„As a Service“-Boom & Umstrukturierungen

IT-Outsourcing: Große Deals nicht mehr die Regel

19.12.2016 von Bernd Schäfer
Wie steht es im fast abgelaufenen Jahr um den Outsourcing-Markt in EMEA? Ein Blick auf den ISG Index für das 3. Quartal 2016 gibt Aufschluss.

Das gesamte Vertragsvolumen (Annual Contract Value, ACV) in der Region lag in den ersten drei Quartalen 2016 mit 8,8 Milliarden Euro um mehr als zehn Prozent über dem Wert des Vorjahres. Dies meldet der EMEA ISG IndexTM. Die Struktur des Marktes hingegen befindet sich gleich in dreifacher Hinsicht im Umbruch: Zum ersten steigt schon länger die Zahl kleinerer Deals mit einem Volumen von maximal 40 Millionen US-Dollar. Zum zweiten prägen mehr und mehr Restrukturierungen die Outsourcing-Verträge - ein Zeichen für die Reife des Markts. Und drittens boomen As-a-Service-Aktivitäten, während das traditionelle Outsourcing seine vorherrschende Stellung mehr und mehr verliert.

IT-Outsourcing 2016: Mehr Volumen und Umbrüche in dreifacher Hinsicht.
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Seit dem zweiten Quartal 2016 gewährt der ISG IndexTM nun auch dedizierte Einblicke in das wachsende As-a-Service-Business und macht deutlich, dass sich der Outsourcing-Markt in dieser Hinsicht in einem grundlegenden Umbruch befindet. In EMEA zeigte sich das traditionelle Outsourcing in diesem Jahr zwar stabil: Das Vertragsvolumen lag in den ersten drei Quartalen bei 6,7 Milliarden Euro, während es im gleichen Zeitraum 2015 noch 6,3 Milliarden Euro waren. Das ist ein Plus von gut sechs Prozent. As-a-Service-Aktivitäten legten hingegen um 31 Prozent zu: von 1,6 Milliarden Euro in den ersten drei Quartalen 2015 auf 2,1 Milliarden Euro im gleichen Zeitraum dieses Jahres.

Weltweit betrachtet repräsentieren As-a-Service-Aktivitäten nun 38 Prozent des gesamten Outsourcing-Marktes, was fast einer Verdopplung des Anteils seit Anfang 2014 entspricht. ISG geht davon aus, dass der As-a-Service-Markt in den kommenden Monaten und Jahren sowohl in EMEA als auch weltweit noch schneller als bisher wachsen wird, da Kunden zunehmend auf Automatisierung setzen und weiteres operatives Geschäft in die Cloud verschieben.

10 Tipps für einen besseren Outsourcing-Vertrag
Bessere Outsourcing-Verträge
Zehn Tipps geben eine Orientierungshilfe auf dem Weg zu einem fairen Vertrag. Ihnen liegen die Erfahrungen aus zahlreichen Outsourcing-Verhandlungen zugrunde, die das Sourcing-Advisory-Unternehmen Alsbridge geführt hat.
Preiswert statt billig
Nicht immer ist der günstigste Preis auch das beste Angebot. Ein Marktpreis-Benchmark eines darauf spezialisierten unabhängigen Beratungsunternehmens gibt Aufschluss über marktübliche IT-Preise.
Vielfalt nutzen
Der IT-Dienstleister-Markt ist international und sehr heterogen. Hier findet jedes Unternehmen den für seine Unternehmenskultur genau passenden Dienstleister. Ein ehrlicher Blick auf das eigene Unternehmen und auf dessen Möglichkeiten ist enorm wichtig.
In der Kürze liegt die Würze
Bitte keine Vertragslaufzeit mit mehr als fünf Jahren. Der Innovationszyklus, der Wettbewerb und die Preisvolatilität in der IT-Branche sind enorm. Je kürzer die Laufzeit, desto geringer ist die Gefahr in einem unzeitgemäßen Vertrag „gefangen“ zu sein.
Jetzt aber raus
Die IT ist schnelllebig. Der Verhandlung und Verankerung von Kündigungsfristen sollte deshalb ein hoher Stellenwert beigemessen werden. Im optimalen Fall werden nur die dem Dienstleister entgehenden Honorare fällig.
Spieglein, Spieglein
Wie bei Kleidung gilt auch beim Vertrag: das eigene Unternehmen bestimmt den Umfang. Statt auf All-inclusive-Verträge besser auf Maßarbeit anhand der Organisationsreife des eigenen Unternehmens setzen. Single Sourcing ist einfacher zu steuern, Multi-Sourcing bietet mehr Möglichkeiten.
Zwei Pfund Outsourcing, bitte
Die Leistungsbeschreibung (Statement of Work) sollte so detailliert wie möglich ausgearbeitet sein. Auch Neuerungen zum Vorteil des eigenen Unternehmens sollten nachträglich aufgenommen werden können. Verzichtet werden sollte auf vorgefertigte Templates des Dienstleisters.
Geschnitten oder am Stück?
Service Level Agreements (SLAs) dienen gemeinsam mit der Leistungsbeschreibung dazu, den Umfang der Leistungen festzulegen, die durch den Dienstleister erbracht werden. Die SLAs sollten auf die Geschäftsziele des Unternehmens abgestimmt sein. Zudem sollten sie jährlich überprüft und gegebenenfalls angepasst werden können.
Der Preis ist heiß
Die Preisgestaltung ist auch beim IT-Outsourcing vielfältig. Hier sollten die Betriebskosten auf möglichst geringem Level gehalten werden. Wechselkurs-Risiken sollte der Provider tragen. Ein jährliches Überprüfen und Erneuern der Preisgestaltung sowie die Option einer Nachverhandlung ist zu empfehlen.
Ja, wo laufen sie denn?
Bei allen ITO-Projekten hat die Steuerung des Vertrages sowie der Dienstleister-Kunden-Beziehung eine hohe Bedeutung. Ein guter Vertrag definiert spezifische Teams, Verantwortlichkeiten, technische Anforderungen und Eskalationsstufen genau.
ITO-Projekte sind sowohl in
technologischer als auch in vertraglicher Hinsicht hochkomplex. Bevor eine unbefriedigende Vertragssituation für mehrere Jahre manifestiert wird, empfiehlt es sich, Sourcing-Berater als Experten zu Rate zu ziehen. Sie helfen in allen Phasen des Outsourcings.

