Trends im Servicegeschäft

Hosting- und SaaS-Modelle verändern den Markt

19.06.2008 von Sabine Prehl
Welche Vorteile sich Anwender von Managed-Services- und Hosting-Angeboten versprechen und welche Bedenken sie davon abhalten.

Nicht nur kleine Firmen, auch immer mehr Großunternehmen lassen ihre IT-Infrastruktur von externen Providern betreiben. Den Marktforschern der US-Beratungsfirma Saugatuck zufolge wird im Jahr 2013 mindestens ein Fünftel der IT-Aufgaben in so genannten Cloud-Computing-Umgebungen verwaltet werden.

Vorteile von Hosting- und Managed-Services

Die Vorteile solcher Services liegen auf der Hand: Der Anwender kann Dateien und Daten auf einem entfernten Netz via Internet speichern und auf diese Weise seine Infrastrukturkosten senken oder Personalengpässe überbrücken. Laut Saugatuck würde es Millionen von Dollar kosten, eine solche virtuelle Server- und Speicherumgebung selbst aufzubauen. "Beim Hosting müssen die Firmen nicht in teure Hard- und Software investieren", so Saugatuck-Analyst Mike West. "Sie müssen sich nur anmelden." Viele Unternehmen haben erkannt, dass die Installation von Commoditiy-Applikationen oder Infrastruktur-Services weder Wettbewerbsvorteile noch sonstige Vorzüge für sie hat. "Sie werden künftig nicht mehr Gegenstände wie ERP-Systeme kaufen, sondern entsprechende Services in Anspruch nehmen", prognostiziert Thornton May, Zukunftsexperte und Kolumnist bei "Computerworld", der US-Schwesterzeitschrift von COMPUTERWOCHE.

Transparente Preise

Ein weiterer Vorteil ist dabei die Preistransparenz: Das web-basierende Paket "Google Apps" - bestehend aus Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und E-Mail - kostet pro Endanwender 50 Dollar im Jahr. Der "Simple Storage Service" von Amazon ist für 15 Cent pro Gigabyte im Monat zu haben. "Durch die transparenten Preise vergeuden wir und unsere Kunden keine Zeit mit langwierigen Verträgen und Verhandlungen", erläutert Adam Selipsky, Produkt-Manager bei Amazon Web Services in Seattle. Nicht mehr nur kleine Firmen, auch Großunternehmen wie die US-Börse Nasdaq nehmen mittlerweile die Dienste der Web-Company in Anspruch.

Bedenken der Anwender und andere Hindernisse

Auf der anderen Seite gibt es nach wie vor Vorbehalte, wie eine Saugatuck-Umfrage unter US-amerikanischen Anwenderunternehmen zeigt. So hält Paul Major, IT-Leiter beim Skihersteller Aspen Skiing das Auslagern der IT-Infrastruktur zwar für eine "verlockende" Option. Sie ist ihm jedoch zu riskant: "Was passiert, wenn der Provider pleite geht und von einem anderen Unternehmen geschluckt wird? Wie komme ich dann an meine Daten?" fragt sich der IT-Verantwortliche. Andere Branchen haben wieder andere Bedenken. So liegt der Pharma- und Chemieindustrie vor allem der Schutz geistigen Eigentums am Herzen. Solche Vorbehalte bremsen das Wachstum des Hosting- und Managed-Services-Markts. "Die Datenschutz-Problematik ist mit Abstand das größte Hindernis", so Nick Sharma, Senior Vice President Managed Services beim indischen IT-Dienstleister Satyam.

Aber auch interne Widerstände - etwa der Endanwender - sind nicht zu unterschätzen. "Die User wollen mit Menschen in ihrer Muttersprache kommunizieren", gibt Carmen Malangone, IT-Director beim Kosmetikhersteller Coty, zu bedenken. Diesem Bedürfnis würden Managed Services nicht gerecht - vor allem dann nicht, wenn der Support aus einem Offshore-Land erfolge. Nicht selten scheitern die Outsourcing-Vorstöße des Managements auch an der eigenen IT-Abteilung, glaubt John Dutra, CTO der Sun-Division Sun IT: "Da herrscht ja eine völlig andere Kultur."

