Auswirkungen der GDPdU auf Archivdaten

Idea-Client erleichtert digitale Steuerprüfung

05.12.2003 von Ulrich Kampffmeyer
Bereits seit Anfang 2002 gelten die „Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen“ (GDPdU), doch die Unternehmen sind bislang kaum auf den elektronischen Zugriff der Finanzverwaltung vorbereitet. Nun stellen immer mehr von ihnen fest, dass die Zeit davonläuft, denn die nächste Prüfung der Daten durch die Behörden kann bereits digital erfolgen.

VERUNSICHERUNG in der Vorbereitung auf die GDPdU herrscht bei vielen Unternehmen noch in Bezug auf die elektronische Archivierung steuerrelevanter Daten und die Frage, wie man diese über einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren vorhalten soll. Anbieter elektronischer Archivsysteme waren mit schnellen Ankündigungen GDPdUkonformer Lösungen zur Hand, ohne eigentlich zu wissen, welche Anforderungen die Finanzverwaltung hier stellt. Auch die Flut diverser Checklisten und Leitfäden schaffte keine Klarheit. In den jüngst erfolgten Stellungnahmen hat das Bundesministerium für Finanzen (BMF) deutlich gemacht, dass es weder für Speichersubsysteme noch für Archivsysteme eine Zertifizierung geben wird. Damit erübrigen sich auch die Diskussionen um die Marketing- Slogans über eine GDPdU-konforme Archivierung und das „richtige“ Speichermedium. GDPdU-Konformität beschränkt sich auf die Vollständigkeit und Auswertbarkeit der Daten selbst - und das ist die Angelegenheit der Systeme, in denen sie erzeugt werden.

 

Nur vollständige Dateien auslagern

Für viele Anwender stellt sich jedoch nach wie vor die Frage, in welchem Bereich der Unternehmens-DV die Daten samt Auswertungsmöglichkeiten für den unmittelbaren beziehungsweise mittelbaren Zugriff der Finanzverwaltung vorgehalten werden sollen. Die Abgabenordnung (AO) geht von einer Auswertung im Datenverarbeitungs- und damit im Haupt- oder Produktivsystem aus. Angesichts der Aufbewahrungsfristen von sechs oder zehn Jahren ist die Auslagerung von Datenbeständen aus dem Produktiv- in ein Archivsystem besonders bei mittleren und größeren Anwendungen jedoch der Regelfall. Die Daten haben also bereits vollständig und auswertbar zu sein, wenn sie an das Archivsystem übergeben werden. Zudem müssten archivierte Daten für den unmittelbaren und mittelbaren Zugriff bei Bedarf in das laufende System zurückgespielt werden, um eine Verarbeitung mit den dort vorhandenen Auswertungsprogrammen zu gewährleisten. Doch genau hier entstehen große technische Probleme, da ein Zurückladen dieser alten Daten in der Regel zu Unverträglichkeiten mit den inzwischen aktualisierten Hauptsystemen führt. Dies betrifft nicht nur die auszuwertenden Daten, sondern besonders die Strukturinformationen und veränderte Stammdaten. Einfacher wäre es, archivierte Daten durch einen direkten Zugriff auf das Archivsystem auszuwerten. Die meisten Lösungen bieten dafür jedoch nur eingeschränkte Möglichkeiten an. Ein Weg aus dieser Archivierungsproblematik bestünde in einem universellen Auswertungsprogramm. Dieser Ansatz wurde von Stefan Groß, Bernhard Lindgens und Philipp Matheis in dem Artikel „Rückstellung für Kosten des Datenzugriffs der Finanzverwaltung“ (DStR, Heft 23/2003, Seite 921) erstmals umfassend beschrieben. Hier heißt es: Wenn Archivsysteme selbst nicht über die Auswertungslogik des Hauptsystems verfügen, wenn sie nur noch vollständige, auswertbare steuerrelevante Daten übernehmen und auf Anforderung wieder bereitstellen, muss die Auswertbarkeit dieser Daten mit anderen Mitteln gewährleistet werden. Dabei kommt natürlich sofort das Programm „Idea“ ins Spiel, mit dem die Finanzbehörden prüfen.

BMF in der Zwickmühle

Das BMF scheut sich aber, ein einzelnes Produkt wie Idea offiziell zu verankern. Konkurrierende Software wie ACL darf nicht benachteiligt werden. Eine Festlegung auf Idea brächte allerdings den Vorteil, dass die Funktionalität und die benötigten Strukturen bekannt sind. Will man dagegen in entsprechenden Vorgaben einen neutralen Begriff wie „universelles Auswertungsprogramm“ benutzen, muss auch der Funktionsumfang neutral definiert werden. Sonst greift eine Formulierung aus dem Fragen- und Antwortenkatalog des BMF vom März 2003 nicht: Hier heißt es sinngemäß, dass für die in Archivierungssysteme ausgelagerten steuerrelevanten Daten gleichwertige Auswertungsfunktionen vorhanden sein sollen wie im erzeugenden System (Frage und Antwort Nr. 11). Die Funktionen von Programmen wie Idea oder ACL sind aber nicht immer gleichwertig etwa zu den Auswertungs-Tools komplexer betriebswirtschaftlicher Software.

