Business-Software für den Handel

Intelligente Filialen, Absatzprognosen und Loyality-Programme

24.02.2009 von Frank Niemann
Software für den Handel soll Effizienzlücken schließen. Doch neben operativen Funktionen sind Methoden gefragt, um den Warenabsatz vorherzusagen und mehr über das Kundenverhalten zu erfahren.

Beim Einkaufen im Geschäft kommt der Kunde kaum mit IT in Berührung - sieht man einmal von der Kasse ab. Tatsächlich aber können Supermarktfilialen auf Computersoftware kaum noch verzichten. Vorbei sind die Zeiten, als der Marktleiter am Ende des Verkaufstags Warenbestellungen am Abend an die Zentrale übermittelt. Heute wollen Filialisten sofort reagieren können, wenn im Regal der Joghurt knapp wird. "Out-of-Stock"-Situationen, also keine Ware mehr im Regal, mindern den Umsatz und verärgert den Kunden. Doch mit ihm will und kann es sich der Handel nicht verscherzen, denn der Markt wächst kaum. Käufer anlocken durch Rabatte reicht nicht, man muss sie binden. Die Geschäfte sind bemüht, den Käufer möglichst direkt anzusprechen, damit er wiederkommt.

Rabatte für treue Kunden

Software für Filialen müssen leicht aus der Ferne zu bedienen sein. Schließlich soll das Personal sich um die Kunden und den Verkauf kümmern.
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Hier setzen Kundenbindungsprogramme an, wie sie von unterschiedlichen Softwarehäusern angeboten werden. Eines davon, Torex mit deutschem Sitz in Berlin, hat "Torex Loyality" entwickelt. Der Händler füttert das Programm mit allerlei Daten über das Einkaufsverhalten der Kunden, sei es im Ladengeschäft oder im Webshop. Aus diesen Informationen soll die Software ableiten, was die Käufer interessieren könnte. Diese Angaben können Torex zufolge helfen, Marketing-Aktionen besser auf die Zielgruppe abzustimmen. Prognosen sollen dabei helfen. Sie liefern Hinweise, welche Kundengruppen wie auf einen Preisnachlass reagieren.

Marketing-Aktionen sollen auf einzelne Käufer zugeschnitten sein. Mit Torex Loyality können Händler Kunden, die sie per E-Mail oder MMS/SMS erreichen, Gutscheine oder Informationen über Sonderverkäufe zukommen lassen. Mehr Umsatz pro Kunde lautet die Devise des Handels.

Kassenbon drucken, Warenumsatz buchen

Neben den Lösungen zur Kundenbindung benötigen Handelsfirmen IT-Produkte, um ihre Filialen effizient zu steuern. Moderne Filialen passen Preise untertags an. Neue Preisangaben können von der Zentrale an die Geschäfte übermittelt werden. Sie stehen dann einerseits im Kassensystem zur Verfügung, andererseits hat das Personal die Möglichkeit, neue Etiketten mit dem passenden Betrag auszudrucken. Noch einfacher geht es, wenn elektronische Preisschilder an den Regalen angebracht sind. Und idealerweise übermittelt die Kasse in der Filiale den Warenumsatz an die Zentrale, sobald sie den Kassenbon gedruckt hat.

IT-Lösungen in der Filiale sollen Betriebsdaten aus verschiedenen Geräten sammeln und so überwachen. Dazu zählen beispielsweise Kassensysteme, Waagen und Kühltruhen. Allerdings benötigen Filialen Software, die sich leicht und vor allem aus der Ferne warten lässt, weil vor Ort kaum Informatiker verfügbar sind, sondern Mitarbeiter, deren Aufgabe es eigentlich sein sollte, sich um volle Regale, adrette Warenpräsentation und kurze Schlangen an der Kasse zu kümmern.

Web-Services an der Tiefkühltruhe

"Filialen benötigen Software, die leicht zu warten ist und auch autark arbeiten kann", so Ronald Scholz, COO der auf Retail-Applikationen spezialisierten Firma GK Software AG aus Schoeneck. Man könne nicht immer davon ausgehen, dass ein Geschäft über eine breitbandige Internet-Verbindung verfügt. Gleichzeitig sollen die lokalen Systeme Filialdaten bündeln und an Buchhaltung der Zentrale übermitteln.

