CW-Anwenderstudie IT-Kompass 2011 - Teil 1

IT zwischen Hoffen und Bangen

06.02.2011 von Karin Quack
Die IT-Abteilungen investieren wieder - auch in Innovationen. Aber die Entscheider sind vorsichtig geworden. Das ist ein Ergebnis der Anwenderstudie "IT-Kompass" von COMPUTERWOCHE und IDC.

Wie lassen sich die Kunden besser zufrieden stellen und länger an das Unternehmen binden? Und auf welche konjunkturelle Entwicklung muss sich der Betrieb einstellen? Diese Fragen beschäftigen die Führungskräfte der deutschen Unternehmen derzeit am meisten - so ein Ergebnis aus dem aktuellen "IT-Kompass", für den die Marktforscher von COMPUTERWOCHE und IDC rund 900 IT-affine Führungskräfte aus hiesigen Unternehmen befragt haben.

Grundsätzlich schätzen die Teilnehmer an der breit angelegten Studie die wirtschaftliche Entwicklung positiv ein, so die IDC-Analystin Lynn Thorenz. Allerdings legten die Umfrageergebnisse die Vermutung nahe, dass viele dem Frieden noch nicht so recht trauen. Das mag damit zusammenhängen, dass sie einen verstärkten Wettbewerbsdruck spüren und in ihrer jeweiligen Branche einen Strukturwandel beobachten, wie die Studie ausweist.

Die Frage ist nun, was die IT dazu beitragen kann, die Unsicherheit erträglich zu machen und den konjunkturellen Aufschwung als Sprungbrett für den Unternehmenserfolg zu nutzen. Oder anders ausgedrückt: Welche Bedeutung messen die Unternehmen der IT im Rahmen ihrer strategischen Unternehmensplanung zu? Und inwiefern sehen sie die IT als ein Mittel zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit?

IT-Kompass 2011
IT zwischen Hoffen und Bangen
Die IT-Abteilungen investieren wieder - auch in Innovationen. Aber die Entscheider sind vorsichtig geworden: Budget- und Personalwachstum halten sich in Grenzen. Das legt die von COMPUTERWOCHE und IDC Deutschland vorgenommene Anwenderbefragung "IT-Kompass" nahe.
Die wichtigsten Hardwarethemen
Server-Virtualisierung hat für IT-Verantwortliche weiter höchste Priorität.
Gute Noten für die Qualität
Wie zufrieden sind Sie mit Ihren Hardwarelieferanten im Hinblick auf die folgenden Punkte?
Die wichtigsten Softwarethemen
Der Bedarf an neuen Business-Anwendungen hat in einigen Unternehmen nachgelassen.
Lizenzen ärgern die Kunden
Wie zufrieden sind Sie mit Ihren Software- und Servicelieferanten im Hinblick auf die folgenden Punkte?
Die wichtigsten Servicethemen
Wie schon im Vorjahr wollen IT-Verantwortliche vor allem die Service-Levels der internen IT verbessern.
Unflexible Serviceanbieter
Wie zufrieden sind Sie mit den Angeboten Ihrer IT-Dienstleister im Hinblick auf die folgenden Punkte?
Bedarf an IT-Experten
Ein Großteil deutscher Unternehmen hat Schwierigkeiten, IT-Fachkräfte zu rekrutieren. Vor allem Spezialisten für Business-Anwendungen wie BI oder ERP sind weiterhin rar, obwohl der Druck im Vergleich zum Vorjahr etwas nachgelassen hat.

Der IT-Kompass

  • Zum zweiten Mal haben IDC und die IDG Marktforschung unter dem Motto "IT-Kompass" die IT-Entscheider deutscher Unternehmen befragt.

  • In diesem Jahr wurden mehr als 900 Unternehmen angeschrieben, von denen etwa 60 Prozent, also knapp 600, zu den Ergebnissen beitrugen.

  • Die Branchenverteilung der angeschriebenen Unternehmen orientierte sich an der wirtschaftlichen Struktur in Deutschland. Allerdings blieb die IT-Branche außen vor, um die Ergebnisse nicht zu verfälschen.

  • Im Vergleich zur gesamtwirtschaftlichen Verteilung sind die Großunternehmen, die ja einen erheblichen Teil der IT-Investitionen tätigen, überdurchschnittlich stark im Sample vertreten.

  • Die Antworten stammen zu etwa 70 Prozent von IT-Führungskräften, was für die Aussagekraft der Ergebnisse spricht.

Wettbewerbsfaktor IT

Die Antworten auf diese Fragen könnten kaum unterschiedlicher ausfallen: 22 Prozent der Teilnehmer sagten, die IT sei in der Geschäftsführung vertreten und gestalte die Unternehmensstrategie aktiv mit. Etwa genauso viele beteuerten, die IT sei Kernbestandteil der Geschäftsstrategie.

