Aus der Praxis

IT-Controlling trägt zur Transparenz wenig bei

22.12.2010
Noch hält IT-Controlling in großen Unternehmen nicht das, was es verspricht. Es fehlt an einheitlichen Standards, Methoden - und häufig auch an gutem Willen.
Wenn die Zahlen veraltet sind, hilft kein Controlling.
Foto: Fotolia/Gina Sanders

Dass IT-Controlling in vielen Unternehmen noch in den Kinderschuhen steckt, ist eine allgemein anerkannte Tatsache. Doch erst eine Praxisstudie des Instituts für Wirtschaftsinformatik der Universität St Gallen förderte zutage, dass verzweigte Organisationen und Holding-Strukturen häufig nicht einmal ein gemeinsames Verständnis über das Management von IT-Kosten und -Leistungen entwickeln, geschweige denn Transparenz über die IT-Ausgaben schaffen.

Lange wurde IT-Controlling von den IT-Schaffenden als unerlaubte Einmischung in innere Angelegenheiten betrachtet. Diese Zeiten sind vorbei. In den meisten Unternehmen und öffentlichen Verwaltungen wird IT-Controlling akzeptiert, weil Geschäft und IT eingesehen haben, dass IT-Ressourcen im Sinne des Gesamtunternehmens effizient und effektiv eingesetzt werden müssen. Allerdings steht es in vielen Unternehmen und vor allem in Konzernen und Gruppenstrukturen noch am Anfang. Es existieren sehr unterschiedliche Betrachtungsweisen und Ansätze, die noch nicht zu Best-Practices konsolidiert sind.

Gerade in Gruppenstrukturen mit ihren teilweise weitverzweigten und sehr unabhängig agierenden Konzernbereichen scheitert ein einheitliches IT-Controlling bislang häufig an mangelnder Kostentransparenz und fehlendem oder falsch verstandenem Projektportfolio-Management. Es existieren weder einheitliche Methoden, Standards und Werkzeuge noch sind organisatorische und hierarchische Fragen hinreichend adressiert.

7 Ratschläge für die IT der Zukunft
7 Ratschläge für die IT der Zukunft
Unternehmen müssen über die Zukunft der IT-Plattform nachdenken. Die Frage ist, ob die bestehenden Architekturen für das künftige Geschäft ausreichen.
1. Flexibiltät ist der Schlüssel
Die altbewährten Fünf-Jahres-Pläne für die IT sind schon lange nicht mehr sinnvoll. Die Notwendigkeit Plattformen regelmäßig zu verändern, wirkt sich unter anderem auf die Energieverteilung und die Kühlung von Rechenzentren aus. Der Wechsel von einer Plattform zur anderen hat direkte Auswirkungen auf das Geschäft.
2. Cloud Computing ist keine Mode-Erscheinung
Der Hype um Cloud Computing war etwas übertrieben. Dennoch darf nicht ignoriert werden, dass die Implementierung die Unternehmen in den kommenden Jahren stressen wird. Sie müssen bestimmen, wo Workloads am besten verwaltet werden und wie sie von vorhandenen Architekturen in private, öffentliche und Hybrid-Cloud-Umgebungen umziehen.
4. Die existierende Plattform verbessern
Wenige Unternehmen sind vollkommen unbelastet. Die IT und die dazugehörige Ausstattung bestehen bereits und es muss in ihre Optimierung investiert werden. Wichtig ist der Aufbau eines nicht-invasiven Modells auf etwas, was schon besteht.
5. Modellierung ermöglicht ein besseres Verständnis über PUE und CRC
Die Entscheidung der britischen Regierung für ein CRC-Gesetz (Carbon Reduction Commitment) hat dazu geführt, dass der Kohlenstoffausstoß kontrolliert werden muss. Unternehmen sollten sicherstellen, dass sie genau wissen, wie sich der Kohlenstoffausstoß bei jeglichen Veränderungen verhält.
6. Die passende IT für das Geschäftsrisikoprofil
Wichtig ist, dass Unternehmen sich ein vollständiges Bild über die IT zusammen mit den Abhängigkeiten zwischen IT und Rechenzentrums-Anlagen machen. Ist das gelungen, kann das Geschäft besser unterstützt werden.
7. Mit Kostenmodellen fundierte Entscheidungen treffen
Die Budgets stehen nicht nur bei der IT, sondern in allen Geschäftsbereichen unter starkem Druck. Aus diesem Grund müssen Unternehmen in der Lage sein, ihre Entscheidungen über eine Reihe von Variablen treffen zu können.

