Kein Lichtblick

IT-Arbeitsmarkt schrumpft schnell

13.08.2009 von Hans Königes
Im Juni hat der Jobmarkt seinen vorläufigen Tiefpunkt erreicht. Fast alle Branchen bieten weniger IT-Stellen.

Ein neuer Rekord, aber im negativen Sinne. Zum ersten Mal ist die Zahl der IT-Jobs im Monat Juni gegenüber dem Vormonat zweistellig zurückgegangen. Die vom Berliner Marktforscher AnzeigenDaten.de ermittelten Offerten aus 89 Zeitungen und 19 Online-Jobbörsen machten ein Minus von 15,4 Prozent auf 10.375 gegenüber dem Monat Mai aus. Gegenüber Mai 2008 beträgt das Minus sogar 41,7 Prozent. Keinen Trost bietet der Gesamtstellenmarkt, auch hier ist ein Rückgang von 15,8 Prozent auf 107.184 Stellen gegenüber dem Vormonat zu vermelden.

Dunkle Wolken statt Sonne: So stehen die Zeichen am IT-Arbeitsmarkt.
Foto: www.c-by-jmh.de

Die meisten Jobs schreiben nach wie vor Personalberater und -vermittler im Auftrag ihrer Kunden sowie die Zeitarbeitsfirmen aus. Auf sie entfallen über 50 Prozent aller Offerten. Allerdings mussten beide Branchen einen starken Rückgang hinnehmen. Bei den Beratern machte er 17,3 Prozent auf 2913 Offerten aus und bei den Zeitarbeitfirmen sogar 21,4 Prozent auf 2754. Dafür verlangsamte sich der Rückgang in der IT-Industrie, der im Vormonat zweistellig ausfiel. Hardwarespezialisten fanden im Juni um 5,5 Prozent weniger Jobangebote als im Mai, Softwerker um 6,9 Prozent.

Ingenieurmangel: Wunsch und Realität

Weniger gute Nachrichten kommen aus Branchen, die sich bisher als recht stabil erwiesen und die lautstark den Ingenieurmangel beklagten. Da wären also zu nennen der Fahrzeugbau (-33,8 Prozent), die Berater (-20,9 Prozent) und der Maschinenbau (-19,2 Prozent), die deutlich weniger IT-Fachkräfte suchen. Ebenfalls eine Überraschung dürfte sein, dass sich auch der öffentliche Dienst in Zurückhaltung übt. Die Berliner Marktforscher registrieren bei Vater Staat ein Minus von 28,8 Prozent.

Dagegen überraschen die Zocker der Nation, die wieder verstärkt IT-Spezialisten einstellen. Die Finanzdienstleister schrieben 302 Stellen aus, was einem Zuwachs von 16,6 Prozent gegenüber dem Vormonat entspricht.

