NRW plant für 2010 IT-Chef

Immer noch kein Landes-CIO

19.10.2009 von Johannes Klostermeier
Im Jahr 2010 soll auch das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen einen eigenen Landes-CIO bekommen. Und zwar auf Staatssekretärsebene. Doch der Kabinettbeschluss dazu stammt aus dem Jahr 2006. Andere Projekte waren wichtiger.
Bürgermeister Uwe Ufer ist ein ausgezeichneter E-Government-Experte. Beim Wettbewerb von Computerwoche und CIO zum "CIO des Jahres" hat er zweimal teil genommen.

"Bereits vor Jahren wurde beschlossen, einen Landes-CIO zu installieren", sagt Uwe Ufer, parteiloser Bürgermeister der Stadt Hückeswagen im Bergischen Land (rund 16.000 Einwohner). „Seitdem warten wir auf die Umsetzung, und sind sehr enttäuscht darüber, dass es ihn noch nicht gibt und dass bisher so wenig passiert ist."

Der Bürgermeister von Hückeswagen ist mit der Langsamkeit der Landesregierung in Sachen NRW-CIO insgesamt unzufrieden. „Spätestens seit der Einführung der doppelten Buchführung auf kommunaler Ebene hätte der Landes-CIO installiert sein müssen." Sein eindringlicher Appell an die Landespolitiker: "Gebt Gas, damit er endlich kommt."

Ufer ist ein ausgezeichneter E-Government-Experte. Beim Wettbewerb von Computerwoche und CIO zum "IT-Macher des Jahres" bzw. "CIO des Jahres" hat er zweimal teil genommen. 2006 kam er unter die Top-Favoriten mit der Neuorganisation der Verwaltung im Rahmen der Doppik-Einführung. 2008 wurde die Einführung des elektronischen Bürgerkontos prämiert. Ufer ist der Meinung, dass Nordrhein-Westfalen dringend einen eigenen Landes-CIO benötigt.

Bereits 2004 wollte man dem Beispiel Hessens folgen und das Amt eines Chief Information Officers einrichten. Der Landtag hatte die Regierung bereits damals dazu aufgefordert, einen Verantwortlichen für die Verbesserung der landeseigenen IT-Infrastrukturen zu ernennen. Die Berufung sollte allerdings bis nach den Neuwahlen im Mai 2005 vertagt werden, denn die Ernennung eines IT-Verantwortlichen habe weitreichende Konsequenzen für die Regierungsorganisation, die Zuschnitte von Ressortaufgaben und -aufteilungen, hieß es zur Begründung.

Im Innenministerium von Nordrhein-Westfalen verweist eine Behördensprecherin auf die Kabinettsentscheidung aus dem Jahr 2006. Im August meldete die Zeitschrift „Behörden-Spiegel": „Der CIO in NRW ist beschlossene Sache, aber die Zuordnung innerhalb der Landesregierung steht noch nicht fest. Im Innenministerium NRW ist man aber zuversichtlich, dass es bis zum Herbst zu einer Klärung der Sachlage kommen wird. Von daher ist es wahrscheinlich, dass die Landesregierung auf dem Kongress e-nrw am 8. November die organisatorische Lösung für den NRW-CIO vorstellen wird."

Staatssekretär Karl Peter Brendel.

Doch die Hoffnung trog. Auf dem Kongress kam es dazu nicht, trotzdem herrschte bei dem Fachblatt auch nach dem Kongress Zuversicht: „Auf dem heutigen Kongress e-nrw versprach Staatssekretär Karl Peter Brendel noch in diesem Jahr einen CIO für Nordrhein-Westfalen zu präsentieren. Derzeit werde noch das IT-Konzept des Landes und die Fortentwicklung der Informationstechnik diskutiert, und damit hinge auch die Funktion des CIO zusammen." Brendel wird mit den Worten zitiert: „Bis dahin werden wir auch die Aufgaben des CIO geklärt haben. Erst danach kann es zu einem Auswahlprozess kommen."

