Deutscher kontra europäischer Ansatz

IT-Zertifizierung: Die Suche nach dem richtigen Standard

17.10.2003
FRANKFURT/M. (CW) - Wie lässt sich die IT-Weiterbildung so vereinheitlichen, dass die erworbenen Qualifikationen vergleichbar und international anerkannt sind? Mit dieser Frage beschäftigte sich die Jahrestagung der Gesellschaft für Informatik (GI) in Frankfurt am Main.

"Alle Zertifizierungsversuche der vergangenen 30 Jahre haben sich nicht durchgesetzt." Dabei wären sie vor allem in der Pionierzeit der Informatik nötig gewesen. Arbeitsmarktexperte Werner Dostal von der Bundesanstalt für Arbeit zeigte sich skeptisch gegenüber den jüngsten Zertifizierungsbestrebungen in der IT.

Derzeit stehen sich der deutsche Ansatz der arbeitsprozessorientierten Weiterbildung (APO), für den das Bundesforschungsministerium, Verbände wie der Bitkom, Gewerkschaften und die Fraunhofer-Gesellschaft eintreten, und der europäische Ansatz Eucip gegenüber: Die European Certification of Informatics Professionals geht auf die Initiative der Dachorganisation der europäischen Informatikgesellschaften Cepis zurück und will europaweit standardisierte Grundlagen für die IT-Zertifizierung schaffen. Dazu Cepis-Geschäftsführer Peter Bumann: "IT-Fachkräfte müssen mobil und flexibel einsetzbar sein, um in ganz Europa arbeiten zu können. Darum sollten die Konzepte für den Nachweis beruflicher Qualifikationen auch in internationaler Zusammenarbeit entstehen."

APO-Konzept fiel durch

Sich auf eine europaweit einheitliche IT-Zertifizierung zu einigen, beurteilen Kritiker als Herkulesaufgabe, die kaum zu bewältigen scheint. Auch das nationale APO-Konzept, das eine einheitliche IT-Weiterbildung für Deutschland schaffen will, hat sich bislang noch nicht durchgesetzt. So nimmt etwa der Deutsche Industrie- und Handelstag, der ursprünglich am APO-Konzept mitarbeitete, wieder davon Abstand. Der Grund: Da bei diesem Konzept die Weiterbildung in den Betrieb verlagert wird und sich an den Arbeitsprozessen des Mitarbeiters orientiert, sei der Aufwand für die Unternehmen zu hoch. In der Tat gibt es bislang nur wenige Firmen, die wie die Deutsche Telekom einigen ihrer Mitarbeiter eine solche Zertifizierung ermöglichten.

Die europäische Zertifizierungsvariante Eucip setzt dagegen auf die Wissenvermittlung durch bewährte Bildungsträger. Zudem verlangt sie ein definiertes Grundwissen als Voraussetzung, um das entsprechende Spezial-Know-how inklusive Zertifikat erwerben zu können. (am)

APO und Eucip - was sich dahinter verbirgt

APO: Arbeitsprozessorientierte Weiterbildung

Mitarbeiter lernen durch Erfahrungen in realen Projekten, die den Vorgaben von Referenzprojekten entsprechen. Der Erwerb der Kompetenzen wird durch eine Dokumentation nachgewiesen. Für insgesamt 29 Spezialistenprofile kann man sich weiterqualifizieren.

Eucip: European Certification of Informatics Professionals

Die Weiterbildung gliedert sich in die Bereiche Planung, Aufbau und Betrieb von IT-Systemen. Auf der ersten Ebene werden die Kandidaten in allen Bereichen ausgebildet. Auf der zweiten Ebene spezialisieren sie sich auf ein Feld, das sich an realen DV-Positionen orientiert.