Green IT im Rechenzentrum

Hostway heizt mit seiner RZ-Abwärme Firmenbüros

26.09.2008 von Stefanie Schoene
Wer in Rechenzentren einen kühlen Kopf und wohltemperierte Geräte behalten will, braucht intelligente Konzepte.

Schnellere, dafür aber auch heißere Prozessoren und enorme Energiekosten stellen hohe Anforderungen an Klimatisierungssysteme und Budgets der Betreiber. Hostway Deutschland geht für mehr Effizienz sogar unter die Energieversorger.

2010 könnten in Deutschland drei Atomkraftwerke allein für den Betrieb des Internets laufen, errechnete das Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt, Energie. Dies entspräche einem Anteil von sechs Prozent des gesamten nationalen Stromverbrauchs. Bei den Energiekosten großer Rechenzentren entfällt heute bereits ein großer Teil auf Stromversorgung und Kühlung der Server - Tendenz steigend. Kein Wunder also, dass auch Webhoster für ihre Datacenter "grüne" Hardware beschaffen, ihre Serverlandschaft konsolidieren und Virtualisierungslösungen implementieren, um eine bessere Auslastung ihrer Geräte zu erreichen.

Für langfristiges Sparen müssen sie außerdem die Energiebilanz und eine effektive Gebäude- und Klimatechnik einbeziehen. Gerade ältere Rechenzentren, die in den letzten Jahren in leistungsfähige Systeme investiert haben, sind heute bei hohen Außentemperaturen oft nur ein paar Grad vom Server-Kollaps entfernt. Unter den neuen Konzepten für effektiven Energieeinsatz spielen bedarfsgerechte Kühlsysteme mit regulierbaren Ventilatoren und eine effizientere Lenkung der Luftströme eine immer größere Rolle. Nicht zuletzt kann auch die sinnvolle Nutzung der Abwärme zu Kostensenkungen führen - ein Energieschatz, den zu heben sich die meisten Rechenzentren noch schwer tun.

4.000 Quadratmeter Webserver

Hostway Deutschland unterhält am Sitz der Firmenzentrale in Hannover ein 4000 Quadratmeter großes Rechenzentrum. Der gesamte Standort befindet sich auf einem deutschlandweiten Glasfaser-Backbone-Ring und ist über eine eigene 2-Gigabit-Verbindung an die Niederlassungen in Frankfurt, in Großbritannien und Bukarest angebunden. Derzeit betreut das Unternehmen die Websites von etwa 50.000 Privat- und Geschäftskunden.

Das Datacenter in Hannover besteht aus vier voneinander unabhängigen, netzwerktechnisch aber miteinander verbundenen Anlagen. Es ist hoch performant ausgelegt. Für die Datensicherheit sorgen spezielle Security-Appliances, USVen und Zutrittskontrollsysteme. Dazu kommen spezielle Konfigurationen wie redundante Strom- und Netzwerkspeisung sowie Load-Balancing-Systeme, bei denen die Leistung auf verschiedene Server möglichst gleichmäßig verteilt wird.

Mehr als heiße Luft

Die Stromversorgung der Rechenzentrumsanlagen realisiert Hostway über eine 10kV-Anlage mit 5 Megawatt und einen 1.000 KVA (Kilovoltampere)-Transformator. Dazu kommen eine USV-Anlage mit 720 KVA und zwei Dieselgeneratoren mit je 1.000 KVA. Diese sorgen unter anderem für eine Temperatur von 21 Grad Celsius (plus/minus zwei Grad Celsius) im Rechenzentrum. Um die Energiekosten für die Serverkühlung im Zaum zu halten, setzt Hostway in allen deutschen RZ-Anlagen unter anderem auf die so genannte Freikühlung. Hierbei werden niedrige Außentemperaturen zur Wasserkühlung genutzt, die Kühlmaschinen schalten sich erst ab einer bestimmten Außentemperatur ein.

Außerdem setzt Hostway die im Datacenter anfallende Warmluft über die Rückkühler zum Heizen ein. "Mit der Abwärme, die wir produzieren, können wir nicht nur die Büros in der Firmenzentrale, sondern auch noch die Gewerbeflächen in unserer Nachbarschaft heizen", erklärt Cord Bansemer, CEO der Hostway Deutschland GmbH, nicht ohne Stolz.

