Hypo-Manager stellt IT-Töchter in Frage

08.04.2003 von Joachim Hackmann
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Während in Großkonzernen wie der Deutschen Bank und der Commerzbank das IT-Outsourcing als probates Mittel zur Kostensenkung gilt, geht die Hypovereinsbank (HVB ) dieses Thema vorsichtiger an. Nur in sehr eng gesteckten Grenzen wird die IT-Auslagerung als gangbarer Weg angesehen. Die derzeitige HVB-Lösung, IT-Töchter zu beschäftigen, scheint im Top-Management zumindest umstritten.
Für die hauseigenen IT-Töchter HVB Info und HVB Systems wird es unter dem Dach der Hypovereinsbank ungemütlich. Ihre Rolle ist umstritten. Foto: Hypovereinsbank

Einsparpotenzial sucht die finanziell schlimm gebeutelte Hypovereinsbank derzeit überall, doch bei IT-Outsourcern glaubt sie es nicht beziehungsweise nur in beschränktem Maße zu finden. Selbst mit den eigenen IT-Töchtern, der HVB Info und HVB Systems, ging Stefan Krauß, Chief Operating Officer (COO) des Geschäftsbereichs Corporates & Markets bei der HVB Group, im kleinen Kreis des von dem Frankfurter Beratungshaus PA Consulting veranstalteten „Executive Business Club“ hart ins Gericht: „Internes Outsourcing an Dienstleister ohne Drittmarktzugang ist Outsourcing für Feiglinge“, formulierte er salopp seine Absage an das Modell, hauseigene IT-Dienstleister zu beschäftigen.

Interne Dienstleister verhindern Preisvergleiche

Während sich der komplette Eigenbetrieb über die Kosten, der externe Outsourcing-Partner hingegen über Marktpreise steuern lässt, begibt man sich mit einem hauseigenen Serviceanbieter in eine Grauzone. „Es tauchen plötzlich Mitarbeiter auf, die nennen sich Account- oder Relationship-Manager und verfolgen nur das Ziel, ihre Erlöse zu sichern. Damit steigen die Kosten der Kunden. Man hat kaum eine Möglichkeit, das zu verhindern, weil der interne Dienstleister aktiv daran arbeitet, einen Preisvergleich zu verhindern“, ereiferte sich Krauß. „Einem externen Anbieter kann man dagegen bei mangelnder Transparenz mit Vertragsende drohen.“

Der HVB-Manager riet generell davon ab, interne Service-Provider ohne Ambitionen am Drittmarkt zu beschäftigen, weil Vorteile durch Größe nicht zu erwarten sind und die Interessen der Partner auseinander driften. Genau das, so Krauß, praktiziert hingegen die HVB mit ihren IT-Töchtern. Die nahe liegende Lösung, dem internen Outsourcing-Partner Erfolg im Drittmarkt ins Pflichtenheft zu schreiben, wertete Krauß jedoch ebenfalls als wenig erfolgsträchtiges Unterfangen. „Man muss damit rechnen, zu scheitern, es sei denn, man verkauft ein einzigartiges Produkt“, so der Manager. Bisherige Markterfahrungen hätten jedoch gezeigt, dass das externe Geschäft allenfalls drei bis vier Prozent zum Umsatz beisteuern könne. Damit stehen kaum Skaleneffekte in Aussicht. Internes Outsourcing, so der HVB-Manager, bietet in der Regel keine Mechanismen, die eine Wertsteigerung herbeiführen.

Bleibt der Eigenbetrieb oder die Vergabe von IT-Services an konzernfremde Anbieter. Generelle Aussagen hierzu trifft Krauß nicht, sondern rät, sich je nach dem Grad der Massenverfügbarkeit (Krauß verwendete das Kunstwort „Kommoditisierung“, abgeleitet aus dem englischen commodity = Massenware) zu entscheiden. Für gering „kommoditisierte“ Leistungen wie etwa die Anwendungsentwicklung von Individualsoftware existieren weder Standards noch ausreichende Angebote am Markt.

Desktop-Services lassen sich auslagern

Die Vergleichbarkeit von Preisen lässt sich nur durch intensives Benchmarking herstellen. Um derartige Services von Externen günstig beziehen zu können, benötigt der Anwender also hohe fachliche Einkaufskompetenz, die ihrerseits zu Management-Overhead führt. Zudem sind kaum Skaleneffekte zu erwarten. Insgesamt empfiehlt sich diese Art von Auslagerung nicht.

Nicht alles was beim IT-Betrieb der Hypovereinsbank gängige Praxis ist, macht laut HVB-Manager Stefan Krauß auch wirtschaftlich Sinn.           Quelle: Krauss, HVB

Stark „kommoditisierte“ Services folgen hingegen klaren Standards. Für sie gibt es eindeutige Marktpreise mit Maßeinheiten (etwa CPU-Sekunden) und viele Anbieter. Um diese Dienste beziehen zu können, ist kein besonderes Fachwissen vonnöten. Im gesamten Spektrum der IT-Leistungen, die ein Unternehmen zum Wirtschaften braucht, lassen sich nur Dienste, die diesen Kriterien entsprechen, sinnvollerweise von externen Dienstleistern betreiben. Nur mit stark standardisierten Massendiensten können Outsourcer Größenvorteile beziehungsweise Skaleneffekte ausschöpfen und vorhandene Ressourcen besser auslasten. Als typisches Beispiel nennt Krauß die Desktop-Services. Pikanterweise werden die Client-Server-Systeme der HVB aber nicht von einem externen Anbieter, sondern von der HVB Info betrieben.

Innovation spielt derzeit keine Rolle

„IT-Outsourcing kann sinnvoll sein, wenn es nicht auf philosophischen Überlegungen zu Kernkompetenzen, sondern auf einem klaren Verständnis der wirtschaftlichen Hebel beruht“, erläuterte der HVB-Manager seinen Standpunkt. Insbesondere das Argument der Kernkompetenz, das oftmals zur Entscheidung über Outsourcing-Vorhaben herangezogen wird, scheint dem HVB-COO ein Greuel zu sein: „IT ist für Unternehmen außerhalb des IT-Marktes niemals Kernkompetenz, selbst in Banken nicht.“ Sie müsste demnach immer ausgelagert werden, was jedoch Unsinn sei. Die wirtschaftlich richtige Logik müsse hingegen die Fragen beantworten: Gewinnen wir durch Outsourcing signifikante Größenvorteile? Erhalten wir damit effizientere und effektivere Steuerungsmechanismen?

Krauß räumt ein, „pseudowissenschaftliche Analyse“ zu betreiben und seine Ausführungen ausschließlich unter den Aspekten der Kostentransparenz und -einsparungen getroffen zu haben. „Flexibilität und Innovation spielen derzeit eine sehr untergeordnete Rolle“, schränkt der HVB-Manager ein. „Eine Innovationsphase mit Themen wie E-Business und E-Banking gab es bereits, sie endete mit ernüchternden Ergebnissen. Wenn die Zeit jedoch reif ist, wieder neue Produkte zu entwerfen, dann werden es nicht die Outsourcer sein, die dafür Vorschläge von strategischer Bedeutung liefern können.“