Sechs Herausforderungen

Die Praxis-Studie der Universität St. Gallen schildert die Schwierigkeiten, mit denen das IT-Controlling in Gruppenstrukturen und großen Einzelunternehmungen vielfach konfrontiert ist. Die Autoren sehen vor allem sechs Herausforderungen für das IT-Controlling:

Die größte Herausforderung stellt in den sieben untersuchten Unternehmen die unternehmensweite IT-Kostentransparenz dar. Offenbar berichten die IT-Abteilungen der verschiedenen Business-Units nur unzureichend über ihre Ausgaben. Zudem zeigen sie wenig Bereitschaft zur Kooperation mit dem zentralen IT-Controlling - auch hinsichtlich Projektportfolio-Management und IT-Sourcing-Aktivitäten.

Weil die Kosten genauso wenig transparent sind wie die einzelnen IT-Initiativen, können die Großunternehmen nur wenige Synergien beim IT-Einkauf oder der Software-Entwicklung heben. Die komplexen Organisationsstrukturen in einem großen Unternehmen führen dazu, dass das zentrale Controlling zu wenig Informationen erhält, um effektiv zu arbeiten. Und das wiederum kann dann dem IT-Topmanangement selten ausreichende Zahlenwerke als Entscheidungsgrundlage bereitstellen.

Die Studie

  • Die Studie "Group IT Controlling" basiert auf Interviews mit IT-Controllern aus sieben internationalen Konzernen.

  • Als Autoren zeichnen Walter Brenner, Falk Übernickel, Florian Hamel und Thomas Herz von er Universität St. Gallen.

  • Die teilnehmenden Unternehmen weisen einen Jahresumsatz zwischen fünf und 100 Milliarden Euro auf.

  • Sie beschäftigen 20.000 bis 150.000 Mitarbeiter und stammen aus den Branchen, Energieversorgung, Transport und Logistik, Automobilbau, Telekommunikation und Finanzindustrie.

Effizienz steht im Vordergrund

Auch das unternehmensweite Projektportfolio-Management stellt die Teilnehmer an der Studie vor große Probleme. Diese beklagen fehlende Angaben zu den Charakteristika, den Business Case, der strategischen Bedeutung und dem aktuellen Status der Projekte bekommen

Nur mit Hilfe solcher Informationen wäre es dem Controlling möglich, Projekte nach ihrer Bedeutung für eine Division oder das Gesamtunternehmen zu priorisieren. Doch die IT-Abteilungen der verschiedenen Standorte oder Divisionen scheuen sich, diese Angaben zu machen - wohl auch, weil sie fürchten, dass unternehmensweite Vorhaben in der Regel höher priorisiert werden als ihre eigenen divisionalen Initiativen.

Walter Brenner, Leiter des Instituts für Wirtschaftsinformatik in St. Gallen
Foto: Joachim Wendler

Das zentrale Controlling misst die IT-Leistungen, um den effizienten und effektiven Einsatz von IT-Ressourcen sicherzustellen. Die meisten Teilnehmer räumen allerdings ein, dass sie IT-Kosten nur auf Bereichs- beziehungsweise Disivisionsebene messen. Dabei konzentrieren sie sich auf die Frage nach dem effizienten Einsatz. "Sie fragen, ob sie die Dinge richtig machen, aber nicht, ob sie die richtigen Dinge tun", kommentiert Walter Brenner, Leiter der Instituts für Wirtschaftsinformatik an der Univerität St. Gallen.

Nur einmal im Jahr aktuelle Zahlen

Ebenfalls problematisch ist die Frequenz der Kostenmessung. Bei der Mehrheit der Teilnehmer werden die Kosten- und IT-Leistungen unternehmensweit nur einmal pro Jahr erhoben. "Das bedeutet, dass erst vier bis sechs Monate nach der letzten IT-Investition des Vorjahres über die IT-Kosten berichtet wird", moniert Falk Uebernickel, Projektleiter und Habilitand am Institut für Wirtschaftsinformatik. So müssten IT-Entscheider Investitionen für das nächste Jahr treffen, bevor sie überhaupt über die Kostensituation des Vorjahres informiert seien.

