Interactive Objects Software

Interactive Objects Software: Vorreiter für innovative Softwarewerkzeuge

10.12.2001 von Anna Scheich
Interactive Objects Software hat sich einen Namen als Hersteller von Entwicklungswerkzeugen in objektorientierten Umgebungen gemacht. Das Freiburger Unternehmen ist davon überzeugt, dass die Mischung ausUS-amerikanischer Innovationsfreudigkeit und deutschem Qualitätsanspruch Grundlage für seinen Erfolg ist.

OMG Design Award, European Information Society Technologies Prize Winner und Winner Cyberone Award heißen drei der zahlreichen Preise, die Interactive Objects Software einheimsen konnte. Wie kam es, dass es Interactive Objects Software schaffte, sich zu der Crème de la crème der Softwareentwickler hochzuarbeiten?

Die Führungscrew (v.l.n.r.): Richard Hubert, Thomas Koch, Frederik Schlenker

Eine Schlüsselrolle spielt sicher der Gründer Richard Hubert, ein US-Amerikaner mit Master Degrees in chemischer Verfahrenstechnik und Informatik. Nach sechs Jahren Tätigkeit für Digital Equipment in Europa erkannte er die Chancen der verteilten Objektorientierung, eine Technik, die in der Alten Welt noch kaum einer kannte.

1990 gründete er das Unternehmen. Auch nach zehn Jahren an der Spitze der Firma fungiert er immer noch als Vordenker und Impulsgeber der Entwicklungsabteilung. Dass er letztendlich im äußersten Südwesten Deutschlands landete, war eine private Entscheidung: Wie so viele seiner Landsleute war er vom Black Forest fasziniert.

Im Mai 2000 führte Interactive Software "Arcstyler" ein, eine architekturbasierende Entwicklungsumgebung für die Erstellung von J2EE/EJB(Java 2 Enterprise Edistion/Enterprise Java Beans)-Systemen, welche die Softwareentwicklung von der Anforderungsanalyse bis hin zur Auslieferung der Anwendung und zum Testen unterstützt und vereinfacht. Daneben bietet die Firma Beratung rund um IT-Architektur und Technologie-Trainings an. Zudem ist sie aktives Mitglied bei der Object Management Group, einer internationalen Standardisierungsorganisation für objektorientierte Anwendungen.

Auch bei der Forschung mischen die Freiburger ganz vorne mit. Sie bekamen dieses Jahr vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie ein Forschungsprojekt übertragen, in dem sie sich gemeinsam mit der Universität Freiburg dem Thema mehrseitige Sicherheit im Internet widmen. Konstantes Wachstum Inzwischen strebt die agile Softwareschmiede für das Geschäftsjahr 2001 einen Umsatz von 13 Millionen Mark an.

Für eine derart innovative Firma ist das relativ langsame, konstante Wachstum untypisch, sind die meisten IT-Highflyer doch in den zurückliegenden Jahren sehr schnell expandiert. Allerdings hat sich diese Haltung jetzt während der Krise am Neuen Markt bewährt. Denn während den fremdfinanzierten Startups der Geldhahn zugedreht wird, schaffte es Interactive Objects, zwei Venture-Capital-Firmen mit ins Boot zu holen. Zuvor war das Unternehmen aus eigener Kraft gewachsen. Und auch nach der Finanzspritze will es autark agieren - so liegt der Anteil der Investoren weit unter der Sperrminorität. Internationale Expansion

Für Geschäftsführer Frederik Schlenker ist die Beteiligung der Venture Capitalists eine Art Risikoversicherung für die anstehende Internationalisierung. Sie mache Sinn, weil die Probleme der professionellen Softwareentwicklung weltweit die Gleichen seien: "Ziel ist es überall, die Entwicklung zu automatisieren und damit effektiver sowie billiger zu machen." Für Interactive Objects wirkt sich deshalb die neue Sparwelle der Anwenderunternehmen positiv auf die Auftragslage aus. "Früher unterstützten noch Consulting-Häuser die Entwickungsabteilungen, heute müssen die Mitarbeiter ohne sie auskommen. Deshalb sind sie sehr offen für effektive Werkzeuge", erklärt Schlenker.

