IT-Arbeitsmarkt Oberbayern

Im Süden scheint noch die Sonne

11.11.2008 von Ingrid  Weidner
München und sein Umland gelten als wichtiger IT-Standort. Firmen wie Microsoft, Cirquent oder Audi suchen Nachwuchs.

"Der Großraum München gilt nach wie vor als Aushängeschild der ITK-Branche", sagt Stephan Pfisterer vom Branchenverband Bitkom. Hier sind Forschungseinrichtungen, große internationale IT-Firmen und namhafte Unternehmen angesiedelt. Eine 2007 veröffentlichte Studie untermauert das mit Zahlen. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern analysierte zusammen mit dem Referat für Arbeit und Wirtschaft der Stadt München die Bedeutung der Branche für die Region. Mehr als 20.000 IuK- sowie Medienunternehmen sind in Stadt und Landkreis angesiedelt. Dort arbeiten mehr als 240.000 Menschen in Festanstellung.

In Unterschleißheim hat Microsoft seine Deutschland-Zentrale. Hier soll ein Such-Technologiezentrum entstehen.

Microsoft in Unterschleißheim ist einer dieser Global Player. Kürzlich gab das Unternehmen bekannt, dass in London, Paris und München Such-Technologiezentren entstehen sollen. Bis 2011 möchte der Softwaregigant für diese drei Standorte mehr als 300 Entwickler engagieren. In den kommenden drei Jahren will das Unternehmen sowohl Young Professionals mit rund fünf Jahren Berufserfahrung als auch Hochschulabsolventen einstellen. Dagegen sollen Führungspositionen aus den eigenen Reihen rekrutiert werden, so eine Unternehmenssprecherin.

Cirquent sucht neue Berater

"Wir haben in diesem Jahr mehr als 200 neue Mitarbeiter eingestellt und planen im kommenden Jahr 300 Neueinstellungen", so Uwe Kloos vom Beratungsunternehmen Cirquent. Der Personalchef ergänzt vorsichtig: "Wenn die Rahmenbedingungen stimmen." Die Hälfte der neuen Kollegen kommen direkt von der Hochschule, nur rund fünf Prozent sind Führungskräfte. "Am schwierigsten ist es, berufserfahrene Leute zu finden", ergänzt Kloos. Die neuen Mitarbeiter beginnen zwar meist am Firmenstandort München, arbeiten allerdings deutschlandweit in Projekten beim Kunden. Viele Auftraggeber sind in und um München angesiedelt, etwa Firmen der Fertigungsbranche sowie Telekommunikations- und Mobilfunkanbieter.

Seit sich der neue japanische Anteilseigner NTT Data bei Cirquent eingekauft hat, stehen dem Beratungshaus neue Wege offen. "Wir expandieren über Deutschland hinaus vor allem in Europa", so Kloos. Das Unternehmen strebt einen weiteren Wachstumskurs an, die Personalpolitik setzt auf ein langfristiges Engagement der Fachkräfte. "Wir möchten unseren Mitarbeitern eine Perspektive bieten", so Kloos.

"München und sein Umland sind nach wie vor einer der wichtigsten ITK-Standorte in Deutschland", meint Jürgen Rohrmeier, Personalberater und Vorstand der Pape Consulting Group in München. "Momentan sind besonders stark Vertriebsmitarbeiter gefragt, und zwar über die Grenzen Bayerns hinaus", so Rohrmeier. "München ist nach wie vor ein attraktiver Platz für Firmen. Hier sind vor allem große internationale sowie amerikanische Unternehmen angesiedelt." Darüber hinaus sieht der Berater allerdings auch andere Standorte im Aufwind, etwa Ingolstadt, Deggendorf oder die Region um Nürnberg.

Der Autobauer Audi zählt zu den großen Arbeitgebern in der Region. Die Ingolstädter möchten bis zum Jahresende 900 Akademiker einstellen, darunter rund 20 bis 40 IT-Spezialisten. Für diese Positionen sollten die Bewerber neben ihrem IT-Wissen auch Prozesswissen sowie Projekt-Management-Know-how und Kenntnisse aus der Automobilbranche mitbringen.

Berufschancen für Informatiker gebe es viele, betont der Informatikprofessor Manfred Broy von der TU München. Neben der klassischen Softwareentwicklung könne man in verwandten Disziplinen wie Maschinenbau, Medizin und Energieversorgung neue Berufsfelder für Informatiker entdecken. "Es gibt eine Fülle von Anwendungsgebieten", schwärmt Broy.

Die Nachfrage nach gut ausgebildeten Fachkräften sei nach wie vor hoch, doch leider fehle es an Absolventen. Auch Bitkom-Mann Pfisterer fürchtet, dass der Fachkräftemangel die Branche noch weiter beschäftigen wird.

Die Finanzkrise und die Folgen

Die Auswirkungen der Finanzkrise und Rezessionsängste verschrecken auch die ITK-Branche. "Wir haben eine starke Verflechtung der Märkte, deshalb wird es Auswirkungen geben. In welchem Umfang ist allerdings noch nicht absehbar", meint etwa Personalberater Jürgen Rohrmeier. Nach seiner Einschätzung wird es weitere Fusionen geben, die zu Verschiebungen innerhalb des Marktes beitragen.

Ähnlich wie die Prognose des Branchenverbandes Bitkom sagt auch Berater Rohrmeier, dass IT-Profis immer noch gesucht sind. Als besonders wichtige Branchen stuft Rohrmeier Transport und Logistik, Embedded Systems, Automotive und Medizintechnik ein. "Kunden interessieren sich nicht für schicke Technik, sondern wollen Lösungen für ihre Probleme. Durch die Turbulenzen der vergangenen Wochen wird die Forderung nach intelligenten Geschäftslösungen noch zunehmen", vermutet der Berater. Das Schlagwort von der "Krise als Chance" wird somit zur echten Losung für lukrative Geschäftsfelder.

Spitzenverdiener arbeiten in München

Wer in der IT-Branche gut verdienen will, sollte nach Frankfurt am Main oder München ziehen. Laut CW-Gehaltsstudie verdient der IT-Profi in München durchschnittlich 54 240 Euro, das sind über 6000 Euro mehr als noch im Vorjahr und 13 Prozent mehr als der Durchschnitt. Nur in Frankfurt kommen die IT-Profis auf drei Prozent mehr. Die Franken-Metropole Nürnberg erreicht dagegen nur 98 Prozent des Durchschnittseinkommens von 48 000 Euro.

Auch das Mekka der Freiberufler liegt im Süden der Republik. In München setzen selbständige IT-Profis laut dem Projektportal Gulp durchschnittlich 71 Euro in der Stunde an, während sich Freiberufler in Leipzig und Dresden mit kleinen Preisen (63 Euro) und wenig Projektanfragen begnügen müssen. In der bayerischen Landhauptstadt und in Frankfurt am Main sitzen die meisten Kunden und auch die meisten Freiberufler. Da die Projekte oft die Präsenz des Freiberuflers beim Kunden erfordern, sind diejenigen, die in der Nähe der Kunden wohnen, im Vorteil.