HP-Chemiker fischen im Trüben

29.08.2006
Wissenschaftler in einem Spezialabor von Hewlett-Packard in Oregon versuchen, in den Tinten von Konkurrenten Verletzungen der konzerneigenen Patente nachzuweisen.
Mit solchen Patronen verdient HP sehr viel Geld - und das soll natürlich so bleiben...

Unterstützt werden sie dabei einem Bericht des "Wall Street Journal" zufolge von einer Phalanx von Rechtsanwälten. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, denn mit seinen Tintenpatronen verdient HP gutes Geld: In den USA kommt der Konzern auf 50 Prozent Marktanteil; auf seine Tinten und das Patronen-Design hält er über 4000 Patente.

Drucker werden oftmals zu subventionierten Preisen verkauft, über die Laufzeit der Geräte refinanziert HP das über die teuren Patronen, die der Nutzer immer wieder nachkaufen muss. Sanford Bernstein schätzt, dass HP im Geschäftsjahr 2005 mehr als 80 Prozent seines operativen Gewinns von 5,6 Milliarden Dollar mit Tinten- und Toner-Verbrauchsmaterialien einfuhr.

Auf diesen Profitzug würden natürlich auch andere Firmen gern aufspringen, was HP natürlich mit allen Mitteln zu verhindern sucht. Aktuell hat die Firma C&G Ninestar Image Co. verklagt. Der chinesische Cartridge-Bauer soll sieben HP-Patente beim Patronen-Design verletzt haben. Gleich mit angeklagt wurden vier Online-Händler, die die Ninestar-Patronen verkaufen. HP hat außerdem von der US-amerikanischen International Trade Commission eine Untersuchung gegen den chinesischen Hersteller beantragt.

Zuvor hatte HP bereits die Ladenketten Walgreen und OfficeMax bezichtigt, sie verstießen mit Nachfüllstationen in ihren Geschäften gegen Tintenpatente; beide Beklagten bestreiten dies. Eine ähnliche Klage gab es schon im vergangenen Jahr gegen den US-Ableger des Refillers Cartridge World; dieser arbeitet nach eigenen Angaben an dem Problem.

Cartridge World ist neben Caboodle Cartridge und Rapid Refill Ink International nur einen von mehreren neuen Wettbewerbern, die Patronen von HP und anderen Druckerherstellern wiederbefüllen und dann bis zu 50 Prozent günstiger als neue Originalpatronen verkaufen.

Mitarbeiter der Druckersparte von HP kaufen auf der ganzen Welt alle möglichen Tinten ein, derer sie auf dem offenen Markt habhaft werden können. Diese schicken sie dann zur Untersuchung an ein Forschungslabor von Hewlett-Packard in Corvallis, Oregon. Dort führt LeAnn Bell (37) als Coordinator of Competitive-Ink Testing ein neunköpfiges Forscherteam.

Bell stieß 1998 nach ihrer Chemie-Promotion an der University of Maryland zu HP. Nachdem sie zuvor hautptsächlich kanzerogene (krebserzeugende) Substanzen untersucht hatte, wunderte sie sich schon ein wenig, dass sie im Auftrag von Hewlett-Packard nun etwas völlig anderes erforschen sollte – Tinte.

Nachdem sich die Chemikerin mit dem Thema vertraut gemacht hatte, führte sie das Verfahren der kapillaren Elektrophorese in der HP-Tintenuntersuchung ein, um "Fingerabdrücke" von Tinten zu erzeugen, die man mit den Charakteristika anderer Tinten vergleichen kann.

Bell und ihre Mannschaft untersuchen in zwei bis drei Wochen im Schnitt etwa 50 Tintenproben. Dabei jagt jeder der Forscher täglich bis zu 60 einzelne Proben durch einen Gas-Chromatographen, der die einzelnen Bestandteile des jeweiligen Gebräus aufschlüsselt.

Es folgt dann laut "Wall Street Journal" der so genannte "Eidotter-Test". Dabei gibt Frau Bell einen Tropfen bunte Tinte in eine Petrischale und gibt dann einen Tropfen schwarzer Konkurrenztinte obenauf dazu. Wenn dieser dann auf der gelben Tinte einen perfekten schwarzen Punkt bildet (ähnlich einem unzerstörten Eigelb in einem Spiegelei), deutet das auf eine qualitativ hochwertige Tinte hin – und damit eine, die vielleicht gegen HP-Patente verstößt.

Mit solchen Verfahren kamen die Tintenfüchse zu dem Schluss, dass die Firma InkCycle, eine Tochter von LaserCycle und Lieferant für die Bürokette Staples, gegen zwei Patente verstoßen hatte, die das Ineinanderlaufen von Farben in Ausdrucken verhindern sollen. InkCycle wurde daraufhin im März 2005 wegen Patenverletzungen angeklagt. Es verglich sich im darauffolgenden Juni für eine unbekannte Summe mit HP und willigte ein, die entsprechenden Tinten nicht mehr zu verwenden.

Bell stößt jedenfalls in den untersuchten Proben öfter auf Patenverstöße als dass sie keine findet. Sie sei aber nicht sicher, ob das die allgemeine Marktsituation widerspiegele, erklärte die HP-Frau. "Mein Job ist es, unsere Tintenpatente durchzusetzen, sodass wir alle fair spielen", sagt sie. "Das ist die Firmenversion von CSI." (tc)