Kommunikation mit der Bank per Internet

Im Web sind Kredite günstiger

04.03.2005 von Lars Reppesgaard
Dank des Internet und der Informationstechnologie sind die Möglichkeiten für Mittelständler, sich mit ihren Banken eng zu vernetzen, so groß wie nie. Wer den Geldinstituten hilft, ihre Prozesskosten zu senken, kann selbst davon profitieren.

WENN EINE BANK heute gute Geschäfte machen will, muss sie einen Spagat beherrschen: Sie muss die eigenen Kosten senken, gleichzeitig aber dem Kunden neue und bessere Dienstleistungen anbieten. Aber wie gelingt das? Neue Filialen beabsichtigt derzeit keine Bank zu eröffnen - im Gegenteil: Nachdem sich zum Beispiel die Deutsche und die Dresdner Bank in den vergangenen Jahren aus der Fläche zurückgezogen haben, folgen nun auch die Sparkassen dem Trend, wie man bei Mummert Consulting in Hamburg beobachtet. Fast die Hälfte der Sparkassen will Filialen schließen oder zusammenlegen. Gleichzeitig möchten nahezu 90 Prozent der Kreditinstitute die persönliche und individuelle Kundenbetreuung bis 2006 verbessern. Gelingen soll dieser Spagat unter anderem durch Internet-Portale, mit denen die Kunden direkt von ihrem PC-Arbeitsplatz aus mit der Bank zusammenarbeiten können. Virtuelle Anlaufstellen für mittelständische Unternehmenskunden haben mittlerweile nicht nur

die großen Vier in der deutschen Bankenlandschaft - Deutsche Bank, Dresdner Bank, Commerzbank und Hypovereinsbank -, sondern auch die örtlichen Spar- und Raiffeisenkassen in ihre Netzauftritte integriert. Diese Portale unterscheiden sich in ihrer Funktionsweise wenig von privaten Online-Banking-Angeboten. Die Nutzerakzeptanz ist entsprechend groß. Bei der Dresdner Bank halfen unter anderem Web-Führerscheinkurse und Multimedia-Touren durch die Portale dabei, aus Kunden surfende Geschäftspartner zu machen, sagt Holger Feistel, der Verantwortliche für das von 100 000 Kunden genutzte Business-Banking-Portal der Dresdner Bank. „Da ist richtig Traffic drauf. Jetzt geht es eher darum, für die Kunden die Bedienbarkeit zu vereinfachen, den Hotline-Support und einzelne Funktionalitäten auszubauen.“ Die proaktive Kundenansprache der Citibank oder die raffinierten, kontextbezogenen Tipps, wie man sie von Amazon kennt, haben viele Bankentscheider beeindruckt.

Mittelständische Kunden können deshalb nicht nur den Stand von Kontokorrent- und Sparkonten abfragen und Überweisungsaufträge ins In- und Ausland ausführen. Zins- und Devisenrechner, Liquiditätsanzeigen oder Suchmaschinen für Aktien- und andere Geldanlagen gehören bei so gut wie allen Häusern zum Service. Inhalte werden meist kontextbezogen präsentiert, je nach Seitenabruf und Nutzereingabe. „Ein Vorteil solcher Lösungen ist, dass man übers Internet sehr schnell einen Gesamtüberblick über mehrere Konten und die gesamte Finanzsituation bekommen kann“, sagt Joachim Blechstein, Leiter Portalentwicklung Corporate Banking, der unter anderem für „Companydirect“, verantwortlich ist. 26 000 User in 17 000 Firmen nutzen bereits die Dienste der Commerzbank im Rahmen dieses Mittelstandsportals. Hauptzielgruppe der Bankportale sind die Finanzprokuristen - ein Kundenkreis, der oft unter Termindruck eine Vielzahl von

Transaktionen tätigen muss. Verspielte Anwendungen und Informationsfenster, die im Privatkundenbereich Kunden für weitere Bankprodukte oder Kooperationspartner begeistern wollen, sind in den Profi-Portalen deshalb Tabu. „Die Anwendungen sind Arbeitsgeräte“, erklärt Blechstein. „Wer bis 12 Uhr eine Überweisung an das Finanzamt erledigen will, weil sein Unternehmen sonst Strafe zahlen muss, will nicht nebenher noch eine Kaffeemaschine gewinnen.“ Von der grundsätzlichen Ausrichtung her ähneln sich viele Angebote, lediglich an einzelnen Anwendungen kann man die Portale unterscheiden. Die Commerzbank beispielsweise stellt Mittelständlern zusätzlich zu den Basisleistungen für verhältnismäßig wenig Geld Adress- und Kundenbewertungsinformationen zur Verfügung. So findet sich bei „Companydirect“ neben Bankund Wirtschaftsauskünften auch eine Anschriften- und Schuldnerermittlung. Die Bank arbeitet dabei mit