Diesen insgesamt 44 Prozent stehen jedoch 37 Prozent gegenüber, bei denen die IT nur in Einzelfällen "explizit" in die strategische Planung eingebunden ist. Und in 19 Prozent der befragten Unternehmen spielt sie für die Business-Strategie allenfalls eine untergeordnete Rolle. Gegenüber den Vorjahresergebnissen haben sich die Gewichte marginal ins Positive verschoben: Fünf Prozentpunkte wanderten von der "Einzelfall"- in die "Kernbestandteil"-Kategorie.

Weniger umstritten ist die Bedeutung der IT als Wettbewerbsfaktor: "Ohne unsere leistungsfähige und moderne IT könnten wir uns am Markt langfristig nicht halten" - diesen Satz würden 37 Prozent der Befragten unterschreiben. Weitere 28 Prozent sehen die IT als ein "wichtiges Differenzierungsmerkmal" im Wettbewerb. Macht zusammen 65 Prozent, die in der IT eindeutig eine Waffe im Konkurrenzkampf sehen. Im vergangenen Jahr vertraten nur insgesamt 52 Prozent der Umfrageteilnehmer diese Ansicht.

Es bleiben aber immer noch 22 Prozent, die einen Vorsprung des Unternehmens durch die IT lediglich in Einzelfällen und in dann auch nur in geringem Umfang konzedieren. 13 Prozent bestreiten ihn sogar rundheraus.

Potenziale liegen brach

Werden die IT-Potentiale in Ihrem Unternehmen ausgeschöpft?

Diese Einschätzung spricht möglicherweise ja nicht generell gegen die Möglichkeiten der IT, sondern bedeutet "nur", dass die IT des jeweiligen Unternehmens falsch aufgestellt ist. Denn 91 Prozent der Teilnehmer räumen ein, dass sie die Potenziale der IT keineswegs voll ausschöpfen. Im vergangenen Jahr äußerten nur 87 Prozent diese Kritik.

Mit einiger Sicherheit lassen sich die Möglichkeiten der IT am besten ausnutzen, wenn die IT-Verantwortlichen in der Unternehmensführung vertreten wären oder zumindest direkt an die Firmenspitze berichten würden. Das ist aber noch immer nicht gang und gäbe. Zwar haben die meisten Umfrageteilnehmer nur noch den Firmenlenker oder einen IT-Vorstand über sich. Doch ein Fünftel der befragten IT-Manager ist nach wie vor - oder sogar aufs Neue - dem Finanzchef unterstellt. Weitere sechs Prozent müssen einem anderen Fachbereich Rechenschaft ablegen. "Hier besteht die Gefahr, dass die IT zu stark mit der Finanzbrille betrachtetet und fast ausschließlich am IT-Budget und deren Reduzierung gemessen wird", warnt der IDC-Analyst Matthias Kraus.

Das Business erwartet von der IT vor allem, dass sie ihm bei der Verbesserung der Geschäftsprozesse hilft - beispielsweise durch Automatisierung von Arbeitsabläufen oder die Beseitigung von Medienbrüchen beim Datenaustausch. Stark nachgefragt werden jedoch auch IT-Systeme zur Unternehmenssteuerung. Darüber hinaus kann die IT beim Business punkten, wenn sie Compliance-Anforderungen zügig und exakt umsetzt. Die gesetzlichen Regularien haben den vergangenen Jahren deutlich zugenommen, erläutert Kraus, und die Umfrageergebnisse seien Beleg für einen weiterhin hohen Handlungsbedarf. Als ebenso wichtig sehen die Studienteilnehmer allerdings die IT-Unterstützung bei der Einführung neuer Produkte und Dienstleistungen an. Und an der Aufgabe, die Unternehmenskosten zu senken, wird die IT auch in diesem Jahr nicht vorbeikommen.

IT-spezifische Herausforderungen

Welche IT-spezifische Herausforderungen sehen Sie?

Unter den IT-spezifischen Themen rangiert die Sicherheit schon seit Jahren ganz oben. Gegenüber dem Vorjahr an Bedeutung gewonnen hat die Verbesserung der IT-Performance, wie sie sich beispielsweise mit Hilfe von Standardisierung und Konsolidierung sowie eine generelle Modernisierung der IT-Landschaft erzielen lässt. "Nach wie vor findet sich in vielen Unternehmen ein Wildwuchs von unterschiedlichen IT-Systemen," sagt Kraus. Dieser "IT-Dschungel" drossele den Durchsatz der IT, und er berge ein "erhebliches" Potenzial zur Senkung der IT-Kosten.