bewerben in der krise
1. Wie findet man eine offene Stelle?
<b>Gabriele Eilers, IhrPersonal</b>: "Optimieren Sie Ihre Bewerbungsunterlagen. Identifizieren Sie die für Sie relevanten Stellenmärkte in den Medien und nutzen Sie deren vielfältige Möglichkeiten. Finden Sie die Firmen, für die Sie gerne arbeiten wollen und starten Sie individuell zugeschnittene Initiativbewerbungen."
2. Es gibt mehr als einen Weg zum Job
<b>Cornelia Riechers, Quality Outplacement</b>: "Der erfolgreiche Bewerber kennt mehr als einen Weg zum neuen Job. Er reagiert auf <b>Angebote in Printmedien</b> und durchforstet dazu sowohl regionale und überregionale Tageszeitungen als auch relevante Fachzeitschriften. In den <b>Internet-Jobbörsen und entsprechenden Suchmaschinen</b> kennt er sich aus. Er schaltet auch ein eigenes Stellengesuch und trägt sein Profil in solche <b>Internet-Portale</b> ein, wo potenzielle Arbeitgeber es finden. Die Möglichkeiten der Agentur für Arbeit schöpft er aus, einschließlich der angeschlossenen Institutionen wie ZAV. Er geht von selbst auf Firmen zu, nicht nur per Telefon, Brief und E-Mail, sondern auch persönlich. Außerdem wendet er sich an die <b>Personalberater</b> und Vermittler in seinem Fachbereich. Sein berufliches und privates Kontakt-Netzwerk nutzt er, um seinen Aktionsradius zu erweitern. Und er optimiert seinen Auftritt mit der Unterstützung eines Outplacement- oder Karriereberaters."
3. Und noch ein Tipp zur Jobsuche:
<b>Susanne G. Rausch, act value</b>: "Neben dem offenen Stellenmarkt, sollten Bewerber auch den verdeckten Stellenmarkt ins Visier nehmen. Der "verdeckte Stellenmarkt" zeichnet sich dadurch aus, dass es einen potenziellen Bedarf an qualifizierten Kandidaten gibt, die diesbezüglichen Stellen jedoch zu einem bestimmten Zeitpunkt aus bestimmten Gründen noch nicht beschrieben, geschaffen oder ausgeschrieben wurden."
4. Wie sollte eine Bewerbung aussehen, damit sie Erfolg hat?
<b>Matthias Busold, Kienbaum</b>: "Während in Boomzeiten mangels adäquater Personalangebote Positionen oftmals mit Kandidaten besetzt werden, die nur anteilig das geforderte Profil mitbringen, kann in Krisenzeiten der hundertprozentig passende Kandidat gefunden werden. Um Absagen und damit Frust zu vermeiden, sollten sich Aspiranten auf Positionen bewerben, die ihrem Profil nahezu in Gänze entsprechen, statt wild Bewerbungen auf alle möglichen Positionen zu versenden."
5. Worüber sollten sich Bewerber im Vorfeld informieren?
<b>Gerhard Humbert, HSC Personalmanagement</b>: "Vor allem darüber, ob Firma und Position zu ihm passen und umgekehrt. Dann die Stellenbeschreibung, die Anforderungen und welche Kommunikationsform vorgesehen ist (E-Mail, Online, normale Post, Telefon). Bei der Stellenbeschreibung und den Anforderungen sollte der Bewerber versuchen, sich ein möglichst gutes Bild von der Person zu machen, die das Unternehmen sucht. Nicht nur, um es mit dem Selbstbild zu vergleichen, sondern auch um einzuschätzen, welche der aufgeführten Tätigkeitsmerkmale, Erfahrungen, Kenntnisse und anderen Kriterien die wichtigsten sind, die ein Kandidat unbedingt mitbringen muss."
6. Was muss man im Vorstellungsgespräch beachten?
<b>Thomas Leibfried, Computacenter:</b> "Grundsätzlich sollten Bewerber sich nicht anders verhalten als sonst auch. Empfehlen würde ich jedoch, zusätzliche Fragen zu stellen, die die wirtschaftliche Situation des Unternehmens und die mittelfristigen Aussichten betreffen, um die Gefahren bei einem Arbeitsplatzwechsel besser einschätzen zu können."
7. Und noch ein Tipp zum Vorstellungsgespräch:
<b>Nicole Mamier, Realtech:</b> "In Krisenzeiten ist es wichtig, dass der Bewerber im Vorstellungsgespräch die Ernsthaftigkeit seines Interesses an einem Arbeitgeberwechsel vermittelt. Natürlich muss der Bewerber auch das Unternehmen besonders auf Herz und Nieren prüfen. Wen sucht das Unternehmen und warum, was wird in der Position erwartet und geboten und bin ich tatsächlich bereit, für den beschriebenen Job zu wechseln? Also, eigentlich wie immer - aber auf beiden Seiten aktuell sicher mit einer Extraportion Skepsis gewürzt."
8. Und noch einer:
<b>Daniela Kudell, IhrPersonal:</b> "Bereiten Sie sich auf das Unternehmen, die Gesprächsinhalte, die Rahmenbedingungen und die Gesprächspartner vor. Seien Sie professionell, verstellen Sie sich aber nicht. Nutzen Sie die Gelegenheit zu prüfen, ob Sie, die Aufgabe und das Unternehmen langfristig zueinander passen."