der I.C.M. International Claim Management GmbH zusammen. Mit dem Commerzbank-Modul „Trade Finance“ können Im- und Exportunternehmer darüber hinaus internationale Abrechungsvorgänge online abwickeln. Es sind Kunden wie die Reifenhäuser GmbH & Co. in Troisdorf im Rhein/Sieg-Kreis, die man mit diesem Angebot gewinnen will. Das Unternehmen, das auf den Maschinenbau für Kunststoffverarbeitung spezialisiert ist und mit 1000 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von 245 Millionen Euro erwirtschaftet, unterhält enge Beziehungen zu den Top Vier und zur örtlichen Kreissparkasse. „Mit allen pflegen wir einen intensiven Austausch im Tagesgeschäft, und natürlich, wenn es um Finanzierungen geht“, sagt der Kaufmännische Leiter Karl Heinz Schaaf. Bedarf an frischem Geld hat das Unternehmen regelmäßig, denn als Hochtechnologieanbieter will man expandieren. Im vergangenen Jahr wurde beispielsweise eine neue Fabrik in Suzhou, China,

eröffnet. Bei den Banken sind die Troisdorfer folglich gerne gesehene Kunden, auch weil 90 Prozent ihrer Waren ins Ausland geht. Und Exportgeschäfte sind gebührenintensive Bankvorgänge. Doch das Interesse, auch derart komplexe Geschäftsprozesse digital abzuwickeln, hält sich derzeit in Troisdorf in Grenzen. „Über die Mittelstandportale beziehen wir gerne kurzfristig Währungs- oder Zinsinformationen, auch die Wertpapieranlage ist bei Liquiditätsspitzen schon mal ein Thema. Und die Überweisungen laufen natürlich auch elektronisch“, sagt Schaaf. „Aber man darf den menschlichen Faktor in der Beziehung zu den Banken nach wie vor nicht vergessen. Geldgeschäfte basieren auf Vertrauen, und die Menschen auf beiden Seiten müssen sich kennen.“ Modellrechnungen im Web Diese Ansicht ist weit verbreitet. Viele Banker machen folgende Beobachtung: Je komplexer die Finanzangebote, desto geringer ist - von Ausnahmen

abgesehen - die Nutzerakzeptanz. Die Ernst Pfaff GmbH beispielsweise, ein Spezialtransporte- und Logistikanbieter in Hamburg mit 60 Mitarbeitern, ist seit einigen Jahren digital mit Finanzdienstleistern vernetzt. Die Standardsoftware „DB Dialog“ sorgt für den direkten Draht zur Deutschen Bank. Über das Internet tätigen die Logistiker einzelne Überweisungen im Online-Portal der Dresdner Bank und nutzen es für Modellrechnungen, etwa wenn es um Währungsfragen geht. Am wichtigsten aber ist für das Unternehmen, das sechseinhalb Millionen Euro Jahresumsatz macht, nach wie vor die alte Digitalverbindung über das wenig verbreitete, herstellerunabhängige Datenkommunikationsprotokoll FTAM (File Transfer Access and Management) der Hamburger Sparkasse, der Hausbank der Logistiker. Das Gros der Pfaff-Überweisungen und ein Teil des Abrechnungsverkehrs werden hierüber automatisch abgewickelt. Andere Angebote, wie etwa Online-Kreditrechner, nutzt der

Juniorchef hingegen nicht. „Bei Bankgeschäften spielt immer der persönliche Kontakt eine entscheidende Rolle“, sagt er. Für sein Haus ist die Haspa seit zwei Generationen die erste Adresse für frisches Geld. „Unabhängig von den Netzinitiativen der anderen Banken bleiben wir klar bei der Hausbank“, sagt Pfaff. Wichtiger als der Bedienkomfort eines Netzportals sei ein Vertrauensverhältnis zu seinem Finanzier. Und das müsse wachsen, sagt Pfaff „Die Banken versprechen einem anfangs als Neukunde das Blaue vom Himmel, und wenn es eng wird, drehen sie den Hahn zu.“ Attraktive Bankportale Trotz Pfaffs Skepsis haben sich gerade die Kreditrechner neben dem Überweisungsverkehr zur Killerapplikation der Bankportale gemausert. „Modellrechnungen für Umschuldungen durchzuführen und sich auch bei Mitbewerbern der Hausbank zu informieren ist für Unternehmen enorm attraktiv“, sagt Jens Kufer, Partner bei

