Grundlage für optische Busse

HfTL erzielt Durchbruch bei Lichtspeicherung

12.07.2010 von Manfred Bremmer
Wissenschaftler der Hochschule für Telekommunikation Leipzig (HfTL) haben die rein optische Datenverarbeitung und letztendlich den optischen Computer in greifbare Nähe gerückt.

Die Zeiten, als der Laser die Lösung für ein Problem darstellte, das erst gefunden werden musste, sind längst vorbei. Heute ist die Lasertechnik Hauptbestandteil der optischen Telekommunikation, Telefon und Internet beruhen auf dem Erfolg der Optik. Doch während die Datenverarbeitung in allen Backbone-Netzen optisch, also etwa über Glasfaserkabel, erfolgt, müssen die Signale für die Verarbeitung in Computerspeicher und Chips in viel langsamere elektronische Impulse gewandelt werden. Der Grund: Es gibt bislang keine Möglichkeit der Zwischenspeicherung, die eine vollständig optische Übertragung mit entsprechenden Geschwindigkeiten erlauben würde.

Das Prinzip der Quasi-Lichtspeicherung (Quelle: HfTL)
Foto: HfTL

Das könnte sich bald ändern. Den Forschern der HfTL um Prof. Dr. rer. nat. Thomas Schneider, Leiter des Instituts für Hochfrequenztechnik, ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg hin zu einer auf rein optischen Signalen basierenden Informationsverarbeitung gelungen. Der neue Ansatz der HfTL-Forscher basiert auf einer Signalabtastung im Frequenzbereich von Lichtimpulsen nach dem Nyquist-Shannon-Theorem. Dadurch werden innerhalb einer "Black-Box" zeitliche Kopien der abgetasteten Signale erzeugt. Nur eine einzige zeitverzögerte Kopie wird durch einen Ausleseimpuls aus der Black-Box wieder herausgelassen, wohingegen alle anderen Kopien und das Originalsignal in der Black-Box "enden", woraus sich ein Quasi-Speichereffekt ergibt.

Überblick über den Versuchsaufbau (Quelle HfTL)
Foto: HfTL

Das Verfahren ist damit deutlich effizienter als bisher von der Lichtspeicher-Community vorgestellte Methoden oder Modelle, etwa die Konversions-/Dispersionsmethode (Cornell University) und die elektromagnetisch induzierte Transparenz (Harvard University): Erstere basiert auf einer Manipulation der Wellenlänge und damit der Geschwindigkeit des Lichts in einem Medium und erfordert einen relativ komplizierten Versuchsaufbau, außerdem kommt es durch die Signalveränderung auch zu unerwünschten Verzerrungen. Das Verfahren der elektro-magnetisch induzierten Transparenz wiederum nutzt natürliche Resonanzen von Atomgasen oder Bose-Einstein-Kondensaten, diente allerdings von Beginn an vor allem dem grundsätzlichen Nachweis der Möglichkeit von Lichtspeicherung. Eine Anwendung im kommerziellen war nicht angestrebt und ist aufgrund der etwa raumgroßen Versuchsanordnungen auch nicht möglich - anders als bei dem Verfahren des HfTL-Teams, das voraussichtlich durch weitere Vereinfachung und Verkleinerung des Versuchsaufbaus auf Chipgröße verkleinert werden kann.

Enormes Potenzial

Die Mitglieder der Arbeitsgruppe vor dem experimentellen Aufbau (hinten: v.l.n.r.: Stephan Preußler, Doktorand, Jens Klinger, Laboringenieur, Prof. Dr. Thomas Schneider, Leiter der Arbeitsgruppe; Dr. Kambiz Jamshidi,, Postdoc, vorn: Andrzej Wiatrek, Doktorand, Franziska Voigtmann, Auszubildende, Ronny Henker, Doktorand)
Foto: HfTL

Mit dem Ergebnis des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts leistet die HfTL einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zum Internet der Zukunft und zum "Next Generation Computing". So ist die Quasi-Lichtspeicherung nicht nur wegen der möglichen Übertragungsgeschwindigkeiten interessant. Auch Hersteller von Mikroprozessoren dürften sich dafür interessieren - diese bemühen sich seit langem, die mit elektronischen Impulsen einhergehende Hitzeentwicklung und Störfrequenzen in den Griff zu bekommen.

Professor Schneider und sein Team werden es jedoch bei der Patentanmeldung belassen - die mögliche Umsetzung in eine Chiparchitektur ist eher Aufgabe von Systemingenieuren. Wie er gegenüber der COMPUTERWOCHE erklärte, zieht es ihn bereits zu neuen Themen wie der Entwicklung eines Unsichtbarkeitsvorhangs. Grundlage sei eigentlich eine simple Idee, beruhend auf John Pendrys theoretischem Modell von Metamaterien, so Schneider, ohne weiter in die Details zu gehen. Man darf gespannt sein…