GK Software hat unlängst eine neue Softwaregeneration vorgestellt. "GK/Retail 12" setzt auf einer Java-basierenden Softwareumgebung auf, die es erlaubt, Funktionsbausteine ("Advanced Business Components", kurz ABC) je nach Bedarf zu kombinieren. Nach Überzeugung von GK Software lassen sich diese Komponenten leichter handhaben, überwachen und testen, als wenn die Funktionen in einer monolithischen Software steckten.

Darüber hinaus lassen sich ABCs über Web-Services ansprechen, so dass sie einfacher mit anderen Komponenten sowie mit Drittlösungen verbunden werden können. Beispielsweise könnte ein Händler eine Komponente für Preis- und Rabattregeln auf diese Weise sowohl für das Kassensystem von GK Software als auch für einen Webshop verwenden. Kunden erhalten so die gleichen Mengenrabatte und Sonderkonditionen, egal ob sie einen Einkaufswagen schieben oder einen elektronischen Warenkorb füllen. Handelsunternehmen sollen ferner in die Lage versetzt werden, auf Grundlage der neuen Plattform sowie der Advanced Business Components eigene Prozesse aufzusetzen. Mit GK/Retail will das Softwarehaus ferner den Implementierungsaufwand verringern, so GK-Manager Scholz.

Mit der Integrationslösung "Storeweaver" - die Namensähnlichkeit zur SAP-Plattform Netweaver ist Absicht - lassen sich verschiedene IT-Lösungen einer Filiale an GK/Retail ankoppeln. Meist haben Filialen eine heterogene IT-Umgebung. Storeweaver dient ferner dazu, die Retail-Software mit den SAP-Applikationen der Handelszentrale zu vernetzen (siehe auch "SAP und Oracle drängen in den Handel").

Steak oder Schnitzel: Prognosen steuern den Warennachschub

Während sich GK Software auf Filialsteuerung konzentriert, beschäftigt sich das in der Schweiz beheimatete Softwarehaus SAF AG mit Prognose- und Bestellsystemen für den Handel. SAF hat neues Major Release präsentiert, und zwar Version 5 von "Superstore" und "Superwarehouse", beides Bestandteile der "Retailsuite". Mit der Software sollen Händler ihren Nachschub genau planen können.

Der Handel versucht, den Warenabsatz vorherzugagen, um gezielter einkaufen zu können.
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Gelingen soll dies über Prognosen der künftigen Nachfrage, die in der neuen Version erweitert wurden. Hierbei berücksichtigen die Systeme zahlreiche Einflussgrößen, darunter Feiertage und saisonale Trends oder Sonderaktionen. Beispielsweise sollen die Programme ermitteln können, wie sich ein Sonderangebot einer Warengruppe auf den Absatz anderer Produkte im Sortiment auswirkt. Das Sonderangebot für Biorindfleisch an einem sonnigen Samstag kann den Absatz von Putenschnitzeln reduzieren, jedoch den Verkauf von Grill-Sauce ankurbeln. Mit der SAF-Software könnten Händler ermitteln, wie stark sich diese Effekte auswirken und ob eine Sonderpreisaktion am Ende mehr Umsatz bringt. Sind die Mechanismen bekannt und der Bedarf vorhersagbar, kann der Händler gezielter Waren bestellen.

Auch beim Bestellvorgang greift die Software ein. Nach Herstellerangaben lässt sich so bei der Warennachschubplanung die Preispolitik der Lieferanten berücksichtigen. Das SAF-Produkt soll in der Lage sein, Bestellungen zu verschieben, um günstigere Konditionen nutzen zu können.

Handel will Prozesse standardisieren

„Anbieter von Retail-Lösungen wollen nicht mehr nur Einzelprodukte liefern, sondern Lösungen, um Prozesse komplett abzuwickeln“, erkläutert Lynn-Kristin Thorenz, Beraterin bei PAC in München. Allerdings dürfte ihrer Meinung nach noch nicht jeder Händler bereits in der Lage sein, moderne Softwarekonzepte einzuführen, da sie zum Teil noch veraltete Produkte verwendeten. Der Bedarf der Firmen an neuer Software und an einer Standardisierung der Applikationen sei noch hoch. Der Discounter Lidl beispielsweise habe unlängst einen Online-Shop errichtet sowie ein neues Kassensystem eingeführt. Als nächstes stehe nun auch eine neue Warenwirtschaft an.