Zahlungen in Millionenhöhe

HP bestraft E-Tailer

11.11.2013 von Armin Weiler
HP-Händler, die Marketing-Gelder und Boni in Anspruch genommen haben, obwohl sie nicht dazu berechtigt waren, müssen nun empfindliche Nachzahlungen leisten.

Hewlett-Packard macht Ernst bei der Überprüfung von Boni und Marketing-Zuwendungen. Den Böblingern ist es ein Dorn im Auge, dass von Resellern Zahlungen in Anspruch genommen werden, die eigentlich nur beim Vertrieb an Endkunden ausgeschüttet werden.

Händler die sich nicht an die HP-Vertragsregeln gehalten haben, müssen mit hohen Strafzahlungen rechnen.
Foto: Thomas Weissenfels, Fotolia.com

Nach ChannelPartner-Informationen führte HP in den letzten Monaten Audits unter anderem bei E-Tailern durch. Dabei sollen nun Strafzahlungen in sechsstelliger Höhe fällig werden, in einem Fall sogar in Millionenhöhe. Zu der Höhe der Zahlungen gibt HP keine Auskunft, bestätigt aber die Durchführung der Audits: "Ja, wir haben bei unseren Top Partnern durch das unabhängige Wirtschaftsprüfungsunternehmen KPMG Audits durchführen lassen. Als Grundlage dieser Audits gilt das Vertragswerk, was die Partner mit HP unterschrieben haben", bestätigt HP gegenüber ChannelPartner. Laut HP war Bestandteil der Audits unter anderem, ob die von HP gezahlten Boni und Marketinggelder zu Recht gezahlt wurden. "Sie dürfen entsprechend den Programmbestimmungen nur dann ausgezahlt werden, wenn der Umsatz mit HP Produkten aus dem Verkauf an Endkunden erzielt wurde", heißt es in dem Statement.

Natürlich kann HP Händlern nicht vorschreiben, an wen sie verkaufen dürfen. "Jedoch ist der Bezug von Marketinggelder oder Boni an den Verkauf an Endkunden gekoppelt. Wenn der HP Partner an einen Zwischenhändler Ware verkauft, kann er dafür keine Marketinggelder oder Boni beantragen bzw. beziehen. Und nur das haben wir in den Audits überprüft", rechtfertigt sich der Konzern. HP bezieht sich dabei auf "ein umfangreiches Vertrags- und Regelwerk, das auch von den Partnern bindend unterschrieben wurde". Bestandteil sei demnach auch eine Überprüfung, ob das Regelwerk auch eingehalten wird. Es ist für viele Reseller jedoch nicht so einfach festzustellen, ob der Kunde nun privater Endkunde, kommerzieller Kunde oder Wiederverkäufer ist. So tappten nun einige in die Endkundenfalle.

Amazon bleibt ungeschoren

Trotz der drastischen Maßnahmen befürchtet man bei Hewlett-Packard nicht, dass betroffene Händler nun zu anderen Herstellern abwandern. Die Audits seien Bestandteil der Geschäftsbeziehungen. Man gehe dem Vertragswerk Rechte und Pflichten ein, die man erfülle. "Das gleiche erwarten wir auch von unseren Partnern", schreibt HP.

Aus Kreisen der betroffenen Händler gibt es nicht nur Zustimmung für das Vorgehen. "An die ganz Großen wie Amazon wagt sich HP nicht heran", lautet der Vorwurf. "Die Audits wurden bei den Top-Partnern von HP durchgeführt, die aufgrund der Verträge mit HP Marketinggelder und Bonizahlungen für die Verkäufe an Endkunden erhalten. Diese Leistungen werden von HP nur im Umfeld des Commercial Business getätigt", rechtfertigt sich Hewlett-Packard.

Durch den Besuch von KPMG mussten die betroffenen Händler beim Audit sämtliche Kundendaten offen legen. Das ist auch deswegen heikel, weil HP einen eigenen Online-Shop betreibt. "In den Verträgen zwischen HP und KPMG ist ausdrücklich geregelt, dass keine Endkundendaten an HP weitergereicht werden", betont das Unternehmen. Bleibt zu hoffen, dass Hewlett-Packard bei der Einhaltung des Datenschutzes genauso konsequent ist, wie bei der Überprüfung von angeblich unrechtmäßig erhaltenen Boni und Markting-Gelder. (awe)

