Hintergrund: Abfrage von Kontodaten

13.07.2007
Die automatisierte Abfrage von Kontodaten ist ein heißes Eisen. Diese Woche hat das Bundesverfassungsgericht dazu entschieden. Sein Urteil: Ja, aber.

Justiz, Finanzbehörden und Sozialverwaltung dürfen auch weiterhin heimlich Kontendaten von Bankkunden abrufen. Die Zugriffsrechte der Behörden sind im Wesentlichen mit dem Grundgesetz vereinbar. Das hat das Bundesverfassungsgericht in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss entschieden. Die zum 1. April 2005 in Kraft getretene Befugnis zum automatisierten Abruf so genannter Kontenstammdaten wie Name, Geburtsdatum und Kontonummer verstoßen danach nicht gegen das Recht auf "informationelle Selbstbestimmung" (Datenschutz). Allerdings dürfen die Behörden nicht "ins Blaue hinein" ermitteln, entschied das Karlsruher Gericht. (Az: 1 BvR 1550/, 2357/04 u. 603/05 - Beschluss vom 13. Juni 2007)

Das Bundesfinanzministerium begrüßte die Entscheidung. Sie schaffe Rechtssicherheit und sichere eine gleichmäßige Besteuerung mit einem "sehr wichtigen Instrument". Das Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit gewährt lediglich Zugriff auf Stammdaten, nicht aber auf Kontostände und Geldbewegungen. Damit sollte die Verfolgung von Delikten wie Steuerhinterziehung und Sozialbetrug erleichtert werden.

Der Erste Senat wies fünf Verfassungsbeschwerden der Volksbank Raesfeld, eines Notars, zweier Sozialleistungsempfänger und eines Anwalts überwiegend ab. Lediglich bei den Befugnissen der Sozialbehörden mahnte das Gericht eine Präzisierung an. Mit der Unternehmensteuerreform ist laut Bundesfinanzministerium bereits eine Neufassung verabschiedet worden, die den Karlsruher Anforderungen Rechnung trägt. Die Volksbank reagierte "mit Bedauern" auf den Richterspruch. "Wir brauchen ein verlässliches Bankgeheimnis mit Verfassungsrang", forderte Bankchef Hermann Burbaum.

Nach den Worten der Richter dürfen die Daten nur abgerufen werden, wenn "konkrete Verdachtsmomente" gegen den Inhaber des Kontos vorliegen. "Routinemäßige Abrufe ins Blaue hinein sind danach unzulässig", entschied der Senat. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sowie der Bundesverband deutscher Volksbanken und Raiffeisenbanken begrüßten diese Klarstellung. Dadurch sei der Datenschutz gestärkt, sagte Schaar.

Im Grundsatz entschied Karlsruhe jedoch, dass der Datenschutz von Bankkunden in diesem Fall keinen Vorrang hat. Die Behörden erhielten nur Informationen ohne "besondere Persönlichkeitsrelevanz". Durch den Abruf selbst erhalten die Behörden keinen Einblick in die Konten - dafür sind weitere Ermittlungsmaßnahmen beispielsweise der Staatsanwaltschaft notwendig. Zum Schutz der Kunden werden auch die Banken nicht informiert.

FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms kritisierte die weitgehende Beseitigung des Bankgeheimnisses durch die Regelung: "Sie untergräbt das Vertrauen der Bürger in einen fairen Steuerstaat." Die baden-württembergischen Minister für Wirtschaft und Justiz, Ernst Pfister und Ulrich Goll (beide FDP), plädierten für eine ersatzlose Abschaffung der Kontenabfrage, weil mit der bevorstehenden Einführung der Abgeltungssteuer jede Rechtfertigung dafür entfallen sei. Der Bundesverband deutscher Banken forderte, dass die Kosten des Abrufverfahrens vom Staat getragen werden sollten.

Das Karlsruher Gericht wies darauf hin, dass solche verdeckten Methoden nicht unproblematisch sind: "In einem Rechtsstaat ist Heimlichkeit staatlicher Eingriffsmaßnahmen die Ausnahme und bedarf besonderer Rechtfertigung." Der Senat mahnte deshalb wirksame Auskunftsrechte der Betroffenen sowie Rechtsschutzmöglichkeiten an. (dpa/ajf)