IT-Services: Festpreise lösen aufwandsbezogene Abrechnungen ab

17.05.2006
Im IT-Services-Projektgeschäft sind Festpreise auf dem Weg, die klassische Abrechnung nach Aufwand abzulösen

Schon im vergangenen Jahr hatten Festpreise einen ähnlich hohen Stellenwert wie die Abrechnung nach Personal- und Materialaufwand. Das stellt das Berliner Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Berlecon in seiner Marktanalyse "IT Services 2006" fest, die sich auf Aussagen von IT-Dienstleistern bezieht. Der Trend in Richtung Festpreisabrechnung werde sich 2006 ungebrochen fortsetzen (siehe: Im OutsourcingMarkt sind bald nur noch Standardservices zu beziehen).

IT-Servicepakete entstehen ähnlich wie Fertighäuser aus standardisierten Komponenten

Von dieser Entwicklung profitiert der Kunde: Hat er die Projektrisiken bei der aufwandsbezogenen Kalkulation selbst zu tragen, verbleiben sie im Fixpreismodell beim Anbieter. Ausufernde Projektlaufzeiten und -budgets, die während der Boomjahre im IT-Servicesegment noch häufig zu Lasten der Anwender gingen, muss der IT-Dienstleister nun selbst verantworten (siehe: Was vor Projektvergabe zu bedenken ist). Zudem vereinfachen Festpreise den Angebotsvergleich und schüren so den Wettbewerb zwischen den Anbietern. Vom erhöhten Preisdruck profitieren wiederum die IT-Servicekunden.

Vom Anbieter- zum Käufermarkt

Berlecon sieht denn auch eine Wandlung vom Anbieter- zum Käufermarkt. In anderen Dienstleistungsbranchen mit intensivem Wettbewerb, etwa im Baugewerbe, sei der Festpreis schon längst die dominierende Abrechnungsform. Selbst private Häuslebauer hätten gelernt, vor Baubeginn mehrere Angebote zum Festpreis einzuholen und die Zahlung solange zu verweigern, bis das versprochene Ergebnis erzielt wurde.

Für IT-Serviceanbieter ist das Geschäft damit schwieriger geworden, was sich nicht zuletzt auf die Honorare auswirkt (siehe: Honorare bleiben unter Druck). Doch wer sich entsprechend aufstellt, kann profitieren, indem er standardisierte Angebotspakete schnürt und aktiv zum Festpreis anbietet. Kunden profitieren von der Kalkulationssicherheit und den vergleichsweise moderaten Preisen. Die Anbieter indes können durch Standardisierung Skaleneffekte nutzen. Außerdem lassen sich Neukunden gewinnen, die später an höherwertige Services mit größerer Gewinnmarge herangeführt werden können.

Im Projektgeschäft wird abgezockt

Insbesondere im Projektgeschäft, so beobachten die Marktforscher, gebe es derzeit indes noch relativ wenige standardisierte Festpreisangebote. Berlecon bezieht sich bei dieser Feststellung auf eine Untersuchung der Internet-Sites, wo viel von innovativen Lösungen und Qualität die Rede sei, konkrete Angebote zu attraktiven Preisen dagegen kaum auftauchten. "Offensichtlich will sich kein IT-Dienstleister dem Verdacht aussetzen, ein Aldi im IT-Servicemarkt zu sein. Nahezu alle IT-Serviceanbieter wollen sich als Qualitäts- und Innovationsführer positionieren, dagegen bewirbt sich nur ein kleiner Teil um die Kostenführerschaft", beobachten die Berliner.

Standardisierte Angebotspakete als qualitativ minderwertig oder weniger innovativ zu sehen, sei jedoch eine Fehleinschätzung. Beispielsweise könnten im IT-Consulting-Bereich Strategieworkshops oder IT-Assessment-Pakete als Pauschalangebote vermarktet werden. Die Anbieter müssten ihren Kunden nur den Mehrwert vor Augen führen.

Der Verkaufspreis ist das schlagende Argument

Großes Potenzial für Festpreisofferten sieht Berlecon im Bereich der Softwareimplementierung und -integration. Durch Schnüren von Lösungspaketen ließen sich Skalenerträge erwirtschaften, außerdem könnten Folgeaufträge generiert werden. "Hat der Kunde erstmal eine Basislösung implementiert, so entsteht typischerweise schnell weiterer Integrationsbedarf", so die Marktforscher.

Serviceanbieter sollten dabei nicht darauf verzichten, dass Kostensenkungspotenzial möglichst auszuschöpfen. Der Verkaufspreis sei nun einmal das schlagende Argument. Um preislich attraktive Angebote schnüren zu können, könnten Offshore-Komponenten in die Lösungsangebote integriert werden. Hier bestehe noch erheblicher Nachholbedarf. (hv)