Die Erleichterung stand dem Messe-Chef ins Gesicht geschrieben. Erstmals seit zehn Jahren hätten die CeBIT-Veranstalter wieder ein Wachstum zu verbuchen. Mehr als 4200 Aussteller aus 70 Ländern haben in diesem Jahr ihren Weg auf das Messegelände in Hannover gefunden, verkündete Raue kurz vor dem Start. Im vergangenen Jahr standen am Ende 4150 Unternehmensnamen auf der Ausstellerliste.
Zu dem Wachstum beigetragen haben Raue zufolge auch neue Initiativen der Messegesellschaft. So ließen sich im Vorfeld mit Hilfe einer Internet-Plattform, auf der sich Interessen von Besuchern mit den Themen von Ausstellern verknüpfen lassen, leichter Geschäfte anbahnen. Messegäste könnten so ihren CeBIT-Besuch besser vorbereiten und Aussteller effizienter mit potenziellen Kunden in Kontakt treten. "ITK ist der Schmierstoff von vielen Geschäftsmodellen", lautet Raues Fazit zum CeBIT-Auftakt.
CeBIT: Das Davos der Hightech-Branche
Bitkom-Präsident Scheer nahm den Faden auf und verglich die IT-Messe mit dem jährlichen Treffen der Hochfinanz und Politik im schweizerischen Davos. "Die CeBIT ist das Davos der Hightech-Industrie." Eine Industrie, die sich momentan allerdings in einem Umbruch befindet, wie der Verbandschef nahtlos anfügte. Neue Techniken rund um das Cloud Computing würden weit reichende Veränderungen nach sich ziehen.
Offenbar nicht zum Schaden der hiesigen IT-Branche. "Die Auftragsbücher sind voll", vermeldete Scheer. Der Verband der Hightech-Industrie bekräftigte zum CeBIT-Auftakt seine Wachstumsprognose für den deutschen ITK-Markt. Nachdem die Geschäfte im vergangenen Jahr um 2,0 Prozent auf 142,7 Milliarden Euro zugelegt hatten, soll der Markt auch in diesem Jahr um 2,0 Prozent auf dann 145,5 Milliarden Euro wachsen. Auch für das kommende Jahr rechnen die Bitkom-Verantwortlichen mit einem Plus von 2,0 Prozent auf ein ITK-Marktvolumen von 148,4 Milliarden Euro. Dass die Wachstumsraten eventuell höher ausfallen als jetzt prognostiziert, will Scheer nicht ausschließen. "Eventuell erleben wir eine positive Überraschung."
Ihre Hoffnungen gründen die Bitkom-Verantwortlichen auf neue Techniken und Geschäftsmodelle rund um Cloud-Computing. Das spiegelt sich auch in den Prognosen der IT-Anbieter wieder. 62 Prozent der vom Bitkom befragten Hersteller bezeichneten die Cloud als das Top-Thema dieses Jahres. Schon 2010 wollen fast 30 Prozent der befragten Anbieter zehn Prozent und mehr ihres Umsatzes mit Cloud-Diensten erwirtschaften. Für das nächste Jahr rechnen bereits über die Hälfte der Firmen mit Cloud-Einnahmen im deutlich zweistelligen Umsatzanteil.
Bitkom-Prognose: Cloud-Umsätze wachsen zweistellig
Laut den Prognosen des Branchenverbands wird der deutsche Cloud-Markt in diesem Jahr ein Volumen von 3,5 Milliarden Euro erreichen. Das sind 55 Prozent mehr als 2009. Auch in den kommenden Jahren sollen die Cloud-Geschäfte im deutlich zweistelligen Bereich zulegen. Die Wachstumsraten bewegen sich zwischen 27 und 51 Prozent. 2015 taxieren die Experten das Marktvolumen in Deutschland auf 13 Milliarden Euro, wovon 4,8 Milliarden Euro auf das B2C-Segment und 8,2 Milliarden Euro auf den B2B-Bereich entfallen sollen.
Aber auch die klassischen IT-Märkte können nach Einschätzung Scheers auf gute Geschäfte hoffen. Vor allem der Hardware-Markt boomt, sagt der Bitkom-Präsident. Beispielsweise soll der PC-Umsatz in diesem Jahr um sechs Prozent zulegen. Tablet-PCs, von denen Scheer zufolge 1,5 Millionen Stück 2011 in Deutschland verkauft werden, könnten sich als eigenständige Produktkategorie etablieren. Die Nachfrage nach Software wird in diesem Jahr um 4,5 Prozent anziehen, der Bedarf an IT-Services um 3,5 Prozent. Insgesamt könne der deutsche IT-Markt 2011 damit um 4,3 Prozent auf 68,8 Milliarden Euro wachsen. Die Telekommunikationsgeschäfte legten dagegen vergleichsweise schwach um nur 0,3 Prozent auf 64,3 Milliarden Euro zu.
Fachkräftemangel kostet die Branche Milliarden
Während sich Scheer mit der Marktentwicklung zufrieden äußert, kritisiert er den aus Verbandssicht weiterhin herrschenden Fachkräftemangel. 59 Prozent der Mitgliedsunternehmen gaben an, darunter zu leiden. Der Branche gingen jährlich 2,5 Milliarden Euro an Umsatz wegen dieses Problems verloren, klagten die Bitkom-Vertreter. "In der Bildungs- und Zuwanderungspolitik muss sich sehr viel mehr bewegen", fordert Scheer und prangert mangelnden Technikunterricht in Schulen und hohe Abbrecherquoten im Informatikstudium an. Während der Verband an dieser Stelle mehr Engagement der Politik fordert, ist an anderer Stelle weniger staatlicher Einfluss gewünscht. Gesetzliche Regelungen dürften innovative Angebote nicht verhindern. "Nicht jeder neue Dienst muss mit einem eigenen Gesetz reguliert werden", sagt der Verbandschef und verweist auf Selbstverpflichtungsinitiativen der Branche wie beispielsweise im Rahmen von Geodaten-Diensten. Überhaupt dürfe man die IT-Branche nicht nur auf Diskussionen um Abbildungen von Häuserfassaden im Internet reduzieren, fordert Scheer. "Schließlich hat unsere Technik wie beispielsweise Twitter zuletzt auch einen großen Beitrag für die Freiheitsbewegungen in Nordafrika geliefert."