Instant Messaging im Unternehmen: Was Profis wissen müssen

26.07.2007
Die Nutzung eines Instant Messengers im Unternehmen kann gefährlich sein, wenn man sich nicht an die Grundregeln hält. Wir haben einige Best Practices aus dem Internet kompiliert – ohne Anspruch auf Vollständig- sowie Ernsthaftigkeit.

Laut Gartner werden im Jahr 2011 ff. Büroangestellte hauptsächlich über Instant Messenger (IM) miteinander kommunizieren. Daher kann man im Grunde genommen bereits heute damit beginnen. Allerdings ist es dafür nötig, unbedingt einige Best Practices zu beachten. Andernfalls läuft man Gefahr, sich gegenüber Kollegen und Vorgesetzten als ein kommunikativer Ignorant zu präsentieren und die Karriere zu bremsen. Selbst wenn Sie im Privatleben IM-Profi sind (und wer ist das nicht?), müssen Sie folgendes beachten: Zwischen dem Chat mit fremden Menschen etwa auf einer Dating-Site oder in Second Life sowie dem Chat mit Ihrem Chef und den Kollegen im Unternehmen gibt es feine Unterschiede. Wer sie erkennt und für sich nutzt, weist sich auch im Enterprise-Umfeld als echter IM-Profi aus. Und wer will das nicht?

Der erste Satz

Der erste Eindruck entscheidet, auch in der Web-gestützten Kommunikation. Also sollten Sie direkt in Medias res gehen oder, wenn Sie das bevorzugen, gleich zur Sache kommen. Fragen Sie via IM daher niemals vorweg an, ob die von Ihnen vom Zaun gebrochene Ad-hoc-Kommunikation Ihrem Gegenüber momentan gelegen kommt, sondern stellen Sie bereits im ersten Satz eine These in den Raum, auf die man einfach in kürzester Zeit antworten muss. Dabei gilt: Der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler. Gute Themen als Eisbrecher sind Gerüchte, Krankheiten und Sex. Lesen Sie Online-Nachrichten und lernen Sie von den Profis, welche Geschichten sich verkaufen. Einen Bonus können Sie immer dann verbuchen, wenn jemand zufällig hinter dem Rücken des Chat-Kollegen mitlesen kann, was in der aufpoppenden IM-Nachricht steht: "Alter, Du und DIE vom internen Vertrieb????? Schönen Gruß an meine Kinder!" Perfektes Szenario: Der Kollege präsentiert mit dem Notebook über einen Beamer vor der obersten Heeresleitung, während Ihre anzügliche Botschaft erscheint. Und noch etwas: Eine Anrede wie "Hallo Peter" oder "Hi Peter" ist bei der IM-Kommunikation überflüssig, Sie schreiben ja nicht Ihrem Onkel. Und schließlich ist der Messenger "instant", also immer gleich die Fakten auf den Tisch.

Länger ist besser

Haha, ein Smiley, das Herz der IM-Kommunikation.

Es gilt: Wer viel zu sagen hat, hat auch viel zu schreiben. Und umgekehrt. Das kleine Fenster des IM lässt sich meistens auf die Größe des gesamten Bildschirms ziehen. Dann passt auch alles hinein, was Sie den Kollegen mitzuteilen haben. Robert Musil hätte den "Mann ohne Eigenschaften" als IM verfasst, wenn er die Gelegenheit dazu gehabt hätte. Statt selbst zu schreiben oder Links zu senden, kann man gleich den Inhalt kompletter Word-Dokumente, Excel-Listen, PDFs und Websites in den IM einfügen, bis dessen Limit erreicht ist. Das erhöht den Druck auf die Kollegen und hält sie davon ab, ihre Ziele zu erreichen. Wahlweise versendet man auch alle paar Sekunden jeweils einen Satz des Elaborats. Dieses Trommelfeuer zermürbt jeden und zeigt, dass Sie der unangefochtene Meister des Selbst-Managements sowie ein "Web-Experte" sind. Im Idealfall stimmt auch noch das Timing: Vor bekannten Deadlines lohnt es sich immer, den begrenzten Horizont der Kollegen mit einer interessanten IM-Diskussion zu erweitern. Gute Termine: die letzten Tage im Quartal (Sales) oder die Panikphase vor beziehungsweise nach Veröffentlichung der Quartalszahlen (IR/PR/Finanzen).

Wenn Ihnen das Gegenüber beim Chatten im Subtext Brücken baut, um die laufende "Kommunikation" ohne Gesichtsverlust zu beenden, sollten Sie diese geflissentlich ignorieren, falls es Ihnen überhaupt aufgefallen ist. Andernfalls kann Ihnen ein defensiver Schritt als Zeichen der Schwäche (Kompromissbereitschaft) ausgelegt werden, was der Karriere in jedem Fall abträglich ist. This is a man's world, und nur Lemminge sind teamfähig. Alles andere ist ein Medienmärchen.

