Online-Jobbörsen

In fünf Tagen ist der neue Mann an Bord

05.12.2003 von Christoph Lixenfeld
Nach Schätzungen von Experten wird in fünf Jahren die Hälfte aller qualifizierten Jobs über Online-Plattformen vergeben. Gerade mittelständische Arbeitgeber sollten sich diesen Kanal zunutze machen, um freie Stellen schnell und kostengünstig zu besetzen.

„WENN WIR eine Annonce im Netz schalten, dann sehen sich die pro Woche 1200 Leute an. Und mehrere hundert bewerben sich“, erzählt Christian Schebitz. „Ungefähr 40 Mitarbeiter haben wir auf diesem Weg schon akquiriert, einen Teil davon fest, andere als Freie.“ Schebitz ist Chef des Anwalts-Suchservices „Rechtsanwalt.com“, und für das rasante Wachstum seines Unternehmens braucht er vor allem Call-Center-Agenten sowie Außendienstler. Um die zu finden, schaltet er Anzeigen auf der Online-Plattform Monster.com. Irgendwelche Texte oder andere Druckunterlagen offline zu verschicken ist dazu nicht erforderlich. Schebitz kann alle Angaben in Minutenschnelle am Bildschirm eingeben, und maximal zwei Stunden später ist die Annonce auf der Recruiting-Site zu sehen. Die Preise beginnen bei 450 Euro für eine „Expressanzeige“, die 30 Tage lang online ist. In dieser Zeit besuchen nach Angaben von Monster etwa 740 000 Stellensuchende die Seiten des Internet-Vermittlers.

 

Schebitz ist bei weitem nicht der Einzige, der diesen Weg der Personalsuche wählt. Während Zeitungen und Zeitschriften über sinkende Anzeigenumsätze klagen, haben die Jobportale immer mehr Zulauf. Zwar leiden auch sie unter der allgemeinen Konjunkturflaute, aber ihr prozentualer Anteil am Stellenvermittlungsmarkt steigt kontinuierlich. „In fünf Jahren werden 50 Prozent aller qualifizierten Arbeitsplätze via Internet besetzt sein“, glaubt zum Beispiel der Geschäftsführer des Verbandes der deutschen Internet- Wirtschaft, Harald Summa.

 

Einstellungsprozess verkürzen

Solche euphorischen Prognosen haben die Zahl der Recruiting-Plattformen in Deutschland explosionsartig wachsen lassen. Etwa 400 solcher Sites dürfte es geben, wobei sich ihre Anzahl wöchentlich ändert und deshalb nicht exakt angegeben werden kann. Zu den größten zählen - neben Monster - Stepstone, Jobpilot, Jobscout24, Jobware und Stellenanzeigen.de. Nach Angaben von Stepstone-Vorstand Ralf Baumann entfällt auf die vier zuerst genannten mit 1,9 Millionen Klicks monatlich ein Marktanteil von 80 Prozent.

Wie die Online-Jobvermittler herausgefunden haben wollen, verkürzt sich bei Nutzung dieses Kanals die Time-to-Hire drastisch. Vergingen früher zwischen dem Entschluss, jemanden einzustellen, und dem Vertragsabschluss noch zwei bis drei Monate, so sollen es bei der Online-Suche durchschnittlich nur noch drei Wochen sein. Über die Vermittlungsquote der Bewerber gibt es bisher keine Zahlen.

 

Das Stöbern in Jobangeboten und die Tipps zum richtigen Bewerben sind fast immer umsonst. Ihr Geld verdienen die Online-Vermittler mit den Anzeigen der Unternehmen. Und mit einem ganzen Strauß zusätzlicher Serviceleistungen, die auf Wunsch gebucht werden können. So bietet zum Beispiel Stepstone Firmen die Möglichkeit, eine Jobbörse auf der eigenen Website zu installieren. Der Dienstleister erstellt dabei nicht nur die relevanten Seiten im Firmendesign des Kunden, sondern er richtet auch sämtliche Suchfunktionalitäten ein und übernimmt die Pflege der Daten. Wem das zu weit geht, der kann sich auch selbst um die Weiterverarbeitung der Informationen kümmern. Für jeden Besucher der Unternehmens-Site erscheint diese Jobbörse als integrierter Bestandteil des Internet-Auftritts. Wer bereits einen Stellenmarkt auf den eigenen Seiten etabliert hat, kann diesen mit der Stepstone-Datenbank verzahnen. Diese Funktion sorgt dafür, dass alle eigenen Jobangebote auch dort als Stellenanzeige erscheinen. Die dazu erforderliche Schnittstelle wird von Mitarbeitern der Online-Börse eingerichtet. Das Synchronisieren der Angebote funktioniert automatisch und ohne zusätzlichen Pflegeaufwand.