Neben diesen Effizienzthemen wird jedoch das Business-Alignment, also die Ausrichtung der IT an den Geschäftsprozessen, für die Befragten immer wichtiger. Auch das Thema Innovation spielt wieder eine Rolle. Hier zählt sich die Hälfte der befragten Unternehmen zu denen, die neue Techniken entweder an vorderster Front oder zumindest in der zweiten Welle einführen. Ein Viertel schwimmt eigenen Angaben zufolge mit dem Strom. "Auch wenn es sich um ein Selbsteinschätzung handelt, so lässt sich insgesamt erkennen, dass die befragten Unternehmen im Vergleich zum letzten Jahr etwas innovationsfreudiger sind", lautet Kraus' Fazit.

Getrieben werden die Innovationen in zwei von drei Fällen durch den CIO oder IT-Leiter. So jedenfalls das Ergebnis der Umfrage. Demgegenüber stoßen die Fachbereiche bestimmte IT-Innovationen höchstens in jedem vierten Fall an. Von der Geschäftsführung oder dem Vorstand geht der Impuls eher selten aus - genauer gesagt: nur in elf Prozent der Fälle.

Die Budgets wachsen wieder

Der überwiegende Teil der Befragten erwartet leicht steigende Budgets.

Innovationen und Business Alignment lassen sich allerdings nur schwer durchsetzen, wenn der größte Teil der IT-Budgets von operativen Aufgaben aufgefressen wird. Und das ist nach Einschätzung von IDC in den meisten Unternehmen der Fall. Der Umfrage zufolge werden mittlerweile jedoch 43 der für die IT verfügbaren Mittel für Projekte mit den Fachabteilungen aufgewendet. In der ersten IT-Kompass-Studie lag dieser Anteil nur bei 39 Prozent. Wie die Marktforscher erläutern, sei das wohl eine Folge der stärkeren Fokussierung vieler IT-Abteilungen auf das Business.

Zudem sehen die Befragten einen generellen Aufwärtstrend in Sachen IT-Investitionen: Gemäß der aktuellen Studie werden die Unternehmensausgaben für die IT im laufenden Jahr deutlich über denen von 2010 liegen. 37 Prozent der Teilnehmer erwarten eine Steigerung der Budgets, nur 17 Prozent eine Mittelkürzung.

In Summe bewegen sich die Wachstumsraten im unteren einstelligen Prozentbereich, so die IDC-Prognose. Das Geld fließe 2011 vor allem in Software und IT-Services, also weniger in neue Rechner. Die Aufgabe, den Investitionsstau auf der Hardwareseite abzubauen, hätten die Unternehmen ja schon 2010 in Angriff genommen.

Hinsichtlich der IT-Services sagt IDC ein überdurchschnittliches Wachstum (3,1 Prozent) im Bereich Outsourcing vorher, das Projektgeschäft erhole sich etwas langsamer (2,4 Prozent). Eine Umsatzsteigerung "deutlich über dem Marktdurchschnitt" sehen die Analysten für Themen wie Hosted Application Management und Hosting Infrastructure Services.

Nur Spezialisten sind gefragt

Die konjunkturelle Erholung schlägt sich derzeit nicht in einem adäquaten Personalwachstum nieder, moniert IDC. Ganze 47 Prozent der Unternehmen planten aktuell, neue Mitarbeiter einzustellen. Damit liege dieser Wert nur knapp über dem des Vorjahres (45 Prozent). Die Marktforscher vermuten hierin ein Signal dafür, dass in vielen Unternehmen die Bereitschaft zum Outsourcing steige. Doch immerhin 54 Prozent der Befragten erwarten, dass die Bedeutung der internen IT steige.

Obschon die generelle Neigung, neues IT-Personal einzustellen, eher schwach ausgeprägt ist, gaben 73 Prozent der Befragten an, sie suchten IT-Leute mit bestimmten Fachkenntnissen. Und die seien schwer zu finden beziehungsweise für das betreffende Unternehmen nicht rekrutierbar. Gefragt sind nach wie vor Spezialisten für Business-Anwendungen wie ERP oder BI, aber auch Support-Mitarbeiter und Softwareentwickler.

Wie entwickelt sich die strategische Bedeutung der internen IT?

IT- und Enterprise-Architekten werden bislang nur in 17 Prozent der Unternehmen gesucht, obwohl es nach Einschätzung vieler Marktbeobachter künftig eine rege Nachfrage nach diesen Qualifikationen geben wird. Das gilt vor allem dann, wenn die die strategische Bedeutung der internen IT wächst. Davon sind allerdings nur 33 Prozent der Umfrageteilnehmer überzeugt, 43 Prozent sehen den Wert der Unternehmens-IT gleich bleibend, während er für 24 Prozent tendenziell schrumpft.