Mummert Consulting. Eine Untersuchung von Siemens Financial Services (SFS) bestätigt seinen Eindruck, dass immer mehr Mittelständler versuchen, die Hausbankbeziehungen um weitere mittel- und langfristige Finanzierungsquellen zu ergänzen. Aus diesem Grund versuchen viele Finanzanbieter, ihre eigenen Kunden mit Hilfe ihrer Portalseiten durch neue Finanzierungsmöglichkeiten enger ans Haus zu binden und surfende Geschäftsleute mit innovativen Ideen als Neukunden zu gewinnen. Unter anderem hat die Postbank Ende vorigen Jahres eine Software für die Vergabe von Bau- und Ratenkrediten in Betrieb genommen. Auch bei der Commerzbank können mittelständische Kunden Kreditanträge über das Firmenkunden-Internetportal stellen. Um bis zu 250 000 Euro einwerben zu können, beantworten sie online rund 30 Fragen. Die Heimarbeit kann sich lohnen, denn online berechnete Darlehen sind um bis zu 15 Prozent günstiger als in der Filiale, beobachtet der Bankenfachverband. Kein

Wunder also, dass die Nachfrage boomt. Der Branchenverband verzeichnet täglich bis zu 2500 Anfragen für Online-Kredite bei den Finanzierern, 77 Prozent mehr als Ende 2003. Unterschrieben wird angesichts der geringen Verbreitung Digitaler Signaturen allerdings nach wie vor in der Filiale. „Aber die Online-Formulare werden rege genutzt“, stellt der Sprecher der Hamburger Sparkasse (Haspa), Nils Papendorf, fest. „Die Kunden sehen es als Mehrwert an zu überprüfen, ob eine Finanzierungsrunde in die Planung passt und welche Auswirkungen sie hat.“ Für die Banken haben die Netzeingaben wiederum den Vorteil, dass sich ihre Kunden daran gewöhnen, selbstständig Firmeninformationen in Bankensysteme einzugeben. Mit Blick auf die neuen Kreditvergaberichtlinien, die mit dem In-Kraft-Treten der Baseler Beschlüsse spätestens 2006 für die Banken bindend sind, ist das sinnvoll. Stärker als bisher müssen sie für die Risikoabschätzung

Kundeninformationen sammeln und auswerten. Jahresabschlüsse, Prognosen und Marktanalysen gehören dazu. Die Banken interessiert aber auch zum Beispiel die persönliche Kredithistorie eines Geschäftsführers und sogar die seiner Ehefrau. Damit die Informationssammlung aus internen und externen Quellen und die Auswertungsprozesse nicht zu personalaufwändig werden und zu viel Zeit kosten, sollen die Kunden einen Teil der Arbeit übernehmen und einige Informationen selbst beisteuern. Die Haspa zum Beispiel hat deshalb einen Großteil der Unterlagen, die für die Basel-II-Ratings notwendig sind, ins Internet gestellt. „Wir hoffen, dass die Kunden die Formulare zu Hause ausdrucken und in Ruhe ausfüllen“, sagt der Haspa-Sprecher. „So können wir bei der Bearbeitung Zeit sparen und müssen nur noch Einzelfragen klären.“ Und Mummert- Partner Kufer erklärt: „Man will so viel wie möglich auslagern und dem

Mittelständler die Chance geben, viele Daten einzugeben, damit die Ratings und die Gespräche gut vorbereitet sind.“ Basel II ist kein Softwarethema Die Anbieter von betriebswirtschaftlichen Anwendungen werden vor diesem Hintergrund nicht müde zu betonen, dass Mittelständler angesichts dieser Ratings verstärkt selbst die Konsolidierung ihrer Daten in die Hand nehmen müssen. Bei Reifenhäuser stößt dieser Appell allerdings auf taube Ohren. „Allein wegen Basel II denken wir nicht über neue EDV-Investitionen nach“, sagt Karl Heinz Schaaf. „Da müsste auch für unser Management etwas abfallen, neue Reporting-Werkzeuge zum Beispiel. Wir nutzen im Moment zwar nicht SAP, aber mittelfristig streben wir durchaus eine Einführung und, daran angeschlossen, eine stärkere Verknüpfung mit den Banken an. Nur ist das kein Basel-II-Thema.“ Derzeit basiert der Betrieb allerdings auf einer alten

Softwarelösung namens Famac, die nicht mit Bankenlösungen kompatibel ist. Die Hausbanken der Troisdorfer stört die fehlende Anbindung nicht, im Gegenteil. Die meisten Finanzunternehmen beobachten die Vorstöße einzelner Kunden, mit selbst konsolidierten Daten im Vorfeld der Ratings zu punkten, eher mit Skepsis. Weil es noch keinen Standard für die Datenübermittlung bei Basel-II-Prüfungen gibt, fürchten viele nichts mehr als einen aufwändigen Formatwildwuchs, bei dem der eine Unternehmer Excel-Dateien abliefert und der andere mit Informationslawinen aus dem Business Warehouse die Banksysteme unter Druck setzt. (uk) . Lars Reppesgaard, freier Journalist in Hamburg.