 

Hohes Qualitätsniveau

Sämtliche Möglichkeiten der Verzahnung zwischen der eigenen Website und der des Anbieters nutzt kaum einer der Kunden. Thomas Patscha, Personalleiter beim Online- Gebrauchtwagenhändler mobile. de, entschied sich allein deshalb für Stepstone, weil diese Plattform ihm die Möglichkeit bot, die eigene Corporate Identity eins zu eins auf die Online-Stellenanzeige zu übertragen. Das bedeutet, dass die Annonce in Bezug auf Farbe, Schriftart und sonstigem Erscheinungsbild genau so aussieht wie der eigene Internet-Auftritt des Kunden. Auf mehreren Plattformen präsent zu sein hält Patscha nicht für sinnvoll: „Die Bewerber suchen sowieso in allen Börsen, jedenfalls die cleveren. Und genau die brauche ich ja.“

Patscha ist von der Online-Suche als Recruiting-Instrument nicht nur aus Kostengründen überzeugt: Sowohl die Qualität der Bewerber als auch das formale Niveau der Bewerbungen sei deutlich höher als im Falle von Print-Anzeigen. Dennoch verzichtet der Personalleiter nicht vollständig auf den traditionellen Suchpfad: Wenn sich auf die Online-Schaltung keine geeigneten Kandidaten gemeldet haben, versucht es Patscha mit Annoncen in Tageszeitungen. Und er wendet sich sogar gelegentlich an einen Personalberater. Die bieten mittlerweile das Inserieren in einer Online-Börse als Teil ihres Suchservices an.

 

Bewerber suchen lassen

Der zusätzliche finanzielle Aufwand falle dabei für den Kunden kaum ins Gewicht, so Alexander Leschinsky, Partner der Personalberatung Kienbaum Executive Consultants. Selber Plattformen nach geeigneten Bewerbern zu durchsuchen mache für ihn als Headhunter allerdings wenig Sinn.

Und das gilt nicht nur für Personalberater. Auch Unternehmen stöbern fast nie in den Profilen der stellensuchenden Kandidaten, wenn sie einen neuen Mitarbeiter suchen. Schließlich ist es sehr zeitaufwändig, mit Hilfe dieser Methode den genau passenden Kandidaten zu finden; zu unterschiedlich sind die Erfahrungen und Lebensläufe, die hinter den Gesuchen stecken. Selber zu inserieren und dabei den Job genau zu definieren führt nach Meinung aller Beteiligten zu schnelleren und besseren Ergebnissen. Christian Schebitz von Rechtsanwalt.com zum Beispiel fügt seinen Inseraten bei Monster einen kleinen Fragenkatalog bei, um etwa auf den ersten Blick zu erfahren, ob ein Kandidat wirklich schon mal im Außendienst gearbeitet hat oder sich dies nur - selbstverständlich - zutraut.

Der Kompressorenhersteller Kaeser aus dem bayerischen Coburg zum Beispiel rekrutiert über Jobscout24 seit etwa drei Jahren Ingenieure, Facharbeiter und andere gewerbliche Kräfte. Genau wie Thomas Patscha von mobile.de schaltet Personaler Daniel Reinmüller für Kaeser am Anfang der Suche eine Anzeige im Online-Forum. Außer mit Jobscout24 arbeitet er noch mit Stellenanzeigen.de, weil er nach seiner Erfahrung dort mehr Bewerber aus technischen Berufen findet. Haben ihm diese beiden Plattformen nicht zu den gesuchten Kandidaten verholfen, inseriert auch er schon mal in einer großen überregionalen Zeitung. Ingenieure zum Bespiel seien eben generell knapp, so Reinmüller, da müsse man alles versuchen.

 

Welche Jobbörse die richtige ist, muss jedes Unternehmen selbst haherausfinden. Die generell moderaten Preise ermöglichen aber beim ersten Mal einen ebenso einfachen wie effizienten Test: Man schaltet eine einzelne Anzeige für eine bestimmte Position auf allen großen Plattformen. In der Zeile „Zuschriften unter“ fügt man unterschiedliche Kennworte ein, um hinterher feststellen zu können, welcher Bewerber die Annonce wo gefunden hat. Gewinner des nächsten Anzeigenauftrags ist natürlich die Plattform, die für die spannendsten Zuschriften gesorgt hat.

Moderate Preise

Die Online-Vermittler werden den Stellenmärkten in Zeitungen und Zeitschriften auch weiterhin heftige Konkurrenz machen, weil niemand ihre Vorteile übersehen kann. Christian Schebitz von Rechtsanwalt. com hatte zum Beispiel in einem Fall schon „fünf Tage nach dem Inserat die ersten Leute an Bord“. Das lag auch daran, dass Interessierte auf Online-Anzeigen fast immer auch per Mail reagieren.