Vor diesem Hintergrund gibt es bei der Inanspruchnahme von Managed- und Hosting-Services kein klares "entweder - oder". Vielmehr existiert eine große Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten. Und letztlich macht diese Flexibilität die Modelle ja auch so attraktiv.

Neue Anforderungen an IT-Fachkräfte

Durch die verstärkte Nutzung solcher Services verändern sich auch die Ansprüche an das Personal. Nach Ansicht von Sun-Manager Dutra wird die im Anwenderunternehmen verbleibende IT-Mannschaft künftig mehr strategische Aufgaben erhalten. Auch die Mitarbeiter der Provider müssen sich auf neue Anforderungen einstellen. Laut Saugatuck-Analyst West sollten Hosting-Anbieter dedizierte SaaS-Arbeitsgruppen (Software as a Service) aufbauen, um neue Wege im Support von Business-Kunden beschreiten zu können. Angesichts der Tatsache, dass viele Firmen zu einem Mix aus Lizenz-Software und Hosting-Anwendungen tendieren, komme es zudem auf fundierte Kenntnisse in der Systemintegration an - sowohl beim Provider als auch in der eigenen IT-Abteilung.

Darüber hinaus wird die professionelle Steuerung der externen Dienstleister immer wichtiger. Für diese Aufgabe bedarf es laut Aspen-IT-Leiter Major hoch qualifizierter IT-Fachkräfte mit fundierten Management-Fähigkeiten. Wer über besondere technische Skills im Datacenter- und Netz-Management-Bereich verfügt, habe in den riesigen Rechenzentren der Hosting-Anbieter die besten Karrierechancen. Auch Zukunftsexperte May erwartet, dass sich die personelle Verteilung in den nächsten Jahren stark verändern wird. "Die Jungen werden in den ersten zehn Jahren ihrer Laufbahn für Managed-Service-Provider arbeiten, anschließend wechseln sie dann in mittlere und höhere IT-Management-Positionen von Anwenderunternehmen", so seine Prognose.

Was muss inhouse bleiben?

Nichtsdestotrotz brauchen zumindest die größeren Unternehmen nach wie vor eine eigene IT-Organisation mit tiefem Business-Verständnis, glaubt Roberte Keefe, CIO beim Wasserversorger Mueller Water Products. "Gefragt sind vor allem Leute mit fundierten Vendor-Management-Skills, die dem IT-Dienstleister helfen, das Geschäft seines Kunden besser zu verstehen." Ähnlich sieht es Beach Clark, CIO beim Aquarium von Georgia, "Auch wenn man einen Großteil der IT-Infrastruktur ausgelagert hat, braucht man eigene Experten, die verstehen, wie alles zusammenpasst und zusammenarbeitet." Das Aquarium lässt Websites und Web-Server von einem Hosting-Anbieter betreiben. Unternehmenskritische Bereiche - etwa der Ticket-Verkauf vie Internet sowie ein Großteil der Business-Intelligence-Anwendungen (BI) - verbleiben dagegen inhouse.

Und schließlich verändert sich die Rolle des CIOs, wenn immer mehr Funktionen an externe Anbieter übergeben werden. Coty-CIO Managone glaubt sogar, dass der klassische CIO irgendwann verschwinden wird. Stattdessen würden IT-Leiter zunehmend mit den Business-Leitern der Fachabteilungen zusammenarbeiten.

Dass das On-Premise-Geschäftsmodell ausgedient hat, daran glaubt aber selbst Matthew Glotzbach, Business Product Manager bei Google, nicht. "Die IT hat ihrer 20-jährigen Geschichte gezeigt: Nichts verschwindet für immer und ewig." (sp)