Inzwischen hat die Diskussion zu einer Klarstellung geführt: Elektronische Archivsysteme müssen selbst keine Auswertungsfunktionen wie ein Hauptsystem oder ein universelles Auswertungsprogramm besitzen. Sie unterliegen jedoch folgenden GDPdU-Anforderungen:

- Es muss ein „wahlfreier Zugriff mittels eines Programmes“ gewährleistet sein, das die archivierten Daten vollständig bereitstellt.
- Die Speicherung muss so erfolgen, dass die Unveränderbarkeit der Daten sichergestellt ist.
- Das Archivsystem muss in quantitativer und qualitativer Hinsicht Auswertungsmöglichkeiten zulassen, die denen des Hauptsystems entsprechen.

Während in anderen Gesetzen immer nur von Speicherung und Aufbewahrung die Rede ist, wird in den GDPdU konkret von digitalen Speichermedien und Archivierung gesprochen. Unter Verweis auf die entsprechenden Passagen in der Abgabenordnung heißt es: „Originär digitale Unterlagen nach § 146 Abs. 5 AO sind auf maschinell verwertbaren Datenträgern zu archivieren.“ Der Begriff maschinell verwertbarer Datenträger impliziert, dass es einen Zugriff auf die Daten auf dem Speichermedium gibt. Im Prinzip ist das für elektronische Archivsysteme eine Selbstverständlichkeit, da sie in der Regel über eine Datenbank zielgenau die gewünschten Daten ermitteln und bereitstellen. Bei kleineren Datenmengen, die als Dateien gespeichert sind, kann sogar der Zugriff über ein Dateiverwaltungssystem ausreichend sein. Entscheidend ist jedoch die maschinelle Verarbeitungsfähigkeit unter dem Gesichtspunkt der Aufbewahrungsfristen. Angesichts der schnellen Veränderung von Komponenten, Betriebssystemen, Formaten und Standards eine Aufgabe, die nur durch die rechtzeitige, verlustfreie, die Information selbst nicht verändernde, dokumentierte und nachvollziehbare Migration der Daten von einem Medium auf ein anderes bewältigt werden kann.

Der Anforderung, das Archivsystem mit Auswertungen zu versehen, die jenen im Produktivsystem in quantitativer und qualitativer Hinsicht gleichwertig sind, kann ein Archiv mit Idea- Funktionalität bei entsprechender Ausgestaltung durchaus gerecht werden. Den Ansatz eines „Idea-Client“ hat das BMF selbst in einem Schreiben als „zielführend“ und „substantiiert“ bezeichnet. Ein solches universelles Auswertungs- Tool, das mit dem Idea-Beschreibungsstandard arbeitet und die entsprechenden Auswertungsroutinen berücksichtigt, kann dem Archivsystem aufgesetzt werden. Für den Anwender bringt dies eine Vielzahl von Vorteilen. Wenn man mit einer unabhängigen Auswertungssoftware die steuerrelevanten Daten auswerten kann, muss man sie weder im operativen System vorhalten noch dorthin zurückladen.

 

Für den Steuerprüfer im Griff

Die Daten müssten vom Haupt- oder ERP-System lediglich sauber aufbereitet an ein externes Speicher-, Archivoder Datensicherungssystem übertragen und bei Bedarf dem Steuerprüfer zur Auswertung bereitgestellt werden. Bei der Übergabe der Daten kommt es besonders darauf an, auch die richtigen Strukturinformationen über den Aufbau der Dateien und je nach dem eingesetzten Produktivsystem auch die dort vorhandenen Standardauswertungen mit zu übergeben. Dieser Lösungsansatz erlaubt dem Steuerpflichtigen darüber hinaus, seine Daten zu testen, bevor sie unveränderbar archiviert werden.

Ist die Auswertung mit Idea grundsätzlich ausreichend, sollte man also gleich einen Schritt weiter gehen und einen Idea-Client konzipieren, der direkt auf den archivierten Dateien nebst zugehörigen Stammdaten und Strukturinformationen aufsetzt und alle drei Zugriffsarten Z1, Z2 und Z3 (siehe Kasten „Drei Zugriffsarten“) erlaubt.

 

Vorteile für alle Beteiligten

Die Frage nach der GDPdU-konformen Archivierung scheint damit gelöst zu sein. Die beschriebene, vom Produktiv- und Archivsystem unabhängige Lösung bringt sowohl den steuerpflichtigen Unternehmen als auch der Finanzverwaltung Vorteile. Die Unternehmen sind, was die GDPdU anbetrifft, künftig weitgehend unabhängig von Migrationen im Hauptsystem und müssen sich keine Gedanken über die Aufbewahrung auszumusternder Hard- oder Software machen. Die Finanzverwaltung kann auf Bekanntes zurückgreifen und muss sich nicht mit einer Vielzahl von unterschiedlichen DV-Systemen vertraut machen. Außerdem haben die Unternehmen jenseits der Steuerwelt die Chance, Daten weitaus besser auszuwerten, um sie dann zur effizienteren Betriebssteuerung einzusetzen. Siehe auch Kasten „Archivieren nach GDPdU“ Seite 40.