Die Story von Hewlett-Packard
Hewlett-Packard (HP) durchlebt seit drei, vier Jahren sehr stürmische Zeiten. Das liegt nicht nur an Verschiebungen auf dem Markt und starkem Wettbewerb, sondern auch an der Sprunghaftigkeit sowie Fehlentscheidungen im Topmanagement und in der Unternehmensstrategie. Allerdings hat der Konzern seit seiner Gründung bereits erfolgreich eine respektable Metamorphose durchgemacht.
1939: In der Garage fing alles an
In der mittlerweile wohl berühmtesten Garage der Welt findet Hewlett-Packard 1939 seinen Anfang. Damals gründen Bill Hewlett und David Packard ihr Unternehmen und schrauben neben ihren eigentlichen Jobs in der Garage gleich auf dem Grundstück in Palo Alto, auf dem sie wohnen, einen Tongenerator zusammen. Sie legen damit unbewusst den Grundstein für das Silicon Valley, die vielbeachtete Hightech-Region in Kalifornien.
Die Walt Disney Studios zählen zu den ersten Kunden ...
... und kaufen gleich acht Oszillatoren HP200B, um ein innovatives Tonsystem für den Film "Fantasia" zu entwickeln.
1957: Der Gang an die Börse mit Messtechnik
1951 erfindet HP mit dem 524A ein Hochgeschwindigkeits-Frequenzmessgerät. Damit ist technisch die Grundlage für das Analysegeschäft gelegt. Fünf Jahre später baut das Unternehmen sein erstes Oszilloskop. 1957 geht HP an die Börse. Eine Aktie kostet 16 Dollar. (In Frankfurt wurde die HP-Aktie am 30. April 2013 für knapp 15,50 Euro gehandelt.)
1959: Produktion in Deutschland
Die erste Produktion außerhalb der USA baut HP 1959 in Deutschland auf. Hier hat das amerikanische Unternehmen die meisten Kunden im europäischen Geschäft. Die Standortentscheidung für Baden-Württemberg ist angeblich eine Entscheidung gegen Bayern: In München soll ein Ministeriumsvertreter bei Gesprächen mit Bill Hewlett die bayerische Lebensart mit deftiger Brotzeit und Bier allzu sehr gelobt haben. Der Amerikaner war aber mehr an Produktivität als an Lebensgenuss interessiert und entschied sich deshalb für das als tüchtig und arbeitsam geltende Schwaben.
1962: Böblingen verantwortet das Softwaregeschäft
Der nächste Umzug steht im Jahr 1962 an: Über 150 Mitarbeiter ziehen in das HP-eigene Werk in der Herrenberger Straße, an der noch heute der Sitz der deutschen Tochter liegt. Im Jahr 1963 wächst die technologische Bedeutung der deutschen GmbH: Böblingen baut eine Entwicklungsabteilung auf.
1966: Marktpremiere des ersten HP-Computers
1967 zeigt HP Deutschland, dass das Unternehmen nicht nur technologisch an der Spitze stehen will und führt als internationaler Vorreiter flexible Arbeitszeiten ein. Stechuhren haben ausgedient, auch in der Produktion. In den USA führt HP ein solches Arbeitszeitmodell erst sechs Jahre später ein.
1972: Der Taschenrechner hält Einzug
Mit dem HP-35 bringt Hewlett-Packard 1972 den ersten wissenschaftlichen Taschenrechner der Welt auf den Markt, zwei Jahre später kommt der erste programmierbare Taschenrechner dazu, der HP 65.
1977: Miniaturisierung mit dem HP-01
n der Elektronik treibt HP die Miniaturisierung voran und bringt 1977 eine Art Personal Digital Assistant fürs Handgelenk heraus: Die HP-01 trägt sich wie eine Armbanduhr, zeigt aber nicht nur die Uhrzeit an, sondern dient auch als Taschenrechner und Kalender.
1980: Der erste Personal Computer HP 85
Im Jahr 1980 bringt HP seinen ersten Personal Computer auf den Markt, den HP 85. Mit kleinem Bildschirm und schmalem Druckwerk erinnert er noch stark an eine Schreibmaschine. Für die deutsche Tochtergesellschaft gewinnt das Softwaregeschäft an Bedeutung: Die GmbH übernimmt die Verantwortung für Entwicklung und Vermarktung von Anwendungssoftware im CAD/CAM-Bereich und behält sie auch bis zur Abspaltung des Geschäftsbereichs im Jahr 2000.
1988: Die fetten Druckerjahre kommen
Ab 1988 beliefert Hewlett Packard mit seinem Tintenstrahldrucker HP DeskJet den Massenmarkt, ab 1991 auch mit einem Farbdrucker, dem DeskJet HP 500C.