Ein Bild, 1000 Worte

Das lachende Emoticon (aka Smiley) hat sich inzwischen zu einem weltweit bekannten Symbol entwickelt. Seine IM-Nutzung ist folglich kein Alleinstellungsmerkmal mehr. Für den Umgang mit Emoticons im Enterprise-Einsatz eignen sich nur zwei Strategien: Masse oder Klasse. Im ersten Fall sollten Sie dazu übergehen, grundsätzlich mehr als ein Smiley pro Zeile zu verwenden. Allerdings darf man den Bogen nicht überspannen – ein halbes Dutzend Bildchen pro Zeile gelten selbst bei Vorschulkindern als Maximum. Eine passende Zuordnung von inhaltlicher Aussage und Emoticons ist dabei nicht nötig (Ausnahme: Launige Kommentare zu Todesfällen oder Kündigungen). Der häufige Gebrauch der Smileys hat einen positiven Nebeneffekt – Ihre Kollegen wissen bereits auf den ersten Blick, von wem die Nachricht stammt. Das nennt man "Personal Identity", in Abgrenzung zur "Corporate Identity". Unternehmen zahlen Millionen dafür, Sie können es fast umsonst bekommen. Arbeiten Sie daran!

Die zweite Option ist die "Best in Class"-Strategie. Hierbei dürfen Sie nur Emoticons verwenden, die niemand außer Ihnen kennt und die es nicht zwangsläufig geben muss – zumindest nicht in Westeuropa. Suchen Sie während der Arbeitszeit im Web nach Vorlagen und Ideen, mit denen Sie ihre Aussagen untermauern können, und üben Sie ausgefallene Tastenkombinationen (oder programmieren Sie die Funktionstasten). Wer schneller tippt, hat mehr vom Dialog! Entdecken Sie die Möglichkeiten, die Ihnen eine Standardtastatur im puncto Sonderzeichen bietet. Nach der Pflicht kommt dann die Kür: animierte Emoticons. Daumenregel: Je mehr, desto besser. Kinder, wie das flackert – Tokio bei Nacht.

Rechtschreibung

Es soll mitmenschen geben die wo sich nie nicht kümmern um satzbau rechtschreibung zeichensetzung ,sowie die richtige GROSS- und kleinschreibung. Aus Prinzip. Warum sollten Sie sich also damit aufhalten? Zumindest im Umgang mit Kollegen gelten keine Rechtschreibregeln, und der Duden ist was für Schüler. Nebenbei: Wer weiß heute überhaupt noch, welche Rechtschreibung derzeit en vogue ist? Also keine Scheu vor schwierigen Ausdrücken und eingerückten Nebensätzen. Anders wird es, sobald Sie mit Partnern des Unternehmens, Kunden oder Prospects chatten, aber dafür gibt es ja Assistenzen.

Schreiben Sie grundsätzlich alles klein, legt man Ihnen das im Laufe der Zeit als liebenswerte Marotte aus. Das stärkt wiederum die "Personal Identity" (siehe oben). Schreiben Sie grundsätzlich alles GROSS, hält man Sie für dämlich, weil unerfahren im Umgang mit der Tastatur (Info: Dort findet sich linkerhand meistens eine Taste, mit der man die GROSSBUCHSTABEN-Funktion einrasten kann, was manchmal ganz hilfreich ist). Folglich bietet es sich an, entweder konsequent klein oder abwechselnd klein und GROSS zu schreiben. Sollte Ihr IM eine Rechtschreibprüfung haben: Ausstellen! Das spart Ressourcen des Unternehmens (CPU, Bandbreite etc.). Diesen "ökologisch sinnvollen Vorschlag", der sich nicht ohne weiteres schlüssig widerlegen lässt, sollten Sie als Diskussionsgrundlage ruhig an alle Kollegen senden und damit demonstrieren, dass Ihnen das Wohl des Arbeitgebers und der Erde am Herzen liegt ("Green IT").

Abkürzungen

LOL, ROTFL usw. haben sich im Laufe der Jahre im Soziolekt der deutschen "Generation Internet" eingenistet. Weitere prominente Beispiele sind ASAP, OMG, CU und FYI. Mit Verwendung dieser Abkürzungen definiert man sich als Mensch, der schon vor 20 Jahren seine Freizeit im Usenet verschwendet und regelmäßig den WDR-Computerclub auf Video aufgezeichnet hat. Heute geht man dazu über, die verkürzten Anglizismen zu germanisieren: Aus LOL wird LL, ROTFL wird zu RADFL, und ASAP läuft hier gar nichts, höchstens SSWM. CU ist grundsätzlich überflüssig (siehe unten "Richtig Schluss machen"), und FYI heißt jetzt "Kuckst Du hier". OMG bleibt OMG.

