Gehaltsstudie 2009

IT-Gehälter wachsen trotz Krise

26.10.2009 von Hans Königes
Die Einkommen der IT-Manager stiegen um 4,5 Prozent, die der Fachkräfte um zwei Prozent. Das ergab die aktuelle Vergütungsstudie von Personalmarkt und COMPUTERWOCHE.
Vom Regen verschont: IT-Profis verdienen trotz krise gut und sogar noch mehr als im Vorjahr.(Foto: Moodboard/Fotolia.com)
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Verkehrte Welt: Nachdem im Vorjahr die Gehälter der IT-Führungskräfte lediglich um zwei und die der Fachkräfte um ein Prozent gestiegen waren, rechneten Vergütungsberater in diesem Jahr erst recht mit eher bescheidenen Zuwächsen. Die aktuellen Zahlen der Hamburger Vergütungsberatung Personalmarkt sprechen jedoch eine andere Sprache. Über 14.000 Datensätze wurden ausgewertet, und das Ergebnis ist eindeutig: Mehr als vier Prozent mehr Geld für die Häuptlinge, rund zwei Prozent für das Fachpersonal.

Tim Böger, Personalmarkt: "Der Fachkräftemangel macht sich bei den Gehältern bemerkbar."

Derzeit verdient eine IT-Führungskaft im Schnitt rund 87.700 Euro Jahresgesamtgehalt, eine IT-Fachkraft erhält 49.200 Euro. "IT-Beschäftigte, insbesondere die Führungskräfte, konnten entgegen dem allgemeinen Markttrend deutlich zulegen", kommentiert Projektleiter und Personalmarkt-Geschäftsführer Tim Böger. Ein Grund sei der anhaltende Fachkräftemangel gepaart mit der demografischen Entwicklung - ein Trend, der sich in den nächsten Jahren verschärfen werde.

Auch Martin Hofferberth, Manager European Database bei Towers Perrin in Frankfurt am Main, teilt Bögers Optimismus - auch im Hinblick auf die nächste Gehaltsrunde. Denn in der aktuellen Towers-Perrin-Umfrage unter europäischen Hightech-Unternehmen geben die Personaler an, dass sie für nächstes Jahr ihr Vergütungsbudget um 2,6 Prozent höher angesetzt haben als in diesem Jahr. "Fast die Hälfte der befragten Unternehmen rechnet aufgrund eines positiven Ausblicks mit Lohnerhöhungen und höheren Vergütungsbudgets", so Hofferberth.

IT-Projektleiter sind die Spitzenverdiener

Guido Happe, Vorstand der Personalberatung Steinbach & Partner, kann sich die gesunden Zuwächse erklären. Der Kampf um die wenigen guten Fachkräfte, die gerade in diesen schwierigen Zeiten wenig Bereitschaft zeigen, den Arbeitgeber zu wechseln, werde immer schärfer ausgetragen - "auch über das Gehalt". Dadurch ist für einige Profis Krise ein Fremdwort. Zum Beispiel Sicherheitsexperten könnten auch beim Wechsel pokern. Für sie gelte nach wie vor die stille Vereinbarung, dass der neue Arbeitgeber zehn bis 20 Prozent mehr zahlen muss als der alte.

Gut lachen haben auch dieses Jahr wieder IT-Projektleiter. Sie gehören zu den Spitzenverdienern unter den IT-Fachkräften und können in Ausnahmefällen bis 200.000 Euro jährlich verdienen. "Derart hohe Gehälter werden in der Regel nur bei sehr komplexen Projekten mit entsprechender Team- und Budgetverantwortung gezahlt", ermittelte Böger. Das durchschnittliche Jahresgehalt eines IT-Projektleiters liegt gegenwärtig bei rund 67.000 Euro.