Outsourcing: Das treibt den Umbruch

Diese Zahlen illustrieren, dass das eigentliche Rennen darum stattfindet, wer mit den sich ändernden Kundenanforderungen besser zurechtkommt. Denn Unternehmen stellen fest, dass sie kontinuierlich immer mehr Funktionen auf den Markt werfen müssen, wenn sie neue Kunden gewinnen und bereits bestehende halten wollen. Und in vielen Fällen bedeutet das, in Richtung Digitalisierung zu sprinten.

Da zudem viele Unternehmen die niedrig hängenden Früchte der Kosteneinsparungen mithilfe ihrer Outsourcing-Verträge bereits geerntet haben, gehen viele nun dazu über, diese eingesparten Dollars oder Euros in digitale Transformationsprojekte zu investieren. Wenn Sourcing-Deals zum Beispiel Automatisierungen beinhalten, die sowohl Aufwände reduzieren als auch Risiken im Middle- und Backoffice senken, verfügen Unternehmen damit über eine Quelle für Erspartes, das sie in andere Projekte reinvestieren können, in denen das Risikomanagement eine wichtigere Rolle spielt.

Für Unternehmen, die ihre digitale Reise gerade erst beginnen, macht der Wettbewerbsdruck solche Ausgaben geradezu zum Muss. Und wer die Vorteile der Digitalisierung am Markt für sich ausschöpfen will – inklusive Cloud Computing und Automatisierung –, muss sich mehr und mehr darauf einlassen, die Komponenten seiner komplexen IT-Landschaften immer wieder neu zuzuschneiden und zu verändern. In der Folge nimmt die Zahl der Restrukturierungen und der As-a-Service-Deals zu: Was früher mit einem Deal abgebildet wurde, findet sich nun in drei, vier Verträgen verstreut wieder.

As-a-service-Boom: Mehr Flexibilität, weniger Kontrolle

Die anhaltende Marktnachfrage nach „As a Service“- und Abonnement-Angeboten verbindet sich mit dem Wunsch der Unternehmen nach Flexibilität – auch wenn damit Kontrollverluste einhergehen. Hinzu kommt, dass Speziallösungen oder Nischenanbieter, die landge als schwierig integrierbar galten, nun als praktikable, wenn nicht gar essentielle Optionen gelten, mit denen sich ein schlagkräftiges digitales Programm realisieren lässt. Auch fällt es Outsourcing-Kunden immer leichter, eine ganze Palette von Anbietern zu managen, während die traditionellen Vorteile der lange etablierten „Allround“-Provider schnell erodieren.

Zum ersten Mal tummeln sich auch kleinere und branchenspezifische Anbieter in Bereichen, in denen traditionell wenige, große Provider dominierten. Weiteren Zulauf erhalten Restrukturierungen durch größere und konventionellere Outsourcing-Deals, die zugleich cloudbasierte Services beinhalten und somit auch diese Kunden in digitale Gefilde führen. Wenn Unternehmen auf solche Angebote zurückgreifen, schlagen sie zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie profitieren von den Vorteilen eines „On demand“-Preismodells, befinden sich aber weiterhin „geschützt“ innerhalb eines eher konventionellen Vertrags. (fm)