Baden-Württemberg und Co.: Weniger IT-Jobs in Musterländern

Die meisten freien Stellen entfallen wie auch im Vormonat auf Baden-Württemberg. 2636 Offerten kommen aus dem Ländle, was indes einen Rückgang von fast 20 Prozent bedeutet, im Vormonat betrug das Minus erst fünf Prozent. Nordrhein-Westfalen belegt wie auch im Vormonat Platz zwei und meldet ein Minus von 10,6 Prozent auf 2132 Offerten, nachdem es im Vormonat noch ein Zuwachs von vier Prozent verzeichnete. Auf Platz drei folgt Bayern mit 2095 Positionen (-10,3 Prozent).

Mit deutlichem Abstand zum Spitzentrio folgt Hessen mit 1170 Stellen (-17,7 Prozent). Wiederum mit deutlichem Abstand ist Hamburg auf Platz fünf mit 513 Offerten, was einem Rückgang von 21,7 Prozent entspricht, nachdem es im Vormonat noch ein Zuwachs von 20 Prozent gab, gefolgt von Berlin (496 Stellen, -3,9 Prozent). In Mecklenburg-Vorpommern scheinen bald die IT-Lichter auszugehen. Hier werden genau noch sieben neue IT-Jobs gemeldet, was einem Rückgang von 46,2 Prozent entspricht.

IT-Gehälter 2009
Wer verdient wie viel in der IT- und TK-Branche?
Diese Frage versucht die IG Metall in ihrer Entgeltstudie zu beantworten. Dafür hat sie 2008 insgesamt 21 000 Daten aus 82 Unternehmen untersucht. Die ermittelten Gehälter beziehen sich auf die 35-Stunden-Woche. Schauen Sie, wie viel Entwickler oder Berater verdienen.
Softwareentwickler
verdienen durchschnittlich 4,2 Prozent mehr als 2007. Die Bandbreite reicht hier von 39.000 Euro für Einsteiger bis 62.000 Euro für erfahrene Softwareingenieure. (Foto: Boguslaw Mazur/Fotolia.com)
Unter den Beratern
zeigt sich ein gemischtes Bild: Während sich die obere Führungsriege über steigende Gehälter freuen kann, gingen die Einkommen für normale und Junior Berater zurück. Der Beratungsleiter verdient mit knapp 90.000 Euro mehr als doppelt soviel wie der Einsteiger. Der durchschnittliche Berater erreicht 51. 600 Euro im Jahr. (Foto: Kzenon/Fotolia.com)
Für Hardwareentwickler
geht es in Sachen Verdienst wieder aufwärts, nachdem ihre Gehälter zuvor um 19 Prozent eingebrochen waren. Sie können zwischen 52.700 und 59.800 Euro (Senior Entwickler) verdienen. (Foto: Trutta/Fotolia.com)
Supporttechniker
finden sich auf der Gewinnerseite wieder: Sie erhielten im vergangenen Jahr elf Prozent mehr oder durchschnittlich 54.600 Euro. Zum Vergleich Junior Servicetechniker beginnen bei knapp 35.000 Euro und können sich bei entsprechender Berufserfahrung bis 45.400 Euro steigern. (Foto: Alex Hinds/Fotolia.com)
Call-Center-Agents
gehören zu den Verlierern im Gehaltskarussell: Um durchschnittlich über zwölf Prozent gingen hier die Entgelte zurück. Ein Mitarbeiter an der Info-Hotline kann nur gut 14.000 Euro erwarten, ein Kundenbetreuer beginnt bei 28.000 Euro. (Foto: Patrizier-Design/Fotolia.com)
Der zweite Verlierer sind die Mitarbeiter in den Marketing-Abteilungen
der IT-Firmen. Hier sinken die Gehälter um 13 Prozent. Der Abwärtstrend hat vor zwei Jahren begonnen. Ein Junior Marketing-Spezialist kann mit durchschnittlich 41.000 Euro rechnen, mit entsprechender Berufserfahrung kann sich das Einkommen auf knapp 52.000 Euro steigern. (Foto: Stephen VanHorn/Fotolia.com)

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