Nullrunden und Kurzarbeit

Praktiker warnen aber vor überzogenen Erwartungen. Jens Trompeter zum Beispiel, Personalvorstand beim Softwarehaus Itemis, hat kein leichtes Jahr hinter sich. Die Entwickler von modellbasierender Software aus Lünen mussten aufgrund der schwierigen Situation ihrer Kunden zum Teil kurzarbeiten. Trompeter hat mit seinen Mitarbeitern eine Nullrunde hinter sich. In den Jahresendgesprächen zeigten die Beschäftigten viel Verständnis für die Situation ihres Arbeitgebers. Aufgrund der Kurzarbeit konnten Entlassungen vermieden werden, sogar die Mitarbeiter in der Probezeit hat Itemis alle übernommen. Trompeter ist froh, dass sich im Herbst die Auftragslage verbessert hat und immer mehr Beschäftigte wieder regulär arbeiten. Sollte sich der positive Trend so fortsetzen, hat er seinen Mitarbeitern für Mitte 2010 Gehaltsgespräche zugesagt. Als Vertreter eines mittelständischen Arbeitgebers ist Trompeter klar, dass er gute Bewerber nicht allein mit dem Gehalt überzeugen kann. So arbeitet der Personaler intensiv an den weichen Faktoren, zum Beispiel, dass Mitarbeiter - ähnlich wie bei Google - einen Tag pro Woche für ihre Weiterbildung nutzen können.

Vor allem diese weichen Faktoren sind es, die für Mitarbeiter bedeutender werden. "Das Gehalt ist wichtig, aber nicht entscheidend", sagt etwa der 49-jährige Projekt-Manager Volker Reinke. Obwohl gut qualifiziert und mit viel Erfahrung ausgestattet, war er mit einer kleinen Gehaltseinbuße einverstanden. Reinke wechselte in diesem Sommer vom IT-Dienstleister eines Handelshauses zum SAP-Partner Itelligence nach Bielefeld. Der Projekt-Manager legt Wert darauf, dass der Arbeitgeber "zukunftsfähig" sein müsse, dass die Unternehmenskultur stimmen und dass die Arbeit abwechslungsreich sein sollte - alles Kriterien, die er bei Itelligence erfüllt sieht. "Die Firma muss eine Story erzählen können", rundet Personalberater Happe das Profil eines attraktiven Betriebs ab.

Webdesigner sind die Verlierer

Die jährliche Gehaltsauswertung zeigt aber auch, dass nicht für alles Berufsgruppen der Himmel voller Geigen hängt. Am unteren Ende der Gehaltsskala liegen die Web-Designer und Web-Entwickler. Erstere verdienen 34.140 Euro jährlich im Schnitt, Letztere kommen auf rund 38.660 Euro. Dies mag daran liegen, dass Internet-Agenturen, in denen die Web-Profis stark vertreten sind, nicht so gut zahlen wie klassische IT-Beratungs- und Softwarehäuser. Vergütungsexperte Böger hat dennoch eine gute Nachricht für diese Klientel: "Diese Stellen profitieren vom steigenden Nachwuchsmangel, die Einkommen sind dort im Vergleich zum vorigen Jahr um rund 2,5 Prozent gestiegen."

Große Firmen zahlen besser

Wohl dem, der in einem großen Unternehmen arbeitet, denn dort werden auch dieses Jahr wieder höhere Gehälter gezahlt: IT-Fachkräfte können in Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern mit rund 20 Prozent mehr Gehalt rechnen als im Durchschnitt aller Firmen. Dagegen zahlen Firmen mit bis zu 100 Mitarbeitern um rund 16 Prozent unter dem Mittelwert.

Nach wie vor spielt auch die Region eine Rolle. Allerdings fallen die regionalen Gehaltsunterschiede bei IT-Experten im Vergleich zu anderen Branchen nicht ganz so groß aus. Vorne liegt mittlerweile München, wo Arbeitgeber laut Untersuchung 14,8 Prozent über dem Durchschnitt zahlen. Es folgt die Finanzmetropole Frankfurt am Main mit 14,5 Prozent, Düsseldorf mit zehn Prozent und Stuttgart mit neun Prozent. "Grund dafür ist einerseits die größere Konkurrenz von Unternehmen im Vergleich zu ländlichen Gebieten, andererseits natürlich die höheren Lebenshaltungskosten", erläutert Böger.

Wie variabel darf es sein?

