SAP bei der OMV

Investitionen bereits 2011 amortisiert

25.02.2010 von Andreas  Schmitz
Mit Rumänien schließt der österreichische Öl- und Gaskonzern OMV sein sechs Jahre dauerndes SAP-Harmonisierungsvorhaben "IRIS" genannt, ab. Schon 2011, so die Aussage von Group CIO Johann Kandelsdorfer, wird sich die Investition von mehr als 50 Millionen Euro gerechnet haben.
"Das Top-Management muss hinter einem derartigen Projekt stehen und der IT-Verantwortliche muss es schaffen, die Projektdisziplin nicht nur einzufordern, sondern auch den Willen dazu im Team zu wecken - sonst steht ein solches Projekt schnell auf der Kippe", sagt OMV-CIO Johann Kandelsdorfer.
Foto: OMV

Wenn Ende diesen Jahres ein Wagen auf eine der 2.500 Tankstellen rollt, ist die Preisangabe für den Sprit zentral gesteuert. Selbst in Rumänien wird kein Tankstellenwart seine Ziffern erst dann auf die Tafel stecken, wenn er einen Anruf aus der Zentrale der OMV bekommen hat. In Millisekunden wird der Preis jenen Stand haben, den das globale Management kalkuliert hat.

Für Johann Kandelsdorfer, seit April 2007 verantwortlich für das Informationsmanagement des Wiener Multimilliardenkonzerns, ist das "IRIS" genannte Projekt wohl eines der wichtigsten unter den derzeit über 300 IT-Projekten, die der Betriebswirt unter seiner Verantwortung hat. Ende diesen Jahres wird das Projekt "SAP-Prozessharmonisierung für Downstream in Central and East Europe" sehr wahrscheinlich abgeschlossen sein, mit der letzten Implementierung im "Petrom"-Land Rumänien.

Eine einheitliche IT-Infrastruktur soll das möglich machen

2005 gestartet hat es damit gerade einmal ein Jahr länger gedauert als zu Beginn erwartet. Summa summarum geht Kandelsdorfer davon aus, dass etwa 30 Prozent des Budgets für Anpassungen und individuelle Schnittstellen als Ergänzungen des Standards nötig wurden, ein Wert, mit dem er gerechnet hat. "Das ist insgesamt akzeptabel, zumal wir den Break Even für das Projekt schon 2011 erwarten", rechnet Kandelsdorfer vor, der IT-Manager mit Finanzhintergrund.

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Bei seinem vorherigen Arbeitgeber General Electric war der 47-jährige für die Zahlen verantwortlich, bei der OMV stieg er Anfang 2005 als kaufmännischer Geschäftsführer der OMV Solutions ein. Rumänien ist in diesem Jahr die letzte Station für das große "Gleichmachen" der heterogenen Systeme, und zugleich die herausforderndste. Denn vor der Akquise im Jahre 2005 war Petrom auf der Systemseite mehr als ein Jahrzehnt hinter der Entwicklung westeuropäischer Staaten, kommentiert Kandelsdorfer - und damit auch viele Jahre hinter SAP und Oracle, den Platzhirschen in Sachen ERP. Zudem war "die IT nicht nach westlichen Standard gemanaged", sagte der damalige CIO Ulf Busch kurz nach der Akquise im Jahr 2005.

OMV entschied sich für SAP, vor allem, weil einige Landesgesellschaften SAP bereits im Einsatz hatten, wenn auch in unterschiedlichen Versionen. Zwar gab es in Deutschland, dem Pionierland bei der geplanten Systemharmonisierung für die SAP-Blaupause, einen etwas holprigen Start, Kandelsdorfer spricht in diesem Zusammenhang jedoch von einem nötigen Lernprozess, der zudem nicht unbedingt überraschend kam. Deutschland (2005) folgte 2006 Österreich und damit auch die Konzernzentrale in Wien. "Das wurde komplexer als gedacht, allerdings liegt hier ja auch der Ursprung der OMV" (Kandelsdorfer). 2005 und 2006, direkt nach der Erwerb des rund 50.000-Mann-Unternehmens Petrom brachte die OMV den SAP-Standard auch in Rumänien als Grundgerüst ins Haus.

Compliance als Haupthürde

Doch erst in diesem Jahr bekommt das Provisorium seinen Feinschliff, passt die OMV die Prozesse des Öl- und Gaskonzerns an jene des Mutterhauses präzise an. Im Oktober, so Kandelsdorfers Plan, wird SAP ERP 6.0 nicht nur implementiert sein, sondern auch alle Prozesse an die lokalen Bedürfnisse angepasst und sämtliche Schnittstellen programmiert sein. Die Herausforderung in den osteuropäischen Nachbarstaaten Kroatien, Tschechien, Ungarn, Bosnien der Slowakei und Slowenien waren ähnlich. SAP war hier zumeist keine Unbekannte, allerdings trafen die IT-Experten unterschiedlichste Releasestände und länderspezifische Prozesse, an.

Als Haupthürden in der Umsetzung erwiesen sich jedoch nicht technische Dinge. Einige lokale Anforderungen waren schlicht nicht absehbar und somit im Vorfeld schwer kalkulierbar. Beispiel: "Aufbewahrungspflichten von Originaldokumenten.", erläutert Kandelsdorfer, Online-Dokumente entsprachen nicht diesen Anforderungen. Und schon wurde wieder eine - zeitaufwändige - Sonderlösung nötig.

Die nächste Hürde bestand darin, dass vor der Einführung von SAP sämtliche lokalen Prozesse auf den Prüfstand kamen und das neue System von SAP, das für viele Mitarbeiter völlig neu war, zu vermitteln. "Wir stellten dafür ein Kernteam ab, die Mitarbeiter vor Ort zu schulen und in die neuen Abläufe mitzunehmen", erläutert Kandelsdorfer. Zusätzlich wirkte der IT-Dienstleister und -Berater Capgemini, der als externer Partner auch das Change Management unterstützte.

Als Schlüsselfaktoren dieses Großprojektes nennt OMV-Manager Kandelsdorfer drei Bereiche: Motivation, Information und Change Management - reine Führungsthemen.

Den Willen im Team wecken

"Ohne, dass das Top-Management offen hinter dem Projekt steht und ohne dass der IT-Verantwortliche es schafft, die Projektdisziplin nicht nur einzufordern, sondern auch den Willen dazu im Team zu wecken, steht ein solches Projekt schnell auf der Kippe", ist Kandelsdorfer überzeugt. Abgesehen von Kosten- und Zeitdruck fiel das Management-Tool Radar im CIO-Office allerdings selten auf rot, das Zeichen dafür, dass akuter Handlungsbedarf in den letzten paar Jahren von Seiten der IT-Verantwortlichen kaum bestand.

Damit der Return on Investment nicht letztlich doch noch in Gefahr gerät, hat der OMV-IT-Chef Controller damit betraut, regelmäßig die Zahlen zu diesem Einzelprojekt zu prüfen. Letztlich ist es zwar schön, wenn das Unternehmen schlankere Strukturen bekommt, externe wie interne "Ressourcen" sparen kann. Eins wird der Group-CIO allerdings nie vergessen: Argusausgen auf die Zahlen zu haben. Das Verhältnis von Preis und Kosten muss stimmen, nicht nur auf den Tafeln der OMV-Tankstellen.