Zudem gebricht es den Unternehmen häufig an einheitlichen Standards und Methoden. Es gibt weder unternehmensweit einheitliche Ansätzen für den Umgang mit Business Cases noch Kriterien, mit denen gemessen werden könnte, ob die implementierten Lösungen eigentlich die Vorgaben erfüllen. Selbst an einheitlichen und stabilen Controlling-Begriffen wie IT-Kostendefinitionen und Kontenplänen mangelt es. Das macht einen Vergleich über mehrere Jahre und verschiedene Business-Divisionen hinweg schwierig bis unmöglich.

Kein gemeinsames Verständnis hatten die Studienteilnehmer darüber, wo das IT-Controlling organisatorisch angesiedelt werden sollte - ob in der IT oder in der Finanzabteilung eines Unternehmens. Auch eine einheitliche und klare Definition der Controlling-Aufgaben fand sich nicht. "Aus wissenschaftlicher Sicht lässt sich IT-Controlling in drei Bereiche unterteilen: Überprüfen, Planen und Steuern", so Brenner, "doch die Studie hat gezeigt, wie unterschiedlich das in der Praxis gehandhabt wird." Lediglich die Aufgabe des Monitoringd werde anscheinend in sämtlichen Unternehmen wahrgenommen. (qua)

Womit verdienen unsere Firmen in zehn Jahren ihr G
Womit verdienen unsere Firmen in zehn Jahren ihr Geld?
"Bewahrer der Tradition" und "Hüter des Geschäftsmodells" haben schlechte Karten. Ein Mittelweg muss gefunden werden, sagt Dr. Georg Kraus. Neun Tipps, wie Sie ihr Unternehmen auf den richtigen Weg bringen können:
Neue Wege:
Scheuen Sie sich als Unternehmensführer nicht, unkonventionelle Wege zu gehen - selbst wenn alle Zahlen, Daten und Fakten Ihrem Vorhaben (scheinbar) widersprechen. Denn Zahlen spiegeln nur die Vergangenheit wider. Ihren Aufgabe als Unternehmensführer ist es aber, neue Richtungen einzuschlagen.
Aufgaben abgeben:
Geben Sie Ihr operatives Geschäfts, selbst wenn es Ihnen Spaß macht, an die nächste Ebene ab! Denn Ihre Kernaufgabe als Unternehmensführer ist es nicht, Ihr Unternehmen zu managen, sondern dessen Entwicklung zu steuern.
Neue Märkte:
Bringen Sie Ihre Mitarbeiter in Situationen, in denen sie erleben, was wirklich in den Märkten "abgeht" - zum Beispiel in den Schwellenländern. Deren Entwicklungsdynamik ist faszinierend und erschreckend zugleich. <br><br>Bild: T. Gründer
Motivation:
Belohnen Sie mutige Mitarbeiter - selbst wenn sich ihre Ideen als nicht tragfähig oder umsetzbar erweisen. Ihre Mitarbeiter inklusive Führungskräfte müssen spüren: Das Suchen nach neuen Lösungen und Wegen ist von unseren Vorgesetzten erwünscht und wird (mit Anerkennung) belohnt.
Kreativität:
Richten Sie in Ihrer Organisation "Kreativ-Inseln" ein, wo sich zum Beispiel Ihre High-Potentials als Unternehmer betätigen können. "Start-ups" generieren oft großartige Ideen und Business-Modelle.
Unternehmer-Budget:
Stampfen Sie Ihr betriebliches Vorschlagswesen ein. Installieren Sie stattdessen ein "Unternehmer-Budget". Stellen Sie Ihren Mitarbeiter ohne große Bürokratie Geld zum Ausfeilen, Austesten und Umsetzen neuer Ideen zur Verfügung.
Fordern:
Pushen Sie Ihr Management permanent, sich über die künftigen Entwicklungen in Ihrem Markt sowie im Unternehmensumfeld Gedanken zu machen! Haken Sie in Meetings nicht nur die Agenda ab, sondern fragen Sie zum Beispiel auch mal: Was bedeutet diese technologische Entwicklung für uns? Wie könnte sie weiter gehen?
Fördern:
Stellen Sie sicher, dass Sie ausreichend Menschen um sich haben, die Trendsetter sind oder über Trendscout-Fähigkeiten verfügen. Regelmäßige Workshops mit diesen Menschen und Ihrem Management helfen Ihnen, Marktentwicklungen und Technologiesprünge zu antizipieren.
"Freie" Mitarbeiter:
Stellen Sie Mitarbeiter ohne klare Funktion ein. Bitten Sie diese Mitarbeiter, sich umzuschauen und nach sechs oder zwölf Monaten mit einer Idee für ein neues Geschäfts- oder Businessmodell zurückzukommen.