Handy als digitaler Schlüsselbund

Innovativer Gründer startet durch

30.09.2009 von Hans Königes
Philipp Spangenberg ist 28 Jahre alt, hat zwei Unternehmen gegründet und viele Preise abgeräumt. Seine Hightech-Ideen sind auch in Konzernen gefragt.

Spangenberg, Geschäftsführer der Baimos Technologies GmbH aus Garching, würde man in Großbritannien vermutlich als "Role Model" bezeichnen, frei übersetzt als Vorbild. Und das nicht ohne Grund. Schon mit 18 Jahren, noch vor dem Abitur, gewann er mit einer Methode zur mobilen Synchronisation von Datenbanken den renommierten "Jugend forscht"-Wettbewerb und gründete sein erstes Unternehmen.

Philipp Spangenberg (links) gründete mit Markus Wetzel Baimos.

Während seines Maschinenbau- und Informatikstudiums an der TU München lernte Spangenberg 2004 auf einer Weihnachtsfeier Markus Weitzel kennen. Gemeinsam entwickelten sie die Idee, die Multifunktionalität moderner Handys besser zu nutzen und diese zu einem Allzweck-Schlüsselbund umzufunktionieren. Im darauffolgenden Jahr reichten die beiden das Konzept beim Ideenwettbewerb von "UnternehmerTUM", einer Initiative der TU München und BMW CAR IT, ein und gewannen auch hier den ersten Preis: 3000 Euro - und vor allem die Chance, ihre Idee zusammen mit den BMW-Profis in die Praxis umzusetzen.

Die fast misslungene Präsentation bei BMW

Wochenlang implementierten und testeten die Jungunternehmer ihre Lösung an dem silberfarbenen 5er-BMW, der ihnen zur Verfügung gestellt wurde. "Dann kam der große Tag", erinnert sich Spangenberg schmunzelnd, "die Ergebnispräsentation vor den Entscheidungsträgern bei BMW. Fünf Minuten vor unserem Auftritt stellte sich heraus, dass einer unserer Helfer den Autoschlüssel und unser Vorführ-Handy im Auto eingeschlossen hatte. Der Werkschutz war bereits mit Spezialwerkzeug auf dem Weg, als wir das Problem durch unsere eigene Technologie lösten. Wir haben den Schlüsselcode auf ein anderes Handy übertragen und konnten den Wagen so öffnen. Auf den zweiten Blick war diese scheinbare Katastrophe für uns die Chance, einen der Kernvorteile unserer Idee live zu demonstrieren."

Nach der erfolgreichen Vorstellung des Prototyps entschied Spangenberg, seine inzwischen zweite Firma Baimos zu gründen - eine Entscheidung, die er bis heute nie bereut hat. Weitzel wurde Mitgründer und Mitgeschäftsführer. Der Sieg beim gut dotierten Businessplan-Wettbewerb des Bundeswirtschaftsministeriums verschaffte den beiden Partnern das nötige Startkapital für die GmbH. Mit dem Breakeven rechnet Spangenberg schon 2010, die Expansion in andere europäische Länder und die USA steht bis 2011 auf dem Programm.

Handy als digitaler Schlüssel

Mit "BlueID" hat Baimos Technologies eine Softwareplattform entwickelt, mit der sich Mobiltelefone als digitaler Schlüssel (zum Beispiel für Fahrzeuge, Gebäude oder Computer) nutzen lassen. BlueID ist laut Spangenberg die weltweit einzige Technologie, die den digitalen Schlüsselbund auf dem Mobiltelefon ganzheitlich und anwendungsübergreifend abbildet. Dabei wird auf das Handy ein digitales "Ticket" verschickt, das die Identifikation des Nutzers gegenüber dem Fahrzeug, Gebäude oder Computer und somit die Ausführung von Kommandos wie Öffnen oder Schließen erlaubt.

Die Gültigkeit kann unterschiedlich befristet werden: kurze Zeiträume für Mietwagen, Hotelzimmer oder Internetcafé; lange Wirksamkeit für private Autos, Häuser oder PCs. Die Übertragungswege werden durch Trust-Center-Zertifikate sowie eine Kombination verschiedener Schlüsselpaare gesichert. Informationen zu BlueID-Technik und den -Produkten findet man unter www.BlueID.de.

Bürokratie erschwert das Arbeiten

Trotz dieser Erfolgsgeschichte ging die Entwicklung von Baimos nicht ganz so reibungslos vonstatten. Spangenberg resümiert seine Erfahrungen: "Die Bürokratie und Gesetzgebung in Deutschland ist sehr komplex und kostet gerade junge Gründer entweder viel Zeit oder viel Geld für externe Berater - beides sind knappe Ressourcen." Auch in anderen Bereichen wie Marketing und Vertrieb wurde Hilfe benötigt.

Daher bewarb sich der Münchner bei der Microsoft-Initiative "unternimm was". Der Softwarehersteller unterstützt ambitionierte junge Unternehmen aus dem Hightech-Bereich mit Know-how und Kontakten. "Die Kooperation ermöglichte Baimos 2009 einen erfolgreichen Auftritt im Rahmen der CeBIT, außerdem beschleunigen der Support bei technischen Problemen und der Kontakt zu Microsoft-Experten unsere Produktentwicklung", erklärt Spangenberg.

"Beispielsweise bot sich uns die Chance, bei der ‚Emea Mobile Incubation Week’ teilzunehmen - einem einwöchigen Programmier-Trainingscamp, bei dem die Teilnehmer durch Codeprofis von Microsoft und Partnerunternehmen bei der Verbesserung oder Entwicklung ihrer eigenen Lösung unterstützt werden. Das war ein echtes Erlebnis und hat uns viel Entwicklungszeit gespart."

60-Stunden-Wochen sind normal

Carsten Rudolph, Projektleiter von "unternimm was", ergänzt: "Uns geht es darum, vielversprechende Unternehmen dabei zu unterstützen, ihre innovativen Technologien weiterzuentwickeln und neue Märkte zu erobern. Dazu gehört auch immer, dass uns das Unternehmerteam überzeugt. Denn von der Zusammenarbeit mit smarten Startups wie Baimos profitieren auch wir bei der Weiterentwicklung unserer Technologien."

An sich selbst stellt der 28-Jährige hohe Ansprüche: "Als Gründer binde ich mich viel enger an mein Unternehmen - viele Manager sind dagegen nur auf den Erfolg während ihrer eigenen, oft begrenzten Amtszeit fokussiert. Meiner Ansicht nach muss eine wertorientierte, nachhaltige Unternehmensführung im Kopf des Chefs anfangen." Nach einem Rat für andere Jungunternehmer befragt, antwortet Spangenberg: "Gründen und Unternehmersein ist großartig, aber mit großer Belastung und Verantwortung verbunden. Angehende Gründer müssen sich dessen bewusst sein und sich ehrlich dafür entscheiden."

Spangenberg weiß, wovon er spricht - seine Arbeitswoche umfasst nur selten weniger als 60 Stunden. Um am Wochenende den Kopf wieder freizukriegen, begibt er sich in die nahen Alpen zum Wandern. Sein wichtigster Begleiter dabei ist ein kleines, schwarzes Notizbuch - "falls mir unterwegs eine gute Idee kommt." Trotz der gewaltigen Anstrengungen motiviert der Erfolg - Spangenberg kann sich keinen besseren Job vorstellen.