"Prämienregelungen nach amerikanischem Vorbild erfreuen sich auch in der IT-Wirtschaft großer Beliebtheit", beobachtet Böger. Immer mehr IT-Unternehmen zahlten ihren Mitarbeitern - auch ohne Führungs- und Vertriebsaufgaben - variable Gehaltsbestandteile. Längst seien es nicht mehr nur große Unternehmen, die variabel entlohnen. Headhunter Happe beobachtet indes auch einen gegenläufigen Trend: "Firmen gehen dazu über, wieder ein höheres Fixgehalt zu zahlen." Praktiker Trompeter von Itemis bestätigt diese Entwicklung: "Selbst unsere Vertriebler haben nur einen kleinen variablen Anteil." Es entspreche nicht der Firmenphilosophie, die Vergütung in den Vordergrund zu stellen. Trompeter weiter: "Wenn ich im Bewerbungsgespräch merke, dass einem Kandidaten das Gehalt sehr wichtig ist und er mit einem zweistelligen Plus gegenüber seiner früheren Tätigkeit rechnet, ist er bei uns nicht richtig."

Immerhin, so die Personalmarkt-Auswertung, erhalten rund 38 Prozent aller IT-Fachkräfte Prämienzahlungen. Für den Einzelnen macht das statistisch etwa sieben Prozent des Grundgehalts aus und beläuft sich auf rund 4300 Euro jährlich. Acht Prozent aller IT-Fachkräfte, deren Daten ausgewertet wurden, haben eine Überstundenregelung, die einen monetären Ausgleich der geleisteten Überstunden vorsieht. Wer eine solche Regelung hat, steigert sein Gehalt dadurch im Schnitt noch einmal um rund 2300 Euro im Jahr.

Einstiegsgehälter stagnieren

Die Einkommen der jungen IT-Spezialisten sind unter Druck, wie Towers-Perrin-Mann Hofferberth und auch Itemis-Personaler Trompeter feststellen. Mit einer Gehaltsbandbreite von 38 000 bis 42 000 Euro Jahresgehalt für Einstieger liege Itemis im Mittelfeld, und damit könne man gut leben.

Insgesamt haben 68 Prozent aller Studienteilnehmer einen Hochschulabschluss - Tendenz steigend. Und das macht sich auch im Portemonnaie bemerkbar. So erhalten IT-Fachkräfte mit Universitätsabschluss im Schnitt 61.400 Euro, mit Master-Abschluss allerdings nur 54.000 Euro, genauso viel wie Experten mit einem Fachhochschuldiplom. Der Bachelor-Abschluss wird mit 47.000 Euro entlohnt. Absolventen von Berufsakademien oder Fachschulen mit staatlich anerkanntem Abschluss kommen auf knapp 49.400 Euro. Wer eine klassische Ausbildung absolviert hat, verdient 41.300 Euro.