Idealerweise sollte man jedoch stets Abkürzungen in der IM-Kommunikation verwenden, die nicht verständlich sind, weil sie nichts abkürzen: QWERTZ beispielsweise hat jeder schon einmal gesehen, aber niemand weiß mehr, ob sich dahinter etwas Relevantes – etwa in der FiBu – verbirgt. Kein normaler Mensch würde sich aber die Blöße geben, die Bedeutung von QWERTZ nachzufragen (schon gar nicht schriftlich und damit dokumentiert). Durch derartige Abkürzungen gilt man in Kollegenkreisen schnell als jemand, der des Original-Valley-Speaks mächtig ist. DSDS geht auch, es sei denn, man arbeitet häufig mit Kindern zusammen. Bezüglich der Menge der verwendeten Abkürzungen muss jeder seinen persönlichen Stil finden. Faustregel auch hier: Nie mehr als fünf Abkürzungen pro Zeile.

Vom allgemeinen Umgang

Blockieren Sie willkürlich Kollegen im IM und schieben Sie die Kommunikationsprobleme auf die IT-Abteilung oder die "Technik", das absolute Killer-Argument. Grenzen Sie bewusst Kollegen aus, wenn Sie Botschaften an "alle" senden. Schließlich haben Sie das Menschenrecht, sich Ihre Buddys selbst zu suchen. Wenn Sie jemand kontaktiert, der Ihnen jetzt gerade noch gefehlt hat, schalten Sie Ihren IM-Status einfach auf "Nicht verfügbar" (oder wie immer dies bei Ihrem IM-Client heißt). Überhaupt ist der IM-Status enorm wichtig, was insbesondere dann gilt, wenn er sich personalisieren lässt. "Mache gerade Umsatz" ist nicht schlecht, "Im Kundengespräch" ist ein Klassiker. "Bin auf Klo" bietet sich hingegen nur an, wenn man das Arbeitsverhältnis bereits beendet hat (via IM – in diesem Spezialfall ist "CU" erlaubt) oder diese Konsequenz billigend in Kauf nimmt. Im Notfall kann man auch spontan den Rechner booten oder das Netzkabel ziehen, damit die Gegenseite technische Probleme für den jähen Abbruch der Kommunikation vermutet. Andernfalls gilt bei allen nervenden Anfragen über den IM: Einfach gar nicht ignorieren. Die Zeit ist auf Ihrer Seite, und viele Fragen klären sich ohnehin von allein.

Für den Fall, dass jedoch Sie Ihre Meinung loswerden wollen und die Gegenseite unverschämterweise einfach nicht reagiert, müssen Sie Steherqualitäten beweisen. Warten Sie nicht ab, bis eine Reaktion erfolgt, sondern chatten Sie weiter, bis wirklich alles gesagt ist. Platz ist ja genügend vorhanden. Niemand wird Ihre Einlassungen ungelesen wegklicken, denn sie könnten ja relevant sein (dazu ist es allerdings nötig, mindestens einmal pro Monat einen mehr oder weniger relevanten Beitrag zu arbeitsnahen Themen zu publizieren). Wenn sich Instant Messaging als Kommunikationskanal im Unternehmen etabliert hat, spricht auch nichts dagegen, sämtliche Botschaften darüber zu verbreiten. Dazu zählen selbstverständlich Vertragsverhandlungen, Beförderungen, Kündigungen, Beileidsbezeugungen und andere persönliche Nachrichten sowie jede Form schlüpfriger Sottisen, aber auch sicherheitskritische Interna des Unternehmens – schließlich war die Entscheidung für den IM-Einsatz im Unternehmen doch "strategisch", oder?

Richtig Schluss machen

"Tschüß", "Tschö", "Ciao", "Servus" und "Baba" sind Floskeln aus einer Zeit, als man noch Zeit für die Konversation hatte. Unter eine IM-Kommunikation gehört keine Abschiedsfloskel! Es reicht, wenn Sie einfach das Fenster schließen und den Status zeitnah auf "Nicht verfügbar" setzen, nachdem Sie (!) den letzten Satz geschrieben haben. Dieses Verhalten gibt Ihrem Gegenüber das Gefühl, sich zu Ihrer wieder einmal bizarren Abschlussthese nicht mehr äußern zu können – absolut korrekt, absolut beabsichtigt! Der sich daraufhin beim Kollegen aufbauende emotionale Druck wird vielfach unterschätzt. Aber das ist ja nicht Ihr Problem – es sei denn, Sie sitzen im gleichen Zimmer.

Bonus-Tipp

Sich öfter mal im IM-Empfänger zu irren, wirkt bisweilen Wunder: "Hallo Schatz, ich kriege jetzt doch den A6 als Dienstwagen – mit Cognac-Leder", kommt bei Kollegen immer gut an und verbreitet sich relativ schnell über die Abteilungsgrenzen hinweg. Das stärkt die eigene Position in der Kantinenschlange ungemein. Ihr Dementi sollte dann aber nur im persönlichen Gespräch erfolgen, damit es sich nicht dokumentieren oder weiterleiten lässt. Und noch ein ernster Punkt: Mit dem Instant Messenger schreibt man keine "Messenge" oder "Massage", sondern eine "Message". Das ist zwar nicht Ihr Problem, aber Sie sollten es gelegentlich auch die Kollegen wissen lassen. (ajf)