HP-Chef Mark Hurd wusste von den Bespitzelungen

24.09.2006
Mark Hurd, Chef von Hewlett-Packard (HP), hat eingestanden, in die Bespitzelungen von Journalisten und Unternehmensangehörigen involviert gewesen zu sein. Die seit Wochen im Kreuzfeuer stehende Vorsitzende des HP-Direktoriums, Patricia Dunn, trat mit sofortiger Wirkung von diesem Amt zurück.

Auf einer Pressekonferenz nach Börsenschluss am 22. September 2006 hat Hurd erstmals öffentlich eingestanden, in den Spionageskandal bei HP involviert zu sein. Für entsprechende Informationen in diese Richtung gab es bislang keine Bestätigung. Außerdem gab Hurd bekannt, dass Dunn sofort von ihrem Amt als Verwaltungsratsvorsitzende zurücktritt. Dieser Schritt war bislang erst für Anfang 2007 vorgesehen gewesen. Hurd wird in Personalunion mit seinem Posten als Chief Executive Officer (CEO) auch den Board-Vorsitz übernehmen.

Der HP-Chef sagte vor der Presse, er habe den Versand von E-Mails durch eine erfundene Person genehmigt. Unter anderem auf diese Weise wollte das Unternehmen die undichte Stelle im Top-Management finden, von der aus Informationen im Umfeld der Entlassung der ehemaligen Firmenchefin Carleton Fiorina im April 2005 an die Öffentlichkeit gelangten. Der Maulwurf wurde mittlerweile gefunden. Board-Mitglied George Keyworth hatte eingestanden, mit Medien in Kontakt gestanden zu haben. Er ist nach anfänglichem Zögern bereits aus dem Direktorium ausgeschieden.

Wie berichtet, hatte die Direktoriumsvorsitzende Dunn eine Detektei beauftragt, die die undichten Stellen in der Firma finden sollte. Die professionellen Schnüffler hatten sich daraufhin als HP-Angestellte ausgegeben, um an Telefondaten von Mitarbeitern und Journalisten zu kommen. Darüber hinaus seien verschiedene Personen beschattet und mit Video-Kameras gefilmt worden, um Treffen von Pressevertretern und Maulwürfen zu dokumentieren, berichtete das "Wall Street Journal", dessen Journalisten ebenfalls von den Schnüffelaktionen betroffen waren.

Fragen beantwortete Hurd bei der Pressekonferenz nicht. Er sagte, es sei notwendig gewesen, die undichte Stelle ausfindig zu machen. Er hielt ausdrücklich seine Hand über Dunn: Sie habe, so seine Meinung, im Interesse der Firma gehandelt. "Wir glauben allerdings, dass es im besten Interesse des Konzerns ist, wenn sie jetzt zurücktritt", hieß es zur Begründung.

Hurd fuhr fort, dass immer noch Fakten der firmeninternen Ermittlungen zusammengetragen werden müssten. Einen entsprechenden Ergebnisbericht habe er noch nicht gelesen. Eine unabhängige Überprüfung der zurückliegenden Vorgänge solle weitere Klarheit bringen, so der HP-Chef weiter.

Hurd soll demnächst vor dem Unterausschuss für Energie- und Handelsfragen des Repräsentantenhauses aussagen. Neben der Justiz ermittelt mittlerweile auch die US-Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission (SEC). Sie hat Informationen unter anderem zum Rücktritt des weiteren Direktoriumsmitglieds Thomas Perkins eingefordert. Perkins war aus Protest gegen die möglicherweise gegen geltendes Recht verstoßenden Schnüffelaktionen von HP zurückgetreten.

Die Meinungen von Analysten und Branchenexperten zum Eingeständnis von Hurd, in die Affäre verwickelt zu sein, gingen auseinander. Einige Beobachter glauben, dass der HP-Chef aus dieser Sache nicht unbeschadet herauskommen dürfte. Shaw Wu von American Technology Research etwa ist der Meinung, "dass wir noch nicht alle Antworten haben". Gartner-Analyst Martin Reynolds sagte demgegenüber: "Ich erwarte nicht, dass dabei irgendetwas herauskommt". Das laufende Geschäft von HP dürfte von dem Skandal unberührt bleiben, fügte er hinzu. (jm)