bewerben in der Krise
1. Wie findet man eine offene Stelle?
<b>Gabriele Eilers, IhrPersonal</b>: "Optimieren Sie Ihre Bewerbungsunterlagen. Identifizieren Sie die für Sie relevanten Stellenmärkte in den Medien und nutzen Sie deren vielfältige Möglichkeiten. Finden Sie die Firmen, für die Sie gerne arbeiten wollen und starten Sie individuell zugeschnittene Initiativbewerbungen."
2. Es gibt mehr als einen Weg zum Job
<b>Cornelia Riechers, Quality Outplacement</b>: "Der erfolgreiche Bewerber kennt mehr als einen Weg zum neuen Job. Er reagiert auf <b>Angebote in Printmedien</b> und durchforstet dazu sowohl regionale und überregionale Tageszeitungen als auch relevante Fachzeitschriften. In den <b>Internet-Jobbörsen und entsprechenden Suchmaschinen</b> kennt er sich aus. Er schaltet auch ein eigenes Stellengesuch und trägt sein Profil in solche <b>Internet-Portale</b> ein, wo potenzielle Arbeitgeber es finden. Die Möglichkeiten der Agentur für Arbeit schöpft er aus, einschließlich der angeschlossenen Institutionen wie ZAV. Er geht von selbst auf Firmen zu, nicht nur per Telefon, Brief und E-Mail, sondern auch persönlich. Außerdem wendet er sich an die <b>Personalberater</b> und Vermittler in seinem Fachbereich. Sein berufliches und privates Kontakt-Netzwerk nutzt er, um seinen Aktionsradius zu erweitern. Und er optimiert seinen Auftritt mit der Unterstützung eines Outplacement- oder Karriereberaters."
3. Und noch ein Tipp zur Jobsuche:
<b>Susanne G. Rausch, act value</b>: "Neben dem offenen Stellenmarkt, sollten Bewerber auch den verdeckten Stellenmarkt ins Visier nehmen. Der "verdeckte Stellenmarkt" zeichnet sich dadurch aus, dass es einen potenziellen Bedarf an qualifizierten Kandidaten gibt, die diesbezüglichen Stellen jedoch zu einem bestimmten Zeitpunkt aus bestimmten Gründen noch nicht beschrieben, geschaffen oder ausgeschrieben wurden."
4. Wie sollte eine Bewerbung aussehen, damit sie Erfolg hat?
<b>Matthias Busold, Kienbaum</b>: "Während in Boomzeiten mangels adäquater Personalangebote Positionen oftmals mit Kandidaten besetzt werden, die nur anteilig das geforderte Profil mitbringen, kann in Krisenzeiten der hundertprozentig passende Kandidat gefunden werden. Um Absagen und damit Frust zu vermeiden, sollten sich Aspiranten auf Positionen bewerben, die ihrem Profil nahezu in Gänze entsprechen, statt wild Bewerbungen auf alle möglichen Positionen zu versenden."
5. Worüber sollten sich Bewerber im Vorfeld informieren?
<b>Gerhard Humbert, HSC Personalmanagement</b>: "Vor allem darüber, ob Firma und Position zu ihm passen und umgekehrt. Dann die Stellenbeschreibung, die Anforderungen und welche Kommunikationsform vorgesehen ist (E-Mail, Online, normale Post, Telefon). Bei der Stellenbeschreibung und den Anforderungen sollte der Bewerber versuchen, sich ein möglichst gutes Bild von der Person zu machen, die das Unternehmen sucht. Nicht nur, um es mit dem Selbstbild zu vergleichen, sondern auch um einzuschätzen, welche der aufgeführten Tätigkeitsmerkmale, Erfahrungen, Kenntnisse und anderen Kriterien die wichtigsten sind, die ein Kandidat unbedingt mitbringen muss."
6. Was muss man im Vorstellungsgespräch beachten?
<b>Thomas Leibfried, Computacenter:</b> "Grundsätzlich sollten Bewerber sich nicht anders verhalten als sonst auch. Empfehlen würde ich jedoch, zusätzliche Fragen zu stellen, die die wirtschaftliche Situation des Unternehmens und die mittelfristigen Aussichten betreffen, um die Gefahren bei einem Arbeitsplatzwechsel besser einschätzen zu können."
7. Und noch ein Tipp zum Vorstellungsgespräch:
<b>Nicole Mamier, Realtech:</b> "In Krisenzeiten ist es wichtig, dass der Bewerber im Vorstellungsgespräch die Ernsthaftigkeit seines Interesses an einem Arbeitgeberwechsel vermittelt. Natürlich muss der Bewerber auch das Unternehmen besonders auf Herz und Nieren prüfen. Wen sucht das Unternehmen und warum, was wird in der Position erwartet und geboten und bin ich tatsächlich bereit, für den beschriebenen Job zu wechseln? Also, eigentlich wie immer - aber auf beiden Seiten aktuell sicher mit einer Extraportion Skepsis gewürzt."
8. Und noch einer:
<b>Daniela Kudell, IhrPersonal:</b> "Bereiten Sie sich auf das Unternehmen, die Gesprächsinhalte, die Rahmenbedingungen und die Gesprächspartner vor. Seien Sie professionell, verstellen Sie sich aber nicht. Nutzen Sie die Gelegenheit zu prüfen, ob Sie, die Aufgabe und das Unternehmen langfristig zueinander passen."

Die Studie

Die Vergütungsstudie "Führungskräfte und Spezialisten in der IT-Wirtschaft 2009/2010" kann zum Preis von 539 Euro (zuzüglich Mehrwertsteuer und Versandkostenpauschale) per E-Mail an bestellung@personalmarkt.de, telefonisch unter 040/41 34 54 30 oder online über die Personalmarkt-Website bestellt werden. Die Studie richtet sich an Geschäftsführer, Personalleiter und Personalverantwortliche aus der IT-Wirtschaft sowie an Personal- und Unternehmensberater.

Wer hat mitgemacht?

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