Individual-Programmierung kontra Standard-Software:Kosten im voraus schwer zu schätzen

28.08.1981

Während weite Bereiche der deutschen Wirtschaft über die schlechte Auftragslage stöhnen, erfreut sich die EDV-Branche weiterhin bester Gesundheit. Der große Engpaß ist jedoch nach wie vor die Software. Fachkräfte fehlen in der Systemanalyse und Programmierung.

Die Computer-Hersteller und Softwarehäuser bieten angesichts dieser Misere "neutrale Standard-Software" an Sie soll es dem Anwender ermöglichen, die in seinem Betrieb entwickelten und bewährten Organisationsabläufe "problemlos" auf die EDV zu übernehmen. Diese Aussagen werden durch Vorführungen bei anderen Anwendern scheinbar untermauert.

Dessen ungeachtet sollte man vor jeder neuen DV-lnstallation prüfen ob derartige Standard-Lösungen wirtschaftlicher als individuell entwickelte Konzeptionen und Programme sind. Bei oberflächlicher Betrachtung muß diese Frage bejaht werden, denn Standard-Programme kosten oft nur 50 Prozent der Individualprogramme und wirken auf den Unternehmer transparenter und greifbarer. Bei genauer Analyse der spezifischen Anwendung im Betrieb wird dann schnell deutlich, ob die Standard-Programme tatsächlich den Anforderungen dieses Unternehmens genügen. Es muß dann über die Modifikationen und Programmerweiterungen gesprochen werden, die für den reibungslosen Ablauf des Betriebes sorgen sollen. Je nach Struktur der Standard-Programme sind diese Anforderungen voll zu erfüllen oder auch nicht.

Auf alle Fälle sind diese Änderungen zusätzlich zum Grundpreis zu bezahlen. Häufig ist es dem Software-Haus nicht einmal möglich, die Kosten fest zu umreißen, sondern die Anpassungen werden "nach Aufwand" berechnet. Der Anwender unterschreibt damit unter Umständen einen offenen Wechsel. Das macht den Vergleich zur individuellen Software-Lösung fast unmöglich.

Namhafte Dv-Hersteller und Softwarehäuser haben erkannt; daß zu friedenstellende Problemlösungen nur mit strukturierter Standard-Software möglich sind. Sie bieten für die verschiedenen Anwendungsbereiche Software-Pakete (Module) an, die - wie Bausteine zusammengefügt - ein Konzept aus einem Guß darstellen.

Ballast mitschleppen

Je größer diese Module sind, desto größer ist die Gefahr, daß der Anwender unnötigen Ballast mitschleppen muß, das heißt zu große interne Speicher- und Plattenkapazitäten benötigt oder eine unkomfortable Handhabung am Bildschirm-Terminal in Kauf nehmen muß. Zu große Speicherkapazitäten verteuern die Hardware unnötig; das nicht optimale Bildschirm-Handling führt zu vermeidbarem Erfassungsaufwand und damit zu höheren Personalkosten. Diese Kosten sind im voraus kaum zu schätzen und daher beim Vergleich zur Individual-Software schwer in Ansatz zu bringen.

Die individuellen Lösungen müssen aufgrund der meist ausgereiften Betriebssysteme und der komfortablen Programmsprachen keineswegs teurer sein als die "neutrale Standard-Software". Bezogen auf sämtliche Kosten - Hardware, Software, Personal und Anpassung - ist die Individual-Programmierung häufig sogar der wirtschaftlichere Weg.

òJorg Stave ist aktiv mitarbeitender Gesellschafter der Uldall Unternehmensberatung GmbH, Hamburg.