Isoft verschiebt Bilanz und stürzt weiter ab

10.07.2006
Nachdem die Isoft-Verantwortlichen bereits zum zweiten Mal die Vorlage der Jahresbilanz verschoben haben, gerät der Softwarespezialist für den Gesundheitssektor immer stärker ins Trudeln.

Isoft hat die Veröffentlichung seiner Zahlen für sein am 30. April abgelaufenes Geschäftsjahr ein weiteres Mal abgeblasen. Laut einem Bericht des britischen Nachrichtendienstes Computergram hängt die neuerliche Verzögerung offenbar mit den gescheiterten Verhandlungen über eine neue Kreditlinie bei den Banken zusammen.

Der Softwareanbieter aus Manchester war in den vergangenen Monaten zunehmend ins Schleudern geraten (siehe auch: Isoft - ungesunder Geschäftsverlauf). Anfang Juni mussten die Verantwortlichen zum dritten Mal in diesem Jahr ihre Prognosen revidieren. Für das Geschäftsjahr 2005/06 sei ein Vorsteuergewinn zwischen 5,5 und 13 Millionen Dollar zu erwarten, lautete ihre Vorhersage. Zuvor waren sie noch von einem Plus in Höhe von 31 bis 40 Millionen Dollar ausgegangen. Die Umsatzprognose senkten sie von 390 bis 400 Millionen Dollar auf etwa 360 bis 370 Millionen Dollar. Der britische Softwareproduzent entschuldigte die schlechteren Zahlen mit einer geänderten Bilanzierung seiner Produkt- und Servicelizenzen. Im gleichen Atemzug kündigte das Management ein Programm zur Kostensenkung an. 15 Prozent der Mitarbeiter in Großbritannien sollen ihren Job verlieren.

Probleme bereitet Isoft in erster Linie das Vorhaben "Connecting for Health" (CFH), ein Mammut-IT-Projekt der britischen Gesundheitsbehörden. Mit einem Gesamtvolumen von etwa 10,8 Milliarden Dollar gehört CFH zu den umfangreichsten IT-Projekten der Welt. Doch mit Vorhaben der britischen Gesundheitsbehörde National Health Service (NHS) steht es nicht zum Besten (siehe auch: Britische Gesundheitsbehörde kämpft mit IT-Problemen). Immer wieder erschütterten in der Vergangenheit Querelen die daran beteiligten IT-Unternehmen. Aufsichtsbehörden warnten wiederholt davor, dass die ursprünglich budgetierten 10,8 Milliarden Dollar bei weitem nicht ausreichen werden. Experten gehen mittlerweile davon aus, dass das Projekt das Doppelte kosten könnte. (siehe auch: Kosten für weltweit größtes IT-Vorhaben verdoppeln sich)

Zuletzt wurde auch Isoft, das als Partner des Dienstleisters Accenture in das Projekt eingebunden war, in den Strudel der Probleme mit hineingerissen. Im März dieses Jahres machte der Serviceanbieter Isoft für kostspielige Projektverzögerungen verantwortlich. Zwar versuchten die Verantwortlichen der NHS, den britischen Softwareanbieter zu stützen, indem sie sich irritiert darüber äußerten, dass Accenture offenbar den Schwarzen Peter für die Probleme weiter schieben wolle. Dem Spezialisten für den Gesundheitssektor half dies jedoch nicht weiter.

Nach der jüngsten Ergebniswarnung erklärte CEO Tim Whiston seinen Rücktritt. Das Ruder übernahmen Chairman John Weston und Bill Henry als COO. Vorrangige Aufgabe des Managements wird es sein, den angeschlagenen Softwareanbieter wieder in die Spur zu setzen. Vor allem die finanzielle Zukunft scheint mehr als unsicher. Insider berichten, dass Isoft kaum Rücklagen besitzt. Daher müsse zunächst mit den Banken Einvernehmen über neue Kreditlinien geschaffen werden.

Die Bereitstellung neuer Gelder werden die Finanzinstitute jedoch von Isofts Rolle in dem NHS-Projekt abhängig machen. Solange diese allerdings unsicher ist, steht auch die finanzielle Zukunft des Softwareanbieters auf tönernen Füßen. Nicht gerade Vertrauen fördernd ist dabei die Rolle Accentures. Der Dienstleister hatte zuletzt angekündigt, Isofts Position im Rahmen des Vorhabens genau zu beobachten. Zudem evaluiere man verschiedene Software-Alternativen. (ba)