Das war 2006, und bis heute gibt es keinen CIO. Brendel nimmt seitdem dessen Aufgaben wahr, teilte eine Sprecherin des Innenministeriums mit. So vertritt er das Land derzeit in bundesweiten IT-Gremien wie der E-Government-Staatssekretärsrunde.

Wie es bei der CIO-Besetzung in NRW weitergehen soll

Wie wird es in NRW weiter gehen? „Der Kabinettsbeschluss von 2006 hat Beschluss hat Gültigkeit. 2010 wird es in Nordrhein-Westfalen einen CIO geben", sagt die Sprecherin des Innenministeriums. Und auch eine Neuigkeit kann sie vermelden: Der CIO soll auf Staatssekretärsebene angesiedelt werden. Vor drei Jahren war das noch nicht sicher: Damals hieß es, die Schaffung einer Staatssekretärs-Funktion werte die Aufgabe auf, schaffe allerdings gleichzeitig einen hohen politischen Erwartungsdruck. Der CIO solle aber in erster Linie funktional und nicht politisch tätig sein.

Doch immer noch sind offenbar einige Fragen ungeklärt: Bevor der CIO kommt, sagte die Sprecherin des Innenministeriums, müssten noch einige Prüfaufträge zur Struktur abgearbeitet werden. Anfang 2009 wurden bereits die vier Rechenzentren des Landes zu zum zentralen IT-Dienstleister Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW) zusammen gelegt.

Auch nach vier Jahren muss offenbar immer noch geprüft werden - und damit verzögert sich die Umsetzung. Die Zeitung „E-Government Computing" titelte Anfang September über ein Interview mit Brendel: „Gutachter soll klären: Braucht NRW überhaupt einen Landes-CIO?" Dort erläuterte der Staatssekretär, Ziel sei es, die Steuerung der IT in der Landesverwaltung neu zu gestalten und zu verbessern. „Lösungen sollen durch ein Gutachten untersucht werden. Die Einrichtung eines zentralen IT-Bevollmächtigten mit weitreichenden Befugnissen, also eines CIO, gehört dazu."

Ein weiterer Beschluss der Landesregierung vom 26. Juni dieses Jahres, so Brendel im Interview, enthalte die notwendigen Maßnahmen und den konkreten Zeitplan zur Modernisierung und Neustrukturierung der Informationstechnik in der Landesverwaltung.

Ratlosigkeit bei CDU und FDP

Die ihm dort gestellte Frage „Weshalb wurde noch keine solche Stelle geschaffen oder hat das Land auf einen solchen Schritt bewusst verzichtet?“, beantwortete Brendel nicht. Auch die Politiker der CDU/FDP-Landesregierung können da nicht recht weiter helfen. Ein Mitarbeiter des FDP-Abgeordneten und innenpolitischen Sprechers Horst Engel versteht die Frage nach der langen Umsetzungsdauer des Kabinettsbeschlusses gar nicht. „Fragen Sie in der Staatskanzlei nach, dort ist das Thema angesiedelt“, meint er. Doch der stellvertretende Regierungssprecher verweist nur erneut aufs Innenministerium.

Michael Brinkmeier, Landtagsabgeordneter der Regierungspartei CDU und E-Government-Experte, sagt: "Alle politischen Fraktionen im Landtag sind sich darüber einig, dass ein CIO kommt." Allerdings, so sagt er, erst nach der nächsten Landtagswahl - und die ist in Nordrhein-Westfalen im Mai 2010. Seine Begründung für die Verzögerung: "Wir hatten so viele A-Projekte, dass wir dazu noch nicht gekommen sind." Doch: "Das Potenzial eines Landes-CIOs ist enorm groß." Zuvor müssten aber noch organisatorische Fragen geklärt werden. "Denn das ist nicht nur ein wichtiges IT-Thema, sondern auch ein Prozess-Thema", sagt Brinkmeier.

Nicht nur Bürgermeister Uwe Ufer ist gespannt, wann aus den politischen Absichtserklärungen Sichtbares wird - und der erste CIO in Nordrhein-Westfalen endlich im Amt ist.