Mittelstandsbarometer 2010

Hochstimmung nach der Krise

26.08.2010 von Elke Senger-Wiechers
Der deutsche Mittelstand blickt wieder optimistisch in die Zukunft: 90 Prozent der Unternehmen sind zufrieden mit der aktuellen Geschäftslage. Neue Jobs und Investitionen sollen den Aufschwung sichern.
Die Geschäftslage wird heute wieder so gut bewertet wie Anfang 2008. Quelle: Ernst & Young
Foto: Ernst & Young

Die Krise scheint überwunden: Erstmals seit dem Boom-Jahr 2007 äußern sich mittelständische Unternehmen über alle Branchen hinweg wieder zuversichtlich über ihre Geschäftsaussichten. Jeder zweite Mittelständler bewertet die aktuelle Situation als uneingeschränkt gut, und jeder vierter Unternehmer erwartet, dass sich seine eigene Geschäftslage noch weiter verbessert. Auch die Konjunktur insgesamt sehen die kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) positiv: 59 Prozent glauben, dass es in Deutschland auch 2011 weiter aufwärts geht. Zu diesen Ergebnissen kommt der "Mittelstandbarometer 2010" von Ernst & Young, für den 700 Unternehmen in Deutschland im Juli 2010 befragt wurden.

Obwohl der Trend nach oben zeigt und die Zahl der Optimisten im Vergleich zu den Vorjahren weiter steigt, teilen nicht alle Unternehmen die positive Einschätzung: 39 Prozent der Teilnehmer halten es für möglich, dass die Wirtschaft erneut einbricht, und ein Zehntel hält einen Abschwung für wahrscheinlich. Immerhin noch fünf Prozent der befragten Firmen denken, dass sich ihre Geschäftslage im nächsten halben Jahr verschlechtern wird. Doch auch hier zeichnet sich ein Aufwärtstrend ab: Anfang 2010 teilten noch doppelt so viele Unternehmen diese Ansicht. Peter Englisch, Partner bei Ernst & Young, räumt ein, dass der Aufschwung seinen Zenith bereits überschritten haben könnte. Für ihn geht die Tendenz dennoch nach oben: "Eine Abschwächung des Wachstums wird spätestens ab 2011 einsetzen. Das wird dann aber kein Abschwung, sondern eine Stabilisierung auf hohem Niveau sein."

Mehr Investitionen geplant

Die Investitionsbereitschaft ist aber nach wie vor auf niedrigem Niveau. Quelle: Ernst & Young
Foto: Ernst & Young

Angesichts der guten Konjunkturaussichten steigt die Investitionsbereitschaft, bleibt aber auf einem eher niedrigen Niveau. 24 Prozent der Teilnehmer wollen ihre Investitionsausgaben im nächsten Jahr steigern, nur sieben Prozent planen sie weiter zu reduzieren. Obwohl die Mehrheit von 69 Prozent die Investitionen konstant halten will, ist damit unterm Strich ein geringer Anstieg zu erwarten.

Für Englisch ein klares Wachstumssignal: "Nun stehen nicht mehr Kostensenkungsprogramme ganz oben auf der Tagesordnung, sondern es wird auch verstärkt über Innovationen, neue Produkte und Expansion nachgedacht. Das wird hoffentlich dazu führen, dass auch die bislang noch schwache Binnennachfrage wieder steigt."

Neue Fachkräfte schwer zu finden

Die Trendwende scheint geschafft: Nur noch halb so viele Unternehmen wollen die Zahl ihrer Mitarbeiter im Vergleich zum Anfang des Jahres reduzieren. Quelle. Ernst & Young
Foto: Ernst & Young

Der Jobmotor Mittelstand kommt wieder in Fahrt, wenn auch nur langsam. So will jedes vierte Unternehmen im nächsten halben Jahr zusätzliche Arbeitskräfte einstellen, aber noch jeder elfte Betrieb plant, die Zahl der Mitarbeiter im gleichen Zeitraum zu reduzieren. "Damit ist erstmals seit 2008 der Anteil der einstellenden Unternehmen wieder deutlich größer als die Zahl der Unternehmen mit schrumpfender Belegschaft", erläutert Berater Englisch die Lage.

Gleichzeitig steigt mit den Auftragseingängen der Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern. Dabei stoßen die Unternehmen auf bereits bekannte Probleme. Wie in den Jahren zuvor ist die Nachfrage größer als das Angebot auf dem Markt der Fachkräfte. Laut Studie haben drei Viertel der Unternehmen zurzeit Probleme, geeignete Arbeitnehmer zu finden. Die größten Schwierigkeiten haben dabei die Mittelständler in der Bau-, Energie- und Dienstleistungsbranche.

Markt in China wird immer wichtiger

Die Nachbarstaaten sind die wichtigsten Auslandsmärkte für mittelständische Unternehmen. Quelle: Ernst & Young
Foto: Ernst & Young

Auch die Auslandsmärkte spielen eine immer wichtigere Rolle für mittelständische Unternehmen. Bereits 43 Prozent sind mit eigener Produktion, Vertrieb oder Joint Ventures im Ausland tätig. Vor allem die großen Firmen mit einem Umsatz von mehr als 100 Millionen Euro haben Geschäftsbeziehungen ins Ausland, bereits zwei Drittel arbeiten international. Dabei wird der chinesische Markt immer bedeutender. Mit zwölf Prozent ist er gemeinsam mit Polen nach Frankreich und Österreich der drittwichtigste Auslandsmarkt für den deutschen Mittelstand. Die drei weiteren der vier so genannten BRIC-Länder spielen dagegen noch eine untergeordnete Rolle: In Russland sind sieben, in Indien sechs und in Brasilien vier Prozent der Unternehmen aktiv.

Vor allem große und bereits international tätige Mittelständler wagen den Schritt in die BRIC-Länder. Sie erwarten sich einen größeren Absatzmarkt und bessere Kostenstrukturen für ihr Unternehmen. Der Anteil der kleineren Betriebe mit weniger als 30 Millionen Euro Umsatz ist mit 16 Prozent jedoch noch sehr gering. "Für kleine Unternehmen sind die Risiken und Unsicherheiten noch zu groß", schätzt Englisch. Zudem seien die Markteintrittskosten und der Wettbewerb vor Ort inzwischen relativ hoch.