Kosten durch lange Download-Zeiten. Abhilfe verspricht hier UMTS - dies ist jedoch noch Theorie, denn Praxisbeispiele sind bislang Mangelware.

Großen wirtschaftlichen Nutzen verspricht die Planung der Mitarbeitereinsätze mit IT-Unterstützung. Je weniger Zeit der Techniker auf der Straße verbringt, umso höher ist seine Produktivität. Die Routenplanung ist deshalb das Kernstück der Außendienststeuerung. Sie vermeidet Sternoder Leerfahrten durch optimierte Fahrrouten und hilft, Zeiten und Kosten zu reduzieren. Ein Nutzer von Werkzeugen dieses Genres ist die Handelsvertretung Kleimann mit 16 Mitarbeitern und Sitz in Neu-Isenburg. Das Unternehmen beliefert den Elektrogroßhandel mit Liebherr-Hausgeräten. Die Vertriebsgesellschaft hat rund 1100 Kunden mit über 3500 Ansprechpartnern. Jeder Außendienstmitarbeiter betreut einen Stamm von rund 150 Kunden. Zur Tourenoptimierung setzt man auf Intertour/Service der PTV AG in Verbindung mit der CRM-Software „GenesisWorld“ der Karlsruher CAS Software.

Relativ neu in den Programmen für das Service-Management sind Workflow-, Routing- und Eskalationsverfahren für die Servicebearbeitung. So ermöglicht es beispielsweise „Consol CM“, Anfragen anhand eines einzustellenden Workflows zu erfassen und weiterzuleiten. Diese Verfahren sind zwar durch Lösungen für den internen Service (wie etwa die Produkte von Remedy, Peregrine oder Frontrange) seit Jahren im Einsatz, beim Außendienst jedoch stellen sie noch die Ausnahme dar.

Portal integriert Prozesse

Ein Begriff, der im Zusammenhang mit Service-Management immer häufiger erwähnt wird, ist der des Portals. Grund ist die integrative Funktion von Portalen, in denen sich Kundendaten, Vertragsdaten und Gewährleistungsinformationen bis hin zu technischen Daten über das zu reparierende System oder die Änderungshistorie einer Anlage unter einer Oberfläche zusammenführen lassen. Eine Portallösung verwendet auch der Maschinenbauer Aebi & Co. AG. Das Unternehmen aus Burgdorf in der Schweiz beschäftigt weltweit rund 450 Mitarbeiter, davon 35 im Serviceeinsatz. Alle After-Sales- Prozesse wie Kundendienst, Maschinen- Management und Knowledge- Management werden durch ein E-Service-Portal abgebildet. Die Ersatzteilbeschaffung wird im ERP-System verwaltet und ist durch Schnittstellen mit dem Service- Management-System „Actricity“ verbunden.

Fehler reduzieren

Gute Erfahrungen hat man bei Aebi vor allem im Bereich Fehlersuche gemacht. Kundendienstleiter Dominic Meier: „Über das Knowledge- Management-System haben wir die Möglichkeit, vom Service auf Entwicklung und Produktion einzuwirken. Wir möchten Fehler in der Produktion nur einmal machen und gewinnen aus dem Service- Management viele Informationen zur Verbesserung unserer Produkte.“ Wer solche Informationen systematisch nutzt, tut nicht nur etwas für die Kundenbindung, sondern auch für die Refinanzierung seines Services-Management- Systems. (uk)