1993: Jörg Menno Harms prägt HP Deutschland
Im Jahr 1993 übernimmt Jörg Menno Harms den Vorsitz in der Geschäftsführung der HP GmbH. Bis heute ist er dem Unternehmen verbunden und hat den Vorsitz des Aufsichtsrats inne. Die ersten x86-Server von HP kommen unter dem Namen ProLiant auf den Markt.
1998: Jordana - der erste PDA
Mit dem HP Jornada PDA baut Hewlett-Packard 1998 seinen ersten echten Personal Digital Assistant.
2001: Fusion mit PC-Hersteller Compaq
Eine weitere Änderung äußert sich 2001 in der Gründung von HP Services. Der Computerhersteller will stärker auch mit Dienstleistungen Geld verdienen und bietet jetzt Consulting, Outsourcing, Support und Solution Deployment Services an. Das Internet und elektronische Dienstleistungen bilden den Kern der neuen HP-Strategie. Nach dem Abschluss der Übernahme von Compaq geht auch in Deutschland das neue Unternehmen HP am 3. Mai an den Start.
2004: Geschäftsfeld IT-Services wird ausgebaut
Das Unternehmen erweitert sein Angebot für Privatanwender um digitale Unterhaltungstechnik vom Fotodrucker bis zum Personal Media Drive. Im selben Jahr macht HP einen großen Schritt in Richtung Dienstleister und schließt zum 1. April 2004 die Akquisition von Triaton ab, dem von ThyssenKrupp ausgegründeten IT-Dienstleister des Stahlkonzerns.
2005: HP feuert Fiorina und holt Mark Hurd
Der Verwaltungsrat entlässt 2005 die Konzernchefin Carleton Fiorina. Ihr Compaq-Deal bleibt umstritten. Ihr Versuch, Konkurrenten wie Dell im unteren und IBM im oberen Leistungsbereich des IT-Geschäfts anzugreifen, gilt als wenig erfolgreich. Ihr Nachfolger wird Mark Hurd, Chef der NCR Corporation.
2008: EDS-Übernahme macht HP zum Servicegiganten
Mit dem Zukauf von einer ganzen Reihe an Unternehmen will HP sein Geschäft in den Bereichen Software und Services stärken. 2008 übernimmt HP schließlich für 13,9 Milliarden Dollar den IT-Dienstleister EDS, nach der Compaq-Übernahme der zweitgrößte Deal der Unternehmensgeschichte. EDS beschäftigte damals knapp 120.000 Mitarbeiter, die einen Umsatz von 21,3 Milliarden Dollar erwirtschafteten. HP wird damit im Dienstleistungsgeschäft zu einem absoluten Schwergewicht mit 210.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 38 Milliarden Dollar.
2009: HP kauft den Networking-Spezialisten 3Com
Seine Netzwerkkompetenz baut HP schließlich 2009 durch die Akquisition der 3Com Corporation aus. In Deutschland übernimmt zum 50-jährigen Bestehen der HP GmbH Volker Smid den Vorsitz in der Geschäftsführung. Er leitet bis heute die Deutschland-Tochter.
2011: eBay-Chefin Meg Whitman übernimmt das Ruder
Der Verwaltungsrat ist gegen Apotheker und holt eBay-Chefin Meg Whitman. Seit dem 22. September 2011 ist sie CEO von HP. Sie geht einen anderen Weg, sieht das Hardwaregeschäft als wichtiges Standbein. Mittlerweile hat sie HP einen harten Sparkurs verordnet. Die Geschäftszahlen für 2012 waren noch katastrophal: Bei einem Umsatz 120,4 Milliarden Dollar machte HP einen Verlust von 12,7 Milliarden Dollar.
2013: Das PC-Geschäft bricht ein
Unter Whitman will HP wieder in die technologische Offensive gehen. Neue Produkte rund um Cloud Computing, Big Data und Analytics sollen helfen, das Runder herumzureißen. Sie sollen das wegbrechende PC-Geschäft kompensieren helfen. HP ist zwar noch Marktführer, doch die PC-Verkäufe sind im ersten Quartal 2013 um fast 24 Prozent abgesackt.
2014: Die Aufspaltung kommt
Anfang Oktober 2014 nimmt der einstige Branchenprimus Anlauf für den finalen Befreiungsschlag: Bis November 2015 soll der Konzern durch einen Aktiensplitt aufgeteilt werden in HP Inc. als Anbieter von Personal Computern und Drucker sowie in Hewlett-Packard Enterprise (HPE) mit Unternehmenslösungen für Infrastruktur, Software und Services.
2015: Neues Enterprise-Logo
Im April stellt Hewlett-Packard Enterprise sein neues Logo vor.