Seit September dieses Jahres haben die Freiburger eine Niederlassung im britischen Cambridge und seit Oktober eine bei San Franzisko. Sie setzen dabei Mitarbeiter aus dem jeweiligen Land ein, die dort bereits Erfahrungen haben und auch über die nötigen Kontakte verfügen. Auch in Deutschland ist man dabei, eine regionale Betreuungsstruktur aufzubauen. Als Erstes soll ein Büro in Frankfurt eröffnet werden. Das Headquarter wird aber weiterhin in Freiburg bleiben.

IT-Architekten gesucht

Aufgrund der Expansion sucht Interactive Objects Fachkräfte für Marketing und Vertrieb, aber es gibt auch offene Stellen für Techniker im Bereich IT-Beratung und Softwareentwicklung. Da bei den Kandidaten ein breites IT-Grundwissen vorausgesetzt wird, kommen auch für die Einsteigerjobs fast nur Absolventen der Fachhochschule oder Universität in Frage. Wer sich beispielsweise für die Position "IT-Consultant für Applied Distributed Object Architecture" interessiert, sollte schon Erfahrung mit objektorientiertem Design, Java, C++ und Corba bevorzugt in großen heterogenen Umgebungen gemacht haben und sich für EJB, UML sowie XML interessieren. Selbstverständlich wird von dem Bewerber für diese Stelle erwartet, dass er als Consultant eng mit dem Kunden zusammenarbeitet und deshalb über das notwendige Kommunikationsvermögen verfügt. Mund-zu-Mund-Propaganda Einige finden den Weg zu Interactive Objects über Praktikanten- oder Diplomandenstellen, über Jobbörsen, über die ausgeschriebenen Stellen der Homepage, aber auch immer mehr über Mund-zu-Mund-Propaganda. Es gibt auch Interessierte, die sehr systematisch vorgehen: So berichtet Geschäftsführerin Stefanie Hubert, dass ein Südafrikaner im Internet die verschiedenen Unternehmen nach speziellen Suchkriterien durchsucht hat. Da er sich dabei auf innovative Techniken im Bereich verteilte Objekttechnolgie konzentrierte, blieb am Schluss nur noch das Freiburger Unternehmen übrig.

Die 60 Mitarbeiter der Softwareschmiede kommen aus zehn Ländern, darunter USA, Frankreich, Marokko, Tunesien, Brasilien und Spanien, was für ein sehr internationales Klima sorgt. Vor allem das Zusammentreffen von amerikanischer und deutscher Kultur hat sich nach den Erfahrungen der Geschäftsführer positiv auf die Firma ausgewirkt, denn auf diese Weise lasse sich das Innovative der Neuen mit dem Qualitätsanspruch der Alten Welt verbinden. Allerdings legen die Personalverantwortlichen großen Wert darauf, dass die Mitarbeiter einen Bezug zu Deutschland haben und gut deutsch sprechen. Freitag gehört der Weiterbildung Viele haben an einer deutschen Universität studiert oder promoviert, einige haben auch private Verbindungen - so auch der Bewerber aus Südafrika, der mit einer Deutschen verheiratet ist. Trotz der internationalen Belegschaft und der inzwischen auch internationalen Expansion soll Deutsch weiterhin die Firmensprache bleiben.

Die Angestellten sind zwischen 24 und 43 Jahre alt, also eine Mischung zwischen frischen Uni-Abgängern und schon Erfahreneren mit langjährigem Projektwissen. Kommt ein Bewerber in die engere Auswahl, wird er für einen Tag nach Freiburg eingeladen, wo Geschäftsführer, Entwicklungsleiter oder Personalleiter sich im Gespräch ein Bild von der technischen Qualifikation des Kandidaten machen. Auch die menschliche Seite ist wichtig, da in der Entwicklungsabteilung die Teammitglieder sehr eng zusammenarbeiten.