Abwärme nach Plan

Die neueste Rechenzentrums-Anlage des Unternehmens ging im Sommer 2007 in Betrieb und wird seither ständig den steigenden Anforderungen angepasst. Die Anlage ist druckbodenklimatisiert. Das hier realisierte Kühlungskonzept basiert auf einer gezielten Luftführung, mit der die Housing-Spezialisten von Hostway einen höheren Wirkungsgrad der Kühlung anstreben. Dabei sind die Racks auf den Doppelböden in Reihen und nach dem Front-zu-Front-Prinzip aufgestellt. Die Kaltluft wird den Servern mit einer Vorlauftemperatur von 22 Grad über gelochte Doppelbodenplatten und gelochte Schranktüren von vorne zugeführt. "Hinter den Racks wird die Warmluft über die Decke wieder abgesaugt. Die Kaltluftgänge vor und die Warmluftgänge hinter den Schränken sind klar voneinander getrennt", erklärt Bansemer.

Tragende Rolle für Rack-Systeme

Hostway baute hier einige neue Rack-Reihen des Herstellers Schäfer IT auf. "Bislang standen in unseren Rechenzentren vor allem die Regale eines tschechischen Anbieters. Deren Verarbeitung war aber nicht zufrieden stellend. Da unsere Mitarbeiter häufig zu administrativen Zwecken an die Server müssen, ist zum Beispiel eine solide Verarbeitung der Türen sehr wichtig", so Bansemer. Die Racks werden mit Web-Servern aus dem Londoner Rechenzentrum bestückt, das der Webhoster derzeit nach Deutschland migriert. Das Datenvolumen jedes einzelnen Racks liegt Bansemer zufolge bei mehreren 100 Megabit pro Sekunde. Bei der Einrichtung der Server wurde darauf geachtet, dass pro Rack nicht mehr als 4 Kilowatt Abwärme entsteht - eine für dieses Kühlkonzept optimale Leistung. Um die Luftführung weiter zu optimieren, sollen die Kalt- und Warmluftgänge je nach Temperaturentwicklung demnächst zumindest nach oben verschlossen werden.

Bei Hostway strömen Kaltluft, Strom und Daten durch die 70 Zentimeter hohen Doppelböden. Die Leitungen verlaufen auf zwei getrennten Ebenen und parallel zum Luftstrom, um diesen nicht zu behindern. Die neuen Racks entsprechen mit ihren Standardmaßen von 600x900x2000 (LxBxH) Millimetern in Breite und Tiefe exakt der Kabelführung im Druckboden.

Flaschenhals Klimatisierung

Als Hostway Deutschland im Jahr 2001 das erste Rechenzentrum in Betrieb nahm, war dieses auf eine Stromversorgung von maximal 600 bis 700 Watt pro Quadratmeter ausgelegt. Das war damals recht viel und entsprach dem Bedarf der neuesten Servergeneration. "Unser neuestes Rechenzentrum ist nun - was die Leistung der Transformatoren und die NSHV-Anlage (Nieder-Spannungs-Haupt-Verteilung) betrifft - bereits auf 4000 Watt pro Quadratmeter ausgelegt. Die Leistungsdichte beträgt heute also ein Vielfaches", erklärt Bansemer.

In den anderen RZ-Anlagen musste Hostway im Laufe der letzten Jahre nachrüsten. Das älteste Rechenzentrum wurde durch Neuinstallationen auf eine Leistung von maximal 1400 Watt pro Quadratmeter gebracht. Der Flaschenhals ist aber auch in dieser Anlage nicht die Stromversorgung, sondern die Klimatisierung. Um einen sicheren Serverbetrieb gewährleisten zu können, betreibt der Webhoster hier nur weniger leistungsstarke oder weniger dicht gepackte Server.

Kälteräume

Mittlerweile befindet sich auf dem Hostway-Gelände in Hannover ein fünftes Rechenzentrum im Bau, in dem das Prinzip der Kalt- und Warmluftgänge konsequent weiter entwickelt wird. "Hier werden die Racks bis zur Decke reichen und komplett geschlossene Kalt- und Warmlufträume entstehen", erklärt Cord Bansemer. "Damit wollen wir der großen Herausforderung begegnen, die die neueste Servergeneration darstellt. Deren Kühlung ist so ausgelegt, dass sie sich nach Bedarf aus dem Kälteraum bedienen können. So werden Hochdruck-Kaltluftpressen an diesem Standort komplett überflüssig." (jm)