Richard Hubert

Gerne lädt Interactive Objects die Interessierten am Freitag ein, weil dieser Tag der internen Kommunikation oder Weiterbildung gewidmet ist. Die Geschäftsführer berichten über die Marktentwicklung, und jeder Consultant hat drei Minuten, um die neuesten Entwicklungen seiner Projekte darzulegen. Ziel ist es, dass jeder Mitarbeiter den Überblick über das Firmengeschehen erhält. Oft ergeben sich Synergieeffekte, da die Projektmitglieder mit ähnlichen Problemen konfrontiert sind. An jedem zweiten Freitag steht Weiterbildung auf dem Programm. Da es zu den innovativen Technologien keine externen Anbieter gibt, halten die Mitarbeiter die Referate selbst - eine gute Übung, um Praxis als Trainer zu bekommen.

Für Geschäftsführerin Hubert lohnen sich die hohen Investitionen in die Freitage, da hierdurch der Know-how-Transfer gewährleistet wird. Auch die Mitarbeiter sind begeistert: Als neulich ein zweitägiges Persönlichkeitstraining angeboten wurde, nahm die Hälfte der Belegschaft teil, obwohl ein Tag davon auf den Samstag fiel. Werden sich Kandidat und Interactive Objects einig, beginnt die Einarbeitungszeit: Die Neuen durchlaufen die verschiedenen Unternehmensabteilungen. So muss einer, der später in der Entwicklungsabteilung arbeiten soll, zunächst das Consulting-Geschäft kennen lernen. Für die Geschäftsführung ist dieser Vorgang sehr wichtig, denn die Probleme sollen praxisnah aus dem unternehmerischen Alltag gelöst werden und nicht aus einem realitätsfernen "Think Tank". In dieser Phase steht den Einsteigern ein Mentor zur Seite. Praxis statt Think Tank

Wer klassisch die Karriereleiter nach oben klettern und dabei die Visitenkarte mit Positionsbezeichnungen schmücken will, ist bei den Freiburgern falsch am Platz: Neben der Geschäftsführung gibt es nur noch Bereichsleiter und deren Stellvertreter - auch starre Reporting-Strukturen fehlen. Die Aufstiegsmöglichkeiten sind deshalb eher inhaltlich geprägt und ähneln eher einer Fachkarriere, die teilweise auch mit Personalverantwortung einhergeht. "Bezahl die Mitarbeiter gut und sprich nicht darüber", bringt Geschäftsführerin Hubert das Thema Gehalt auf den Punkt. Deshalb habe sich die Firmenführung vor vier Jahren dazu entschlossen, ein einfaches Bonussystem einzuführen.

Fehlende Stock-Options seien übrigens auch zur Blütezeit der New Economy nie ein Thema gewesen, da sich die Bewerber weniger für Gewinnbeteiligungsprogramme, sondern mehr für die Technik interessierten. Hochschulabsolventen erhalten bei Interactive Objects ein Einstiegssalär von rund 80 000 Mark. Hubert blockt überzogene Gehaltsvorstellungen ab: "Viele Bewerber haben trotz relativ geringer Qualifikation immer noch sehr hohe finanzielle Ansprüche. Die werden sie momentan nicht realisieren können." Geringe Fluktuation Wer in den Consulting-Bereich einsteigen will, muss sich darüber im Klaren sein, dass er einen Großteil der Woche beim Kunden eingesetzt wird, also in ganz Deutschland unterwegs ist. Die Berater sollen möglichst schon am Donnerstag die Heimreise antreten und so auch den Kommunikations-Freitag in Freiburg verbringen können.

In der Firma, die zehn Minuten von der Freiburger Altstadt entfernt angesiedelt ist, duzen sich alle. Die angenehme Arbeitsatmosphäre ist sicher ein Grund für die geringe Fluktuation. Auch nach der Arbeit treffen sich die Kollegen: So gibt es interne E-Mail-Verteiler für Inline-Skater, Badminton-Spieler oder Kart-Fahrer. "Die Mitarbeiter kommen wegen der Technik und bleiben auch wegen des guten Betriebsklimas", erklärt Hubert, die stolz darauf ist, auch in den besten Zeiten des Neuen Marktes keinen